Der Prompt: Sternenhimmel
***
Roman schreckte aus seinem unruhigen Schlaf hoch und tastete hinüber zur anderen Seite des Bettes, aber diese war leer. Wo zum Teufel war Ash? Nur langsam richtig zu sich kommend, warf der Dunkelhaarige einen Blick auf die roten Ziffern des Weckers auf dem Nachttisch. Sie zeigten vier Uhr morgens.
Der junge Mann setzte sich auf und lauschte in die Dunkelheit der Wohnung. Er konnte nichts hören, alles war ruhig, wie es nun mal mitten in der Nacht normal war.
Langsam stand er auf und ging hinüber in die Küche, um sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen, als er ein Geräusch vom anderen Ende des Appartements hörte. Er erstarrte.
»Ash?«, rief er leise, bekam aber keine Antwort. Auf Zehenspitzen schlich Roman den schmalen Flur hinunter und blieb vor der Tür der Wohnstube stehen, die einen kleinen Spalt offen stand, durch den ein helles Licht zu sehen war. Der dunkelhaarige Mann zögerte einen Augenblick, bevor er die Türe vorsichtig öffnete. Im ersten Moment war er von dem gleißenden Licht im Raum so geblendet, dass er sich die Hand vor Augen hielt. Wie konnte das sein? Es war taghell, mitten in der Nacht. Hatte Ash die Birnen der Deckenlampe ausgewechselt? Roman schüttelte den Kopf. Selbst wenn sein Freund das tatsächlich getan hatte, würde das niemals eine solche Helligkeit erzeugen. Es war ... übernatürlich. Plötzlich begann das Licht sich zu verringern und Roman nahm langsam die Hand von seinen Augen. Diese brauchten noch einen Moment, bevor sie wieder klar sehen konnten.
Hinter der großen Fensterfront, auf der Dachterrasse des Appartements, konnte er die Umrisse eines Menschen wahrnehmen, der ihm den Rücken zugewandt hatte. Zögernd trat der dunkelhaarige Mann durch die breiten Verandatüren und blieb dort erst einmal stehen. Er musterte die Gestalt, die sich deutlich gegen den Sternenhimmel absetzte.
»Ash?«, fragte Roman unsicher, »Ash, was war hier los?«
»Nichts. Geh wieder rein und schlaf weiter.«
Roman jedoch machte einen weiteren Schritt nach vorne und blieb dann erneut stehen. »Das werde ich ganz bestimmt nicht tun. Nicht, bevor du mir erklärt hast, was hier los war.«
»Ich kann nicht. Du würdest es nicht verstehen.« Ashs Stimme war kaum zu hören, so leise sprach er.
Der Wind, der hier, hoch oben über den Dächern von New York, durch die Häuserschluchten pfiff, erfasste die silbernen, schulterlangen Haare des Mannes und Roman konnte nicht anders als fasziniert zuzusehen, wie der Luftzug sie durcheinanderwirbelte.
»Bitte, erklär mir, was hier passiert ist, bevor ich zu dir nach draußen gekommen bin. Da war ein helles Licht, so grell, dass ich nichts sehen konnte. Was zum Teufel war das?« Romans Stimme klang jetzt ungeduldiger.
Langsam drehte Ash sich zu ihm um und seine silberfarbenen Augen hielten die des Anderen gefangen, als er leise antwortete: »Ich kann dir dazu nichts sagen.«
Er hob die Hand, legte sie an Romans Wange und strich ihm mit dem Daumen über die Lippen. »Und jetzt, geh wieder in dein Bett und schlaf weiter. Du musst das hier vergessen.«
Wie in Trance nickte Roman und lächelte, bevor er sich ohne ein weiteres Wort umdrehte und sich auf den Weg zurück ins Schlafzimmer machte.
Ash sah ihm noch einen Moment hinterher und lauschte, um sicherzugehen, dass sein Freund wirklich eingeschlafen war. Als er sicher war, drehte er sich wieder um, ließ den Blick ein letztes Mal über die Lichter der Stadt, die sich weit unter ihm erstreckte, gleiten, bevor er seine Flügel ausbreitete und mit einem Schmunzeln seinen Flug über die Häuser startete.
Er würde Roman irgendwann erklären, was er war ... wenn die Zeit dafür reif war.