Die ganze Nacht hindurch ritt Aellia, nur mit ganz kurzen Pausen dazwischen. Langsam wurde das Land unter ihr etwas fruchtbarer. Es gab einige Büsche und etwas Steppengras und dann auf einmal, erblickte sie in der Ferne seltsame, weisse Punkte. Vorsichtig flog sie etwas näher heran. Die Punkte schwebten durch den Himmel und erst als sie noch näher herankam, sah sie unter sich das Lager, welches man an einem kleinen Bach aufgeschlagen hatte. Es bestand aus einigen aus heller Roh- Haut bestehenden Zelten und über diesen Zelten, sie glaubte es kaum, kreiste ein Heer schneeweisser, geflügelter Pferde…!
Nannios konnte es kaum glauben, als das prachtvolle, weisse Pferd zu ihm herunterflog. Eine, wie Mondlicht schimmernde Decke, lag auf seinem kräftigen Rücken und es trug ein silbernes Halfter, mit Zügeln daran. Sein mächtiger Kopf mit einer langen, wie weisse Wellen herabfliessenden Mähne, ruhte auf einem edel geschwungenen Hals. Das Pferd war so grosse wie die roten Löwen und ebenso schnell. Als es näher kam, vernahm Nannios auf einmal eine Stimme in seinem Kopf. Es war, als würde das Pferd selbst zu ihm sprechen: „Sei gegrüsst grosser Heiler! Deine Gebete wurden erhört, ich bin ein Geschenk der Göttin an dich und nicht nur ich…“ Das Pferd wandte laut wiehernd den Kopf, Richtung Mond und auf einmal tauchten dort zahllose weissleuchtende Sterne auf, die alle näher kamen. Es war ein unbeschreiblicher Anblick! Die weissen Pferde, welche Nannios nun in den Sternen erkannte, zogen funkelnde Schweife hinter sich her, wie Kometen. Sie erhellten den Himmel in überirdischem Licht. Es wirkte beinahe, als ob die Magie, welche Nannios ausgesandt hatte, nun wieder zu ihm zurückkehren würde. Hatte er einen unbekannten Zauber gewirkt, oder waren diese Pferde wahrlich von der Göttin gesandt worden?“
Wiehernd und schnaubend umkreisten sie ihn. Der Fluss unter ihnen, spiegelte ihre weissglitzernden Schatten. Die kometenartigen Schweife, welche die Tiere hinter sich herzogen, lösten sich langsam auf und ein weisssilberner Sternenregen umhüllte Nannios. Ungläubig drehte er sich im Kreis und nahm all diese Herrlichkeiten in sich auf. Er konnte kaum glauben, was er da sah. Stimmen flüsterten erneut in seinem Geist: „Wir sind die lunarischen Pegasosse. Wir sind gekommen um dein Volk ins Reich der Solianer zu tragen.“ Das erste Pferd das gekommen war, landete nun und sank in die Knie, damit Nannios, wie ein Fürst, aufsteigen konnte. Die mächtigen Schwingen rauschten, als das Pferd sich wieder erhob. Der junge Mann, sass noch ziemlich wackelig auf dem Rücken des Tieres und hielt sich erst krampfhaft an der Mähne fest, dann aber fand er immer besseren Halt und nahm die Zügel in die Hand. Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Der Pegasoss, war ein wunderbar kräftiges, anmutiges Tier, welches ihn nun zurück in die Stadt trug. Die andren geflügelten Pferde, folgten ihnen. Der dunkle Nachthimmel war erleuchtet mit ihren weissen Körpern und ihr Wiehern war weit herum zu hören. So lenkten sie natürlich auch einige Aufmerksamkeit auf sich. Viele Leute verliessen ihre Häuser, um zu schauen, was da vor sich ging. Ihre Kiefer fielen buchstäblich herunter, als sie das einzigartige Spektakel am Himmel sahen. „Läutet die Glocken!“ rief Nannios laut. „Wir haben nun Reittiere und können jetzt endlich in die Schlacht ziehen! Wir werden nicht mehr warten. Es geht los!!“
Aellia konnte kaum glauben was sie da sah. Sie erkannte, dass dieses Lager das lunarische Lager sein musste, aber…woher hatten die Lunarier auf einmal so wunderschöne Reittiere? Eine Magie ging von diesen Tieren aus, welche sie, als weisslichen Schimmer, wahrnahm. Alles war erfüllt von dieser Magie und weckte Hoffnung, Friede und Freude in jeder Seele. Selbst sie spürte das, auch wenn sie noch ein Stück weit vom Lagen entfernt war.
