So begannen die Lunarier und Harpyas mit den Vorbereitungen. Nannios befahl den Pegasoss- Reitern, sich auf den Bergen, rund um die Stadt, in Position zu bringen. „Sollten wir eure Hilfe brauchen, dann stosse ich in das Horn.“ Er hob ein silbernes, schön geschwungenes Horn in die Höhe. Er reichte einem andren Lunarier, mit blausilbernen, halblangen Haaren und einem silbernen, mit azurblauen Federn durchzogenem Gefieder, die Zügel seines Pferdes, welches er Indarimos nannte und sprach: „Ikarios, nimm ihn mit dir und achte gut auf ihn.“ Er wandte sich an das Pferd selbst: „Geh mit ihnen, ich rufe dich, wenn ich dich brauche.“ Das geflügelte Pferd neigte leicht seinen edlen Kopf. „Ich werde tun, was du von mir verlangst. Die Mondgöttin ist an eurer Seite und somit auch wir.“ Nannios lächelte, als er diese Worte in seinem Geist vernahm. Es erstaunte ihn immer aufs Neue, wie Indarimos mit ihm zu kommunizieren verstand. Taten das die solianischen Löwen wohl mit ihren Reitern auch? Doch er hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken. Seine Truppe musste sich auf den Weg machen, bevor der Tag ganz erwachte. Würde wohl alles gut gehen? Der Plan war jedenfalls gut gedacht. Es würde sicher nicht ganz einfach sein, aber die Götter waren an ihrer Seite.
Während die Lunarier, angeführt von Aellia und Nannios sich auf den Weg, Richtung nördliche Stadt machten, waren Trojanas und seine Anhänger nicht untätig. Es gab doch noch einige die auf der Seite des Königssohnes standen, einige unter ihnen waren die besten Krieger des Reiches. Dazu kamen jetzt auch noch die solianischen Frauen, welches scheinbar auch gar keine üblen Kämpferinnen waren. Das machte es ihm, den Lunariern und Harpyas noch etwas leichter. Wenn Aellias Leute durch das Nord-Tor hereinkamen und durch das untere Viertel der Stadt, wo ja die Frauen hauptsächlich lebten, in die Stadt schlichen, dann würden sie wenigstens zumindest von weiblichen Vertreter aus Trojanas Volk unterstützt werdeb. Die wenigen Wachen die sich dort sonst noch rum trieben, waren leicht zu beseitigen. Trojanas hoffte, dass es nicht zu viel Blut vergiessen musste. Doch ganz vermeiden, liess es sich wohl nicht. Er hatte sich entschieden und nun würde er das tun, was nötig war.
Als sich all seine Anhänger, mit ihm zusammen, am vereinbarten Treffpunkt sammelten, staunten die solianischen Männer nicht schlecht, als sie dort auch bewaffnete, zu allem entschlossene, Feminas antrafen. Die beiden Gruppen musterten sich einen Moment lang. Der Ausdruck der Frauen war kühl und nicht gerade freundlich. Die Männer schienen vor allem überrascht und teilweise auch eher unangenehm berührt, oder gar abschätzig. Einer von ihnen meinte kalt: „Was willst du denn mit diesen…Feminas? Die nützen uns doch nichts!“ Trojanas schaute ihn mit einem tadelnden Blick an. „Doch, sie nützen uns sehr wohl etwas. Sie haben im Geheimen kämpfen gelernt und ich durfte mich schon von ihren Talenten überzeugen.“ „Im geheimen kämpfen gelernt?“ fragte ein anderer Solianer „aber warum bloss?“ „Um die Herrschaft der Männer über uns zu beenden“, sprach Trojanas Mutter mit eisiger Stimme. „Waas! Ihr habt einen Aufstand geplant, gegen uns! Trojanas wie kommst du dazu dich mit diesen Weibern zusammen zu tun?!“ „Ich habe euch schon gesagt, dass es mir darum geht, dass alle hier ein menschenwürdiges Leben führen können, das gilt auch für die Frauen. Wir haben das Weibliche und damit die Göttin, nicht genug geehrt und ihr wisst ja, was vor kurzem mit der Sonne passiert ist…“
