»Ich liebe dich.«
»Aha.«
Marie, das Mondgesicht, spielte mit ihren Fingern in ihren braunen Locken, wie sie es immer tat, wenn sie vor der Klasse einen Vortrag hielt. Es kostete sie wohl einiges an Überwindung, mit mir unter vier Augen zu sprechen, aber darauf nahm ich keine Rücksicht.
»Sorry, kann ich nicht von mir behaupten, was dich angeht.«
Mit diesen Worten verdammte ich mich zwar, der komplette Vollarsch zu sein, aber ich war ehrlich. Marie konnte ich nicht ausstehen. Schon die letzten vier Jahre mit ihr in einer Klasse nicht. Weil sie auf Timo herumhackte, wo sie nur konnte.
Timo, der jetzt aufgrund eines versuchten Suizids, den sie zu verantworten hatte, im Krankenhaus lag. Der mit dem Leben kämpfte, während sie ihre Zeit damit verplemperte, mir ihre fadenscheinige Liebe zu gestehen. Die einen auf heile Welt machte, während die Polizeibeamten ihren Computer nach Hinweisen durchforsteten.
Marie, das Mondgesicht, die mich entsetzt anschaute wegen meiner Worte. Deren Lippen langsam zitterten, mich damit zum Lachen brachten.
Ein Lächeln zierte tatsächlich meinen Mund, während ich so auf sie herabschaute.
»Warum sparst du dir deine Faketränen nicht für dein bevorstehendes Verhör auf? Ich meine, die Bullen werden was finden. So schlau bist du nicht, um wirklich alle Spuren zu verwischen.«
Selbst, wenn sie es doch irgendwie geschafft hatte, besaß die Polizei die von mir gemachten Screenshots. Wie das ach so süße und unschuldige Mariechen alle dazu anstiftete, es Timo ordentlich zu zeigen. Dass es niemand an der Schule wagte, ihr ihren Freund auszuspannen. Schon gar keine Schwuchtel. Dabei waren sie und ich nicht mal ein Paar. Nie gewesen. Würde auch nie geschehen.
Mit zusammengebissenen Zähnen zwinge ich die Wut in mir zurück, die mich dazu verleiten wollte, ihr ihren Hals umzudrehen. Stattdessen tat ich ihr auf andere Weise weh. Trampelte auf ihren Gefühlen herum, die mir nichts bedeuteten.
»Du bist der letzte Mensch auf Erden, mit dem ich mich abgeben würde, Marie. Nur damit du es weißt: Sollte Timo aufwachen, und bis zum Abschlussball wieder fit sein, gehe ich mit ihm zusammen dorthin. Weil ich eine von dir so verhassten Schwuchtel bin.«
Auf dem Absatz machte ich kehrt, ohne noch einmal zurückzuschauen. Aber ein komischer Laut kam mir zu Ohren. So, als wollte man sämtliche Luft aus einem Ballon pressen. Konnte sie ruhig dran ersticken.
Mir ging es zum ersten Mal seit dem Vorfall nur noch halb so dreckig. Gut ging es mir, wenn Timo endlich die Augen aufmachte. Dafür betete ich jeden Tag.