Er festigte seinen Griff und zog langsam ihre Hände auseinander. Wodurch ihre Beine nach vorne rutschten und mit einen Lauten gepolter hart auf den Boden aufschlugen. Alle hielten die Luft an. Zu dessen Erleichterung geschah nichts und so ließ der Blonde sich nicht beirren und beschloss, sein Vorhaben weiter zu verfolgen. Nur Daniels war angespannt. Er sah es genau vor sich, wie seine Schwester, das Gesicht des Kollegen zerkratzte und aus Leibeskräften schrie. Erst als er sich der Sache annahm, beruhigte sie sich wieder. Seine Vorstellung reichte nicht aus, als das er dem jungen Mann eine Chance gab, das Ruder zu dessen Gunsten zu drehen.
„Vertrau ihm“, lächelnd versuchte Blaise seinen langjährigen Freund aufzumuntern.
„Du hast keine Ahnung, wozu Sina fähig ist“, schnaufte der Auror.
„Was ist denn so schlimmes passiert“, der Schwarzhaarige riss seine Augen auf und sah Daniel verwundert an. Er kannte Sina lange, aber er hatte sie nie aufbrausend erlebt.
„Sagen wir es so. Der Auror, der versucht hat sie zu beruhigen, sah hinterher nicht besonders toll aus.“
„OHHH“, Blaise war überrascht. Er aber hatte keine Lust, das zu hinterfragen, und so drehte er sich wieder zu Draco und Sina. Der Blonde hatte das Mädchen in eine aufrechte Position gebracht. Ihre Füße berührten nun den Boden. Abermals erhob er eine Hand und führte sie langsam zu ihrem Kinn und hob dieses leicht an. Seine Hoffnung bestand darin, dass sie ihn ansah. Was sie auch tat. Ihre Augen waren geschwollen und rot unterlaufen.
Hinzu kam diese Leere, die sich in ihnen spiegelte. Kein Funken, kein Glitzern war zu sehen. Einzig allein ihre Lippen bewegten sich. Doch er verstand nicht, was sie sagte. Sina drang in seine Gedanken hinein und sah sich sein Leben an. Ihr Magen drehte sich, als sie sah, was er erlebte. Fragen über Fragen schossen ihr durch den Kopf. Welcher Mensch war in der Lage einem so jungen Mann so was aufzuerlegen? Um wen es sich handelte, war leider für sie nicht ersichtlich. Da sie diesen nicht kannte. Dennoch schmerzte ihr der Anblick und es bahnten sich erneut Tränen an die Oberfläche. Draco, der Sina fest im Blick hatte, sah die aufkommende Tränenflüssigkeit. Er sprang auf das Sofa, zog sie, ohne zu zögern, zu sich, sodass ihr Kopf auf seine Beine landete. Ihre Eigenen winkelte sie an, so sah sie wie ein Embryo aus. Lautstark fing sie an zu weinen und ihr ganzer Körper bebte. Draco strich ihr sanft über den Rücken, was dazu führte, dass sie sich beruhigte. Die Tränen versiebten und der Atem gleichmäßiger. Sie schloss ihre Augen und genoss seine warme Hand. Bis sie von der Dunkelheit eingeholt wurde und in einen tiefen Schlaf verfiel. Daniel atmete erleichtert aus. Er hatte zu Anfang kein gutes Gefühl, doch war er froh, sich in diesem Punkt getäuscht zu haben.
„Ich bin froh, dass es so ein gutes Ende genommen hat und ich mich ruhigen Gewissen auf den Weg nach Amerika machen kann. Auf mich wartet noch eine Menge Arbeit,“ Daniel drehte sich zu dem Direktor und gab ihm seine rechte Hand, „ damit verabschiede ich mich von euch. Ihr könnt mir jederzeit eine Eule schicken, wenn irgendwas sein sollte.“
Draco drehte sich zum ersten Mal, seit Sina mit ihrem Kopf auf seinem Schoß lag, um. Sinas Bruder nickte ihm zu Abschied zu und stieg durch das Portal hindurch. Dumbledore, welcher etwas abseits stand, beobachte die beiden auf dem Sofa genau. Ein Grinsen verkniff er sich nicht. Er hatte schon eine Ahnung, was Sina anstellte.
