Tom stand mitten in der Menschenmenge, die sich vor der alten Dorfkirche versammelt hatte.
Er war einsam, nicht allein.
Sein Herz fühlte seit dem plötzlichen Tod seiner Mutter gar nichts mehr. Ein kalter Klumpen gefrorener Erde füllte die Stelle seines Herzens aus und tiefe, schwarze Leere hatte sich darum breitgemacht. Egal mit wie vielen Menschen er sich auch treffen würde, diese Einsamkeit konnte ihm keiner mehr nehmen.
Entschlossen drückte er die messingbeschlagene Klinke der Kirchentür herunter.
Durch die bunten Glasfenster, mit ihren biblischen Figuren, brach sich das warme Herbstlicht kaleidoskopartig auf Toms Gesicht.
Früher hätte dieses Farbenspiel seine Seele erhellt, heute waren sie nur die Scheinwerfer, die Madelaine in das rechte Licht setzten.
Ihr blonder Zopf schimmerte golden, fast einer Marienfigur gleich.
Sie war die heutige Hauptperson in seinem Spiel, sie war sein Wunsch, seine Auserwählte.
Leise setzte Tom sich in die Reihe hinter sie und senkte den Kopf zu einem letzten Gebet.
Sein kleines Messer blitzte kurz auf, bevor es ihren zarten Hals zerschnitt.
Ein wohliges Gefühl durchströmte Toms Körper und ein engelsgleiches Lächeln breitete sich auf seinen schmalen Lippen aus. Nun wusste er, wie es sich anfühlte.
Sein kaltes Herz fing wieder an zu pochen.
Er hatte seine Bestimmung gefunden.
Immer noch lächelnd, verließ er die Kirche. Der aufkommende Herbststurm fegte bunte Blätter um seine Füße. Federleichten Schrittes ging er den Friedhofsweg entlang und in ihm entbrannte auch ein Sturm, ein Sturm der Leidenschaft, der das Adrenalin in jede Zelle seines Körpers lenkte. Endlich lebte er wieder.
Nun wusste Tom, was er zu tun hatte, wenn sich wieder die eisige Hand um sein Herz legen würde.