"Ich war nicht, was man mir vorwarf", sagten die Worte über der alten Krypta.
Eine Gänsehaut zog sich über meine Haut und ließ die kleinen Schweißperlen förmlich zu Eis werden.
Seit 22 Tagen waren ich unterwegs gewesen. Die anderen aus meiner Gruppe hatten längst aufgegeben, dass wir hier in Deutschland auf so einen historischen Schatz stoßen konnten.
Ich war auf der Suche nach den Überresten von Vlad III. Drăculea. Der Drache. Der Pfähler. So nannte man das Mitglied des Drachenordens, welcher sich mehr oder weniger erfolgreich gegen die Osmanen verteidigt hatte. Geradezu grausam soll sein Gebahren gewesen sein und er ist der Ursprung all dieser Vampirlegenden.
Über seinen Tod ist nicht einmal bekannt, wann er genau war. Irgendwann zwischen 1476 und dem Anfang des folgenden Jahres, soll er im Kampf oder auf der Flucht gefallen sein.
Es gab sogar Gerüchte, nach welchen dieses Monster von einem Menschen durch Osmanen geköpft wurde, um das Haupt in Honig aufzubewahren und als Trophäe zu behalten. Aber vielleicht war auch dies nur ein Ammenmärchen.
Ich holte meine Taschenlampe hervor und betrat die schweigende Gruft, welche mit verschiedenen Schätzen dekoriert war.
Dennoch beschlich mich ein ungutes Gefühl. Ganz als würde jemand in meinem Nacken mir immer wieder zuwispern, dass ich umkehren sollte.
Würde sich das hier als wahre, letzte Ruhe dieses Fürsten herausstellen, wäre das nicht nur mein Durchbruch als Historiker und Archäologe. Es würde unzählige Wissenschaftler hier in diese vergessene Gegend bei Nürnberg bringen.
Plötzlich hörte ich etwas. War das Hufgetrappel?
Schon vor Tagen hatten wirre Legenden über einen Wächter der Gruft uns heimgesucht. Dorfbewohner sprachen von einer verfluchten Senke und einem Monster, welches die Ruhe seines Herrn schützte.
Kurz danach, als ich noch mit meinen beiden Kollegen zusammen war, hörte wir das Klappern von Hufen immer wieder.
Ihnen wurden diese langen Expeditionen in die Wälder langsam zu unheimlich. Aber vielleicht war auch das mein Vorteil gewesen. Ich musste nun die Anerkennung für den Fund nicht teilen. Auch wenn das Klackern der Hufe immer lauter wurde.
Einen langen Steinweg hinab in eine Senke folgte ich den Weg.
Die Worte über dem Portal hingen noch in meinem Verstand.
Natürlich kannte jedes kleine Kind schon die Vampirmythen. Dass diese oft auf Vlad III., der im Bunde mit dem Teufel gewesen sein sollte, zurückzuführen war, erschien mir auch nicht neu. Aber anscheinend leugnete er das bis über die Schwelle des Todes hinweg. Nur weshalb sollte er das tun?
Plötzlich kam ich in einen Raum. Er war schmucklos und bis auf einen verwitterten Lederband und einen aufgebahrten Sarg komplett leer.
Kurz warf ich, mithilfe meiner Lampe, einen Blick auf den stark korrodierten Lederband. Nur schwer konnte ich erkennen, nachdem ich vorsichtig die erste Seite aufgeschlagen hatte, dass dort stand in einer geschwungenen Handschrift: "Die Wahrheit über den Drachen der Walachei und den Teufel"
Mehr wagte ich unter dieser Umgebung nicht zu lesen, da ich befürchtete, die Seiten könnten zu Staub zerfallen. Zu sehr hatten die Jahrhunderte an ihnen genagt.
Gerade wollte ich mich dem Sarg zuwenden, da sah ich einen ungewöhnlichen Schatten im Augenwinkel.
"Flieh, solange der Teufel dich noch nicht verschlungen hat", wisperte eine kaum hörbare, mit starkem Akzent unterlegte, Stimme.
Jedes Härchen an meinem Körper stellte sich auf. Aber ich konnte nicht gehen, bevor ich nicht den Sarg untersucht hatte.
Vorsichtig versuchte ich den Deckel zu heben und überhörte dabei das erneute Getrappel der Hufe.
Ich drehte mich auch nicht herum, als ich das Schnauben des Pferdes hörte, so war ich von dem Anblick vor mir schockiert.
Die Leiche des Fürsten war komplett und in, für einen einbalsamierten Menschen, sehr gutem Zustand. Einzig die gigantische Stichwunde durch seinen Brustkorb machte mir Gedanken.
Wovon konnte sie verursacht worden sein? Für einen Speer oder Bolzen war sie zu groß. Fast, als hätte man ihn mit einem halben Baum gepfählt, sah dieses leicht groteske Bild aus.
Dann spürte ich nur noch Schmerz und wie mein Blut mir aus dem Mund in großen Strömen tropfte.
Ich sah nicht mehr, was mich da erwischt hatte. Aber bevor ich endgültig diese Welt verließ, hörte ich noch einmal das Getrappel von Hufen.