Die Strasse entlang des Flusses lag einsam und verlassen da. Kein Mensch war zu sehen und der Lärm der nahegelegenen Schnellstrasse war verstummt. In diesem Viertel der Stadt brannten nicht mal mehr Strassenlaternen, die Stadt hatte den Strom abstellen lassen. Die Fassaden der Häuser waren farblos und rissig, hinter den Fenstern brannte kein Licht.
Der Mond spiegelte sich auf den Teilen des Wassers, die nicht von Algen überwuchert waren und eine schmale Brücke spannte sich über das Nass. Das einstig silberne Geländer war von rotem Rost überzogen und unter der Brücke türmte sich der Abfall.
Doch all das sah man nicht. Die Dunkelheit verhüllte die Blösse des Ortes und verwandelte ihn für ein paar Stunden in etwas zauberhaftes.
Das wusste auch der junge Mann, der mit langsamen Schritten auf die Brücke zuging, die Kapuze tief in die Stirn gezogen, seine Gitarre an der Seite führend. Hier würde er seine Ruhe haben und der Mond störte sich nicht ab ihm, wie es die meisten anderen taten.
In der Mitte der Brücke blieb der Junge einen Moment stehen und liess seinen Blick über das Wasser gleiten, bevor er sich setzte und seinen Rücken gegen die kühlen Stäbe des Geländers lehnte.
Als er seine Finger andächtig über das alte Instrument gleiten liess, erfasste ihn eine seltsame Innere Ruhe. Die Gedanken in seinem Kopf hielten inne und der Sturm, der in seinem Herz peitschte beruhigte sich allmählich. Mit einem leisen Lächeln auf dem Lippen platzierte er seine Hände und liess die Fingerkuppen dann über die Saiten gleiten. Er hob den Blick zum Mond, der hell und rund am Himmel stand und gab sich der Musik vollkommen hin.
Die Töne, die direkt aus seinem Herzen zu kommen schienen waren wehmütig und sanft. Anfangs spielte der Junge nur ganz leise, als ob er Angst hätte, er könnte den Zauber zerstören, wenn er zu laut spielte. Er reihte Ton an Ton, bewegte seine Hände vorsichtig, liess die Melodie langsam aus dem Instrument hervorkriechen. Doch mit der Zeit wurde das traurige Lied lauter und bekam einen drängenden Unterton.
Verzweifelt schloss der Junge die Augen und eine einzelne Träne rann ihm über die Wange herab, während er die Stille um sich herum füllte und es in ihm drin immer leiser und leiser wurde.
Sein Lied war eine Frage, gerichtet an das Universum. Und er stellte sie wieder und wieder, wartete vergeblich auf eine Antwort.
Doch der einzige der ihn hörte war der Mond, und der schwieg. Schwieg seit eh und je.
Und so blieb der Junge verdammt dazu sein Lied wieder und wieder zu spielen. In der Hoffnung das Herz der Sterne erweichen zu können.
Und endlich erlöst zu werden.