Morgen wird wieder Vollmond sein... ES würde wieder beginnen... Er merkte schon das sich etwas in seinem Körper wieder veränderte, nur wusste er immer noch nicht was ES war. Bisher hatte er nur einiges heraus gefunden und das war mehr als unbefriedigend:
- ES geschah immer bei Vollmond
- ES lies ihn deutlich besser riechen
- ES lies ihn alles hören
- ES war am nächsten Tag wieder vorbei und seine Erinnerung wie ausgelöscht
Aber er wollte niemanden einweihen, dazu wusste er selbst noch viel zu wenig um es jemandem zu erklären. Was hätte er auch sagen sollen? Hey Leute übrigens passiert mir alle 29 Tage irgendwas, aber ich weiß nicht was, könntet ihr vielleicht die Nacht bei mir bleiben und schauen was passiert?!
Ja, natürlich ...
Er wollte sich auch nicht mehr in seiner Wohnung einsperren. Bei den letzten beiden Versuchen war seine Wohnung hinterher völlig verwüstet gewesen und ein Fenster kaputt. Zum Glück wohnte er im Erdgeschoss und hatte bisher scheinbar keine Verletzungen davon getragen. Er wollte gar nicht schlafen gehen, aber er wusste, was auch immer geschehen würde, er würde es sowieso nicht aufhalten können.
* * *
Die Dunkelheit brach herein und er musste raus. Er musste weg aus der Stadt er hielt den Gestank nicht mehr aus! Die Geräusche wurden alle zu Laut! Die Wände engten ihn ein! RAUS!!
Er war wie befreit, hörte und roch nur noch den Wald um sich herum. So weitläufig und so erfrischend. In den Bäumen kehrten die Eichhörnchen in ihre Neste zurück. Die Vögel breiteten ihr Gefieder über ihren Küken aus und betteten sie für die Nacht. Die Eulen erwachten und machten sich bereit für die Jagd. Er ging zu der Felsformation und entledigte sich seiner Kleider. Er genoss den aufkommenden Wind auf seiner nackten Haut und schaute in den Himmel. Die Sterne funkelten und dort war er, der Mond. Groß, mächtig und vollends zu einem perfekten Kreis geformt. ES konnte nun beginnen, er war bereit.
Dieses mal fing ES in den Fingerspitzen an, dass kribbeln zog von den Spitzen in die Handflächen und sie begannen zu wachsen. Die Fingernägel wurden länger und zu scharfen Klauen die im Mondlicht schimmerten.
Dann breitete ES sich weiter aus über seine Arme und er spürte wie die Muskeln erwachten und begonnen zu wachsen. Muskel um Muskel arbeitet ES sich voran bis in den Rücken. Dort schien es einen Augenblick verweilen zu wollen. Er genoss das warme Gefühl das sich nun hinab bewegte. Die einzelnen Wirbel knackten und formten ein breites Kreuz. ES schmerzte.
Nun waren die Beine dran. Der schmerz war verflogen und die Muskeln fingen wieder an zu arbeiten, verdreifachten sich an Größe und Volumen. Die Füße zogen sich zusammen und beim entspannen kamen die Klauen zum Vorschein. ES war fast vollbracht.
Das wohlige kribbeln wollte ihm vortäuschen das es keine schmerzen mehr gab, aber er wusste es mittlerweile besser und versuchte sich nicht zu verspannen während ES sich den Nacken hoch schob und seine Ohren spitzer und größer wurden. Die Geräusche wurden noch verfeinert. Er hörte jede Maus im Unterholz, die Flügelschläge der Eulen über seinem Kopf. Den Wind in allen Bäumen des Waldes. Sein Kiefer fing an sich zu verkrampfen, der Schmerz durchfuhr seinen ganzen Kopf und er öffnete seinen Mund um den Zähnen platz zu machen die nun wuchsen. Ein knurren entwich seiner Kehler, rau und tief aus seiner Brust. Die Nase war nur noch ein kurzes zwicken im Vergleich zu seinen Zähnen und war nun feucht und empfindlich. Die Haare auf seinem Kopf wurden dichter und bahnten sich ihren Weg über seinen Körper. Er spürte nun den Wind durch sein Fell fahren und erschauderte wohlig. ES war vollendet!
