gedanken zwischen ufern (treibgut im dezember)
I.
diese wolke war mal ein gedanke
jetzt wirft sie löcher in den neckar
der alles fortspült, schon seit jahren
der den schwarzwald zerreißt
der die hirne der kinder zerreißt
der tische und wohnzimmer zerreißt
und alles fortspült; an den nord-
seestränden, wo alles endet - die viel
zu breit und leer sind für ein ende
sehn die wolken ganz zerfetzt aus
und alles ist so still
wie dinge es eben sind
nach einer langen reise
II.
am neckarufer stehst du stumm
und fragst dich
warum man nicht auf einen fluss
blicken kann wie auf ein meer
und warum du hier stehst
wie einer, der nicht weiß
wo er sonst stehen soll
wie einer, der mehr und mehr
im tosen verschwindet
III.
heute hab ich es begriffen:
deine pupillen sind löcher
in einem reißenden fluss,
der alles in dir herab-
spült, schon seit jahren
ich hab es begriffen,
dass du löcher in die
dinge denkst
und dass sich alles
vor dir auflöst
IV.
am glasbach, wo alles beginnt
springen die forellen himmelwärts
vermutlich um parasiten loszuwerden
oder wegen der verwaschenen sicht
unter wasser, wo sie herumschwimmen
mit ihren zerrissenen gehirnen und
den toten augen und so ein fisch
sieht immer ganz schockiert aus
wenn er springt und schwimmt
oder wenn er in eis gepackt
und stumm am marktstand liegt
der schock ist den fischen
nie wirklich abhanden gekommen
V.
du hattest mal eine frau
sie ist in deinen augen ertrunken
du warst schockiert
VI.
du spülst den schnaps herab
du spülst die jahre herab
du spülst deine träume herab
am ende ist alles treibgut
VII.
ich hab ein gedicht in den neckar geworfen
er hat es zerrissen
ich hab dir gesagt, zur nordsee ist es weit
du hast mich fragend angesehen
unter den dichten, dunklen wolken
hast du mich fragend angesehen