Ratschläge
Für einen guten Redner
-Eine Hommage an Kurt Tucholsky
Sei nicht so einfallslos und sprich eine steife Floskel ab. Etwa so:
"Meine Damen und meine Herren! Bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme, lassen Sie mich Ihnen kurz..."
Hier hast du schon alles getan, um den Zuhörer zu vergraulen. Ihre Aufmerksamkeit wird dahin sich richten, wo du sie am wenigsten haben willst: bei Ihnen. Du stehst im Mittelpunkt, genieß und zeig es.
Warum?
Wenn du auf eine Begrüßung verzichtest, kommst du gleich zum Thema. Sagst damit: Es ist wichtig, hört zu! Da brauchen die Damen nicht wissen, dass es Herren gibt und die Herren nicht wissen, dass es Damen gibt. Wenn du etwas Unerwartetes tust, wird die Aufmerksamkeit dir sein und sie werden ihr folgen. Sicher ein Einstieg ist von Nöten, aber halte dich nicht mit Vorkenntnissen auf. Nur weil man einem Vortrag lauscht, muss man nicht gleich wissen wie das menschliche Ohr funktioniert.
Gib stets, nachdem Einstieg, eine kurze Gliederung.
Kurz.
Wirklich kurz.
Warum?
Der Zuhörer, weiß, wo es lang geht.
Was viel wichtiger ist, du weißt, wo es lang geht, deine Zuhörer haben es sicher bald wieder vergessen.
Sprich frei, das geht durch Übung. Die Karteikarten kannst du ja in der Hand halten, aber nur wenn du sie brauchst. Was nützt es Bäume zu töten, wenn man von ihren Leichen nichts abliest?
Gar nichts.
Sprich in kurzen Sätzen.
Kurz.
Es können auch nur Hauptsätze sein.
Lieber ein Punkt zu viel, als man ein Komma irgendwo setzen könnte.
Wie umständlich!
Da überlegt der Zuhörer mehr, wo das Komma zu setzen wäre, als über dein Thema.
Nein, Hauptsätze, Hauptsätze und Hauptsätze.
Nichts anderes.
Wenn du lang sprichst, lass dich unterbrechen von Fragen, anderen Sprechern oder Medien.
Gestikuliere nicht, als ob du eine Fliege erschlagen wolltest.
Das bringt nichts, Fliegen sind in der Regel schneller.
Bewege deine Gestik angemessen und nur zu deinem Vorteil.
Und vergiss nie zu lächeln.
Verbindlich.
Nett.
Und keines Falls wie der unfreundliche Kassierer im Supermarkt.
Bei einem Witz, lach nicht, genieß das Lachen der Zuhörer.
Höre, was dir die Stille sagt und sprich danach.
Pass deine Worte den Zuhörern an andersherum wird es schwierig.
Sieh die Blicke und erkläre dich dann, falls sie blicken, wie Schafe bei einem tosenden Gewittersturm.
Fakten sind sicher wichtig, aber erschlage die Leute nicht mit Zahlen.
Wer hat schon gerne Mathe, wenn er gerade etwas Interessantes erfahren kann?
Wichtig ist, dass du nie statisch oder steif bist. Der Vortrag ist schließlich lebendig und kein totes Wesen. Er hat Atem, Puls und dürstet nach Lebenskraft. Und die bekommt er von dir. Er lebt nur, wenn er wie du ist. Was nützt es sich zu verstellen, wenn damit nur eine tote Maske spricht. Das Publikum wird es entlarven, wie es jede Lüge entlarvt, die vor ihm steht.
Lass das trinken im Vortrag sein. Den einzigen Durst den du in der Rede stillen sollst, ist der Wissensdurst.
Komm bald zum Fazit, sprich nicht lange drum herum.
Der Schluss muss kurz sein, damit er im Kopf bleibt.