Natürlich erinnerten sich alle daran und ein tiefes Unbehagen war mit dieser Erinnerung verbunden, das merkte man an den Gesichtern der Solianer. „Ihr alle habt mir in diesem Punkt zugestimmt“, fuhr Trojanas fort „und einen Eid abgelegt, durch welchen ihm mir eure Loyalität zugesichert habt. „Aber, “ protestierte ein anderer der Männer „Wir dachten dabei eher daran, die Göttin mehr in unser Leben einzubeziehen, doch das wir dadurch auch den Feminas so viel mehr Rechte zugestehen, davon war nicht die Rede.“ „Das alles gehört doch zusammen!“ rief Trojanas ungläubig aus. „Ich dachte ihr seid euch dessen bewusst!“ Die Männer schwiegen, etwas unangenehm berührt. Trojanas ärgerte sich zutiefst. „Ich kann das jetzt nicht glauben! Wenn wir die Göttin ehren, dann ehren wir doch auch mehr die Frauen. Seht nur, wie weit wir schon gekommen sind durch unsere Lebensart! Wir stehen unmittelbar vor einem Krieg, den wir durch das unüberlegte Entführen fremder Frauen ausgelöst haben. Unsere eigenen Frauen bilden im Stillen einen Widerstand gegen uns und wir stehen kurz vor der Ausrottung, weil wir mit der Zeit zu wenige Frauen haben werden, die unsere Kinder gebären. Wie ich euch schon erklärte, gibt es aber eine Lösung für dieses Problem. Eine Lösung die ohne Blutvergiessen ablaufen könnte und bei dem die Rechte jedes Lebewesens gleichermassen gewahrt würde. Ich habe euch meinen Plan erklärt und ihr habt euch mir anvertraut.“
Trojanas schwebte nun von einem zum adern und musterte jeden der Männer, mit einem durchdringenden Blick. Dann fuhr er mit entschlossener Stimme fort: „Die Zeit drängt. Ihr müsst euch jetzt entscheiden! Entweder ihr seid für, oder gegen mich. Wenn jemand den Wunsch hat, dass ich ihn von seinem Eid entbinde, dann möge er jetzt sprechen!“ Er schaute sich nochmals mit prüfendem Blick um. Die Männer zögerten einen Moment, schauten nochmals herüber zu den Feminas. Einer von ihnen sprach: „Werden wir dann sicher sein, dass sie uns nicht doch früher oder später in den Rücken fallen, wenn wir ihnen mehr Rechte zugestehen?“ „Trojanas schaute seine Mutter mit einem fragenden Blick an. Sie erwiderte. „Alle die hier sind, sind an einer friedlichen Lösung interessiert, sie wollen nur gleichberechtigt mit den Männern sein, nicht mehr und nicht weniger.“ „Gleichberechtigt!“ rief einer der Männer, der sich Kroianas nannte, aus. „Aber das ist niemals möglich!“ „Wenn du dich gegen mich stellen willst, dann sage es jetzt!“ sprach Trojanas. „Ich werde dich von deinem Eid entbinden.“ „Mit welchen Folgen?“ fragte der Angesprochene „wirst du mich dann töten, Trojanas?“ „Nein das nicht, auch wenn ich dich nicht gehen lassen kann. Das verstehst du wohl.“ „Ja, allerdings.“ „Nun gut. Ich merke, es ist besser, wenn du uns nicht begleitest. Ich entbinde dich in diesem Augenblick von deinem Eid… Männer! Fesselt ihn und sperrt ihn in den Keller!“ Die andren gehorchten und taten, wie ihnen geheissen. „Sonst noch jemand der sich noch anders entscheiden will?“ Keiner der Männer meldete sich.
Der Älteste der Truppe, welcher sich Astranias nannte sprach: „Was mich betrifft Trojanas, ich diene dir schon seit Jahren voller Freude und werde es auch weiter tun. Wenn du glaubst diese Welt müsse eine Veränderung erleben, dann werde ich dich dabei unterstützen. Ich habe vollstes Vertrauen in dich und bin davon überzeugt, dass deine Entscheidungen von Weisheit und Klugheit geprägt sein werden. Ich würde mit dir durch die dunkelsten Räume der Unterwelt gehen und noch weiter.“ „Ja und ich auch!“ meldete sich ein anderer. „Wir auch!" Immer mehr solche Stimmen erhoben sich und Trojanas schaute voller Freude in die Runde.
Einer der jüngsten Soldaten fragte auf einmal: „Wenn die Frauen als gleichwertig angesehen werden wie wir, wie ist das denn mit der Liebe zwischen Frau und Mann? Bisher hiess es immer, wir dürfen uns keinesfalls verlieben. Wird sich das auch ändern?“ Trojanas schaute den jungen Mann mit den goldblonden, schulterlangen Locken, und dem gold-orangen Gefieder forschend an. Er sah wie dessen Blick immer wieder herüber zu einer, etwa gleichaltrigen Frau, mit ganz orangem Gefieder und langem, ebenfalls blondem Haar wanderte. Und auf einmal verstand der Königssohn. Sein Herz ging auf und er lächelte: „Ja Quirinias, so ist es eigentlich geplant.“ „Dann können wir endlich zusammen sein!“ rief dieser voller Freude aus und eilte zu der jungen Frau. Auch diese schien überglücklich und die zwei umarmten sich. Trojanas und auch die andren waren tief berührt von diesem Schauspiel und Jubel erhob sich. „Auf eine neue Welt! Auf eine Welt wo Frauen wie Männer ihre Liebe ungehemmt ausleben dürfen! Und auf Trojanas, unseren neuen König!“