"Herzlichen Glückwunsch", riefen mir mehrere freudige Stimmen entgegen. Da waren lachende Gesichter von Freunden und Familie, nachdem ich gerade an einem stressigen Tag meinen Schlüssel auf den Tisch neben der Wohnungstür geworfen hatte.
Und natürlich das, was ich den ganzen Tag versucht hatte zu verdrängen. So viel Geburtstagsdeko mit dem Zahlen 3 und 0, dass wohl auch der letzte Weberknecht in meiner Wohnung begriff, was los war.
Ich hatte nicht vorgehabt zu feiern und deshalb eher missmutig diesem Tag entgegengesehen. Meine Liebsten freuten sich, weil ich scheinbar so überrascht war. Ich dagegen versuchte nicht zu weinen und mich aufs Klo zu verziehen.
Nennt es klischeehaft und peinlich. Aber für gewisse Frauen ist 30 eben nicht das neue 20. Es ist einfach der Beginn der 3. Dekade auf dieser Welt.
Grundsätzlich ist das nichts Schlechtes. Aber wenn auf Familienfeiern die alternden Tanten anfangen zu fragen, wann man denn endlich mal den Partner mitbringen wolle und ob ich schon Hochzeit und Kinder plane. Tja. Ab dem Moment merkt man, dass man alt wird.
30 war für mich immer uralt. Ist es noch heute. Ich bin jetzt eine Frau in ihren 30 ern ohne Partner, ohne Kinderwunsch oder länger anhaltende Jobs.
Welcher Chef wollte sich auch eine ungebundene Frau ans Bein tackern, die noch keine Kinder hatte? Ich bekam nur noch befristete Stellen, auch wenn ich qualifizierter war, als meine männlichen Kollegen. Aber die Panik vor einer plötzlichen Babypause, wurde mit jedem Jahr stärker. Die biologische Uhr würde ja angeblich bei jeder Frau ticken.
Manchmal fragte ich mich, ob ich wohl