„Professor, wieso lachen sie?“, fragte Blaise, als dieser seinen Blick auf den Direktor legte.
„Mister Zabini, das sie so ruhig da liegt. Ist kein Zufall“, sagte er und grinste weiter vor sich hin.
„Wie kommen sie zu dieser Erkenntnis?“, der Slytherin legte seine Stirn in kraus, „Ich bin davon ausgegangen, dass es Dracos ruhige Art ist. Wenn man bedenkt, was er in den letzten Wochen durchgemacht hat. Wie knapp es vor Gericht ausging und er mit vielen dingen seinen Frieden gefunden hat“, Blaise war sich der Sache sicher. Seit Draco wieder in Hogwarts war, hatte er mit vielen Frieden geschlossen. Sich für seine Taten entschuldigt. Viele nahmen diese an, selbst wenn sie skeptisch waren. Der Krieg hatte den einst so rebellischen Jungen zu einem nachdenklichen gewandelt. Blaise kannte ihn seit der ersten Klasse und wusste, wie er litt.
„Sie müssen wissen, Sina ist keine gewöhnliche Hexe. Sie ist eine Elementhexe und besitzt die Fähigkeit mit Luft Magie zu erzeugen“, grinste er. Verblüfft schaute Blaise seinen Direktor an und drehte seinen Kopf zu ihm.
„Ist es nur die Luft?“, erstaunt zog der Slytherin seine Augenbrauen hoch.
„Nein. Sie kann in die Gedanken anderer eindringen, ohne das man es merkt. Sie beherrscht auch Okklumentik, um sich selber zu schützen.“
„Himmel! Da denkt man, jemanden gut zu kennen und erfährt dann so was“, entfuhr es ihm erschrocken.
„Jeder Mensch birgt seine Überraschungen. Man kann eine Person nicht hundertprozentig kennen. Es gibt immer einen Teil, den man nicht weiß.“
„Sie meinen also, das ihre Einsicht in seine Gedanken, bewirkt hat, das sie ihm vertraut.“
„So ist es. Auch wenn es nur ein Bruchteil ist. Aber ihr vertrauen habt ihr damit noch nicht. Den müsst ihr euch erarbeiten.“
„Denke das wird das geringste Problem werden.“
„Stellen sie sich das nicht so einfach vor, Mister Zabini“, klärte Dumbledore ihn auf, „Nun denn, es ist schon spät und sie sollten beide in ihre Gemächer gehen. Sie beide haben morgen Unterricht“, forderte der Direktor seine Schützlinge auf. Daraufhin verschwand er lautlos durch das Portal. Draco verfolgte das Gespräch aufmerksam und dachte über die Worte nach. Wenn der Professor recht hatte, dann war sie in seinen Erinnerungen und das ängstigte ihn. Er wusste nicht, was sie gesehen hatte. Ein kalter Schauer überkam ihn und er schüttelte sich.
„Dumbledore hat Recht. Wir sollten langsam nach oben gehen.“
Draco nickte und senkte seinen Blick auf das Mädchen vor sich. Dabei fiel ihm auf, dass sie nicht mehr schluchzte, sondern einen gleichmäßigen Atem hatte.
„Da war wohl jemand müde“, schmunzelte er und drehte sich vorsichtig, sodass er einen Arm unter ihre Knie legte und zeitgleich mit dem anderen ihren Kopf hielt. Wie von selbst umschloss Sina mit ihren Armen seinen Hals. Langsam und bedacht, sie nicht zu wecken, stand er auf. Obwohl sie sich an ihm festhielt, konnte er nur mit Mühe das Gleichgewicht halten. Schwankend steuerte auf die Treppe zu. Stufe für Stufe erklomm der diese. Immer wieder drohte er mit ihr umzukippen. Blaise war da keine große Hilfe. Beim tragen konnte er nicht helfen. So beschloss der Slytherin vor zu laufen, um wenigstens den Weg frei zuhalten. Der Blonde folgte ihm auf dem Fuße, selbst wenn er bei jeder Stufe ins Schwanken geriet. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als er endlich die obere Etage erreichte. Zielsicher steuerte er das Zimmer von ihr an und legte sie behutsam in ihr Bett.