Nun konnte er seine Sinne wieder richtig wahrnehmen. Die Ohren in die Richtung drehen in die er hören wollte. Die Augen konnten in dieser Nacht besser sehen als je zuvor und die Erde unter seinen Klauen war feucht und weich. Was ein berauschendes Gefühl! Er hielt seine Nase in den Wind. Was konnte er in seiner unmittelbaren Umgebung riechen? Weit entfernt war die Stadt mit ihren Abgasen, den Fastfood Buden und den ganzen Menschen, die alle ihre eigenen Körpergerüche durch Deos oder Parfüms überdeckten. Doch hier wo er nun stand, waren Erde, Moos, Blumen und Bäume der Geruch der ihn umgab. Das Moos war saftig grün und die Bäume gesund. Er lehnte sich mit seinen Vorderläufen an einen Baum und wetzte dort seine Klauen. Jetzt konnte es los gehen, die Jagd beginnen...
Er schärfte sein Sichtfeld und suchte nach den Spuren eines Rehs oder eines Wildschweins. Der Hunger war übermächtig und wollte gestillt werden. In Östliche Richtung von ihm vernahm er ein rascheln im Gebüsch. Doch es war zu wenig um ein großes Tier zu sein, also blendetet er es aus. Nach Westen klang es schon verheißungsvoller. Er hielt seine Nase in die Richtung und nahm den Geruch eines Rehs war. Es war noch nicht sehr alt, das Blut rauschte noch schnell in den Adern und die Muskelkontraktion war schnell und stark. Das war seine Beute, dort musste er hin. Also auf nach Westen. Die Klauen vergruben sich in der weichen Erde, er spannte seine Muskeln an und sprintete los!
Das er Lärm machte, war ihm egal! Er war so oder so schneller als das Reh. Als er in Reichweite kam hörte das Reh ihn und schreckte auf, rannte los, egal wohin, nur weg vor ihm. Doch mitten im Sprung, über einen umgefallenen Baum, riss er sich das Reh. Seine Fangzähne gruben sich in das weiche zarte Fleisch und das Reh gab ein Laut des Schmerzes und Schreckens von sich. Er begrub es unter sich und biss ihm die Kehler durch. Nein, dass stimmte nicht ganz, er zerfetze die Kehle das das Blut nur so spritze und seinen Hunger weiter antrieb.
Er leckte das Blut auf und begann den Bauch mit seinen Klauen aufzuschlitzen und die warmen Organe zu fressen. Jedes hatte seinen eigenen Geschmack und langsam wurde sein Hunger gestillt. Er machte sich über das ganze Reh her und lies nur noch die Knochen übrig. Das Fleisch war zart und saftig gewesen. Der Trieb gestillt und das verlangen befriedigt.
Die Nacht war noch jung und er erkundete den Wald. Er suchte nach anderen Spuren von Gleichgesinnten, wie jedes mal und wurde zu seiner großen Enttäuschung wiedereinmal nicht fündig. Sollt er wirklich der einzige sein oder waren sie weiter weg und er musste seine Suche ausweiten? Doch es blieb ihm dafür zu wenig Zeit, er wusste das er bald wieder zurück musste.
Er genoss noch eine Weile die ruhe des Waldes und die fabelhaften Gerüche bevor er sich wieder zu seiner Felsformation begab und darauf wartete das ES wieder seinen Körper verließ.
* * *
Er erwachte am Morgen in seinem Bett. Seine Sachen lagen zusammengelegt neben ihm auf dem Boden und er hatte überall Muskelkater als wenn er einen Marathon gelaufen wäre und im Anschluss noch bei einer Gewichtheber Meisterschaft mitgemacht hätte. Es war jedes mal das selbe und er konnte sich nur an ein flüchtigen Traum erinnern. Dort war ein Reh gewesen, Knochen und der Mond. Immer wieder dieser Mond! ...