Angefangen hat dieser Montag wie jeder andere auch. Ich bin zu spät von zuhause losgekommen, quälte mich eine ganze Weile auf den Verkehr auf der Autobahn (der stärker war als in den letzten Wochen - die Sommerferien sind wohl vorbei), suchte viel zu lange nach dem einen freien, viel zu weit entfernten Parkplatz und hetzte die Treppen des Firmengebäudes hinauf. Meine Kollegen waren schon da, der Kaffee leer, und in meiner Aufgabenliste hatten sich neue Bewohner eingenistet. Es sah so aus, als würden auch sie länger bleiben.
Ich nahm die erste der Aufgaben in Angriff, die mir zugedacht waren. Wir brauchten eine neue, schnelle SQL-Funktion für unsere Datenbank - eine Aufgabe, der ich mich sogar recht gerne annahm. Im Geiste umriss ich das Grundproblem, zerlegte es in kleine Einzelprobleme und begann, Lösungen für die jeweiligen Teile zu suchen.
Das Suchen ist hierbei durchaus wörtlich gemeint - niemand kann all die Befehle im Kopf haben, die für die tägliche Arbeit benötigt werden. Aber wie heißt es so schön: Google ist dein Freund, und es gibt fast keine Frage, die jemand auf Stackexchange noch nicht gestellt und beantwortet bekommen hat.
Doch dann änderte sich mit einem Schlag alles.
Ich war gerade gedanklich tief in einer Subroutine meines aktuellen Konstrukts versunken, als mein Klick ins Leere führte.
Stackexchange war nicht erreichbar.
Google auch nicht.
Irritiert sah ich hoch. Auch die Gesichter meiner Kollegen verzogen sich nach und nach alle, und wir warfen uns Blicke zu. Dann stellte jemand laut die Frage, die uns alle beschäftigte: "Kommt ihr ins Netz?"
Nein. Niemand kam ins Internet.
Ein Anruf bei unserem Admin bestätigte unsere Befürchtungen - die gesamte Firma war vom Internet getrennt worden.
Nach einer halben Stunde Herumtelefoniererei kam dann sogar der Chef höchstpersönlich mit der Hiobsbotschaft zu uns: "Jemand hat bei Bauarbeiten eine Leitung beschädigt. Das kann jetzt bis zu zwei Tagen dauern." Dann sah er mich an. "Aber sie arbeiten ja an der Datenbank, nicht wahr? Die liegt ja zu Glück hausintern auf dem Server."
Das durfte einfach nicht wahr sein!
Während ich mich meiner Verzweiflung hingab, meine Phantasie mir in immer bunteren Farben ausmalte, wie der Chef mich hochkant rauswarf, weil ich ohne das Internet gefühlt gar kein SQL konnte, begannen meine Kollegen mit den obligatorischen dummen Sprüchen. Ich hörte nur mit einem halben Ohr hin, aber bei einem Austausch musste ich dann doch schmunzeln.
"Hey, wenn das Internet nicht erreichbar ist - dann müssen wir doch wieder die Porno-VHS ausgraben!"
"Genau! Lang lebe die Redundanz!"
"Neee, das ist keine Redundanz. Das ist eine Fallback-Lösung!"
Das Ende der Diskussion bekam ich nicht mehr mit, weil ein Kollege aus dem Nachbarbüro durch die Tür trat.
"Hey", sprach er mich aufmunternd an, "Du musst doch den Task mit der Datenbank heute fertig kriegen, oder?"
Ich nickte seufzend.
"Hier. Als kleine Unterstützung." Er legte mir einen der dicken Wälzer auf den Tisch, die er in seinem Büro hortete und für die ich ihn gerne aufzog.
Es handelte sich um ein fast vollständiges SQL-Handbuch.
Ich hätte ihn knutschen können!