Zwei endlose Monate vergingen, in derer nicht nur die Recken des Landes mit ihren Mannen gegen die einfallenden Horden ankämpften. Es schien eine fortdauernd wie anhaltende Flut an abscheulichen Gestalten, die sich auf die Ufer Belletristicas unermüdlich zubewegten.
Ungezählte Rotten ergossen sich über zuvor schneeweiße Sandstrände und trübten das reine Antlitz dieses unseres aus Fantasie geboren und entstandene Land.
Es blieb ihnen, den zum Kampf bereiten kein anderer Ausweg als die direkte Konfrontation. Weder Katapult noch Basilisk würde lang genug standhalten oder zu verteidigen sein, um die abseits der Strände vor Anker liegenden Galeeren zu dezimieren.
Der sonst azurblau strahlende Himmel unserer geliebten Heimat trübte sich beim Antlitz dessen, was sich den Tapferen bot. Ein Meer aus Schwärze, geschwängert mit schlierendem, in sich scheinendem Blautönen, die entfernt an die Eishorizonte, jenen im höchsten Norden glichen, verfinsterten den Horizont.
Die See erbot sich dem freien Land der Fantasien als steter Verbündeter. Schäumend bäumte sich das augenscheinlich zu Leben erwachte Element auf und nieder. Späher wussten glaubhaft zu berichten, wie die tosenden Wellen ihre gierigen Hände aussandten, versuchten die Landeboote wie deren Besatzungen zum Kentern zu verführen. Was einst lieblich und einladend, zum Plantschen, verweilen gar dem Tagwerk nachzugehen, bäumte sich zur Wehr.
Das tagsüber leuchtende Himmelszelt der Genüsse wie dessen Zwilling, die Herzenslichter der Liebenden, sogar der nächtliche Bruder, das zur Ruhe bettende und Erholung verheißende Anthrazit, grollte dem offensichtlichen Feind aus fremden Gestaden.
Sengende Hitze, Wind peitschende Regengüsse und nachtschwarze Abende erschwerten das stete Vorankommen der unwillkommenen Eindringlinge. Land und Natur waren aufseiten der Verteidiger und ermöglichten den Kämpfern stolz schlagende Schlachten.
Zweimal hat Belletristica sich erfolgreich gegen die Horden aus dem kalten Norden behauptet. Ganze zwei Male fassten sich die Recken des Landes ein Herz und rückten aus, dem Feind die Stirn zu bieten.
Es waren die Musen, die ihnen nebst Mut auch das gaben, was die kaltherzige wie von Habsucht getriebene Königin dieser einfallenden Winterdämonen zu nehmen gierte.
Ein weiteres Anbrandungsunterfangen stand dem Land der Fantasie bevor und so war es Belle selbst, die zum Kriegsrat lud.
Aus der Vergangenheit lernend, lagen erschauernde Berichte vor, die nebst Gänsehaut auch vor Pein Stöhnende dastehen ließ.
»So viele. Von woher nimmt diese von Hass zerfressene Person nur ihre Kräfte«, entwich ungefragt einem Beisitzenden eben jene Frage, die allen Anwesenden auf der Zunge lag. Beweisführend waren die sich hebenden Lider und nickenden Köpfe anderer.
»Vermutlich werden die Dämonen nichts weiter als gezüchtet. Genaueres jedoch, ist uns bislang unbekannt«, gab Khaeli, nüchtern wie immer, zum Anlass sich Gehör zu verschaffen. »Niemand, der bereitwillig war, in den kalten Norden zu ziehen, kam jemals zurück.«
Verhaltenes schlucken und zuckende Muskeln begleiteten jedweden Anwesenden, wussten sie doch, dass es kein Entrinnen gab.
»Khaeli hat Recht. Egal, aus welchem Betrachtungswinkel wie es auch sehen wollen.«
Nun war es abermals Belle, die die bevorstehende Debatte unterbrach. »Bitte. Uns besteht ein schier unheimlicher Machtkampf bevor, den zu verlieren, nicht nur das Ende Belletristicas bedeuten würde. Queenie, wie ihr Menschen diese Abscheulichkeit tauftet, entsendet uns nahezu alles, was ihr eisiges Heim für diesen Winter noch bereit ist entgegenwerfen zu können. Sie wird nichts unversucht lassen, sich endlich unser aller Heimat zu eigen zu machen. Sie hasst den frieden ebenso wie jegliche Fantasie und dieses Mal schaffen wir es nicht allein.«
»Was meinst Du, Belle? Was sollen wir deiner Ansicht nach tun?«
»Khaeli?«
Angesprochene nickte untertänig und straffte sich. »Im gesamten Land entstanden vor unzähligen Generationen Verteidigungseinrichtungen. Uralte Wachtürme, Trutzburgen aber auch größere Bauwerke, die den Schutz einer gänzlichen Grafschaft zu sichern in der Lage waren.«
»Aber.«
Sie hob mahnend den Schild und stieß ihr Schwert, Spitze voran, tief in die Tischplatte. »Ihr tapferen Recken, Sinnbilder der Fantasie. Diesen Kampf kämpfen wir nicht allein. Geht. Zieht aus und bemannt die alten Gemäuer. Wir benötigen die Hilfe eines jeden, die Schäden der Zeit zu beheben, um dem Ansturm zum wiederholten Male zu trotzen.«
»Werdet ihr ein weiteres Mal für Belletristica einstehen?« Beinahe beschämend, die Recken erneut darum zu bitten, senkte Belle ihren kleinen Kopf und einigen blieb die einzelne Träne, die in ihrem zarten Gesicht schimmerte nicht unbemerkt.
Irgendjemand im Raum fing an. Ein oder eine weitere begleitete dem Tun des Ersten. Danach wog die Euphorie einer Welle gleich.
In diesem Moment blieben sich allesamt nicht nur einig, sie waren schlichtweg ... eins. Menschen, Vampire, Elfen, Zentauren, sogar die Paarhufer, Wölfe, Füchse und jene, die als magische Mischwesen ins Land der Musen und freien Wesen zogen. Es galt keinerlei Herkunft, Adel gar Geschlecht. Ob Magier, Hexer oder Zauberer. Weder Jäger, Kämpfer noch Dieb hegten ihrer Vorurteile. Selbst Hausierer, Mönche und Taugenichtse standen mit stolzgeladener Brust da.
Rhythmisches stampfen mit den Füßen, klopfen mit Fäusten auf Tischen und Schenkeln begleitete den erst heiseren, dann gellenden Schlachtruf der Freiheitsliebenden.
»Für Belle. Für Belletristica. Für Fantasie und Freiheit!«