Auf einmal aber entdeckte man sie und aufgeregte Schreie, hallten durch das Lager. Die Pferdereiter wandten sich nach ihr um und flogen dann, mit bemerkenswerter Geschwindigkeit, auf sie zu. Die Männer welche darauf sassen, schienen zum Äussersten entschlossen. Mit grimmigen Mienen und gezückten Waffen, wollten sie Aellia zuerst angreifen, da sie meinten sie sei ein Solianer. Der berittene Zug wurde von einem besonders stattlichen Pferd angeführt und auf ihm sass ein, in eine weiss-silberne Rüstung gekleidete Gestalt, welche einen Stab in der Hand trug, der von einem hellen Edelstein gekrönt wurde. Er wollte den Stab gerade auf sie richten, um einen Zauber gegen sie zu schleudern. Die Bogenschützen am Boden und einige auf den Pferden, richteten ihre Pfeile zu Duzenden auf sie. Doch dann erkannte sie den jungen, stattlichen Mann der auf dem vordersten Pegasoss ritt. Und unbändiges Glück erfüllte sie.
„Nannios!“ rief sie. „Ich bin es!“ Die tiefblauen Augen des geliebten Lunariers leuchteten in ungläubiger Freude auf. „Aellia!“ Er machte eine Handbewegung, um den Bogenschützen und den anderen Reitern Einhalt zu gebieten. „Es ist Aellia!“ schrie er. „Du hast es geschafft ihnen zu entkommen! Den Göttern sei Dank!“ Die beiden verliessen die Rücken ihrer Reittiere und fielen sich in der Luft in die Arme. Ein nie gekanntes Glück, erfüllte sie beiden. Sie spürten die Wärme, Liebe und Geborgenheit des anderen und die junge Harpya erkannte erneut wie innig sie verbunden waren. Es gab nichts was dieser Liebe gleich war! „Oh Aellia, ich fasse es nicht!“ Tränen der Freude, glänzten in Nannios Augen. „Wie ist dir das gelungen?“ „Dies ist eine lange Geschichte, die ich dir nachher erzählten werde. “ Sie umschlang ihn noch enger und die beiden küssten sich leidenschaftlich. Lautes Gejohle klang vom Boden zu ihnen empor, die Pegasoss- Reiter umkreisten sie ebenfalls freudig jubelnd und klatschend. Die wundersame, magische Energie der Tiere hüllte sie und Nannios dabei in ein überirdisches Leuchten, das erfüllt schien vom Geist der Göttin.
Aellia schaute auf die Pferde und dann auf Typon, welcher geduldig wartete, bis sie ihm einen weiteren Befehl erteilte. Seine Energie war irgendwie ganz anders, als jene der Pegasosse. Er schien den Geist des Volkes widerzuspiegeln, das ihn normalerweise ritt: Feurig, sonnenbezogen, eher die Qualität des Gottes. Die Pegasosse wiederum, schienen den Geist der Lunarier und mehr den der Göttin widerzuspiegeln. Sie mochten den roten Löwen in einigen Punkten unterlegen sein, doch ihre Zauberkraft war dafür sehr stark und das machte sie den Löwen, auf einzigartige Weise, ebenbürtig.