„Manchmal denke ich, es wäre besser, wenn wir uns nie wiedersehen würden!“
Nein, dass ging doch so nicht! Wie sollte sie das nur ohne Tränen in den Augen über die Lippen bekommen? Den Kopf an die Wand gelehnt, die Hand zur Faust geballt, stand sie da. In ihrem Kopf unzählige Bilder. Bilder von langen Nächten, süßen Küssen, warmen Händen, braunen Augen.
Die ihren trugen durchsichtige Vorhänge.
Immer wieder sah sie sich mit Erinnerungen konfrontiert. Geschmack, Geruch, Lächeln dieser wundervollen Frau.
„Was mache ich nur ständig falsch?“
Langsam gaben ihre Beine nach, sie sank zu Boden, alle Kraft verließ den Körper. Tausende Kleinstteile vergangener Jahre schossen wie Blitze durch ihr Gehirn. Momente voll Tränen, Erleichterung, Hass.
Aussagen, die sie nie getätigt hatte, andere, die sie nie hatte hören wollen.
Ein geflüstertes „Ich liebe dich auch“ auf Endlosschleife.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie zitterte. Die Lunge schien ihre Aufgabe nicht mehr zu kennen, die Gedanken wollten nicht aufhören, sie zu quälen. Mit all der Kraft, die sie noch aufbringen konnte, schlug sie ihren Kopf gegen die Wand. Sie war es doch! Sie war es immer! Wieso sollte sie sich Gedanken machen? Es war nicht ihr Fehler gewesen!
Trotzdem schmerzten die nicht vorhandenen Nachrichten.
Die Vergleiche mit neuen Leuten, die sie nicht kannte.
Die Vorwürfe, die sie nicht verstand.
Die gereizte Art der letzten Wochen.
Das alles tat so schrecklich weh.
Sie verstand das alles nicht. Alles was sie sagte, war falsch. Was sie tat, was sie fühlte, was sie dachte. Falsch.
Ihre Worte verletzten Menschen, selbst wenn sie keine bösen Absichten verfolgten. Doch selbst verletzt zu sein, zeigte sie nur selten. Schmerz runterschlucken, zittern unterdrücken, nach vorne schauen.
Über die Jahre wurde sie gut darin, Schauspielerin zu sein. Notorisches lügen, Distanzierung, ihre besten Disziplinen.
Unterbinden konnte sie die Versuche ihres Herzens, sich Ansprechpartner zu suchen, nie wirklich. Am Ende aber, erzielte das nur noch mehr Einsamkeit. Sie war kein Mensch, der Liebe, Nähe oder Zuneigung verdiente.
Sie war alleine, die meiste Zeit traurig, müde, krank.
Normalerweise versuchte sie, sich von Menschen zu distanzieren, sobald sie ihr etwas bedeuteten. Selbstschutz.
Schutz vor eben jenen schmerzenden Aussagen, wie sie sie in den letzten Wochen immer wieder ertragen musste.
Schutz davor, auch nur daran zu denken, jemandem das Herz auszuschütten.
Schutz davor, doch ersetzt zu werden.
Nur diesmal hatte es nicht geklappt, die warmen, braunen Augen aus ihrem Leben zu verbannen, von denen sie immer dachte, sie würden andere Dinge an ihr sehen.
Sie musste sich eingestehen, dass sie verloren hatte. Nein, dass sie nie die Chance hatte, zu gewinnen. Sie war eben nicht die nette Lea.
„Ich vermisse dich!“, verließen leise Worte ihre zerbissenen Lippen. Ihre Kehle brannte, als sie endlich wieder den Kopf hob. Es war vorbei. Für jetzt. Sie war alleine, sie wusste das. Jetzt begann die Phase der Akzeptanz.
Wer brauchte schon Freunde, Gespräche über Gefühle, Privatsphäre, Umarmungen und Wärme, Orgasmen oder Sex, wenn man auch einfach Zigaretten und Weißweinschorle haben konnte?
Sie war krank. Aber vor allem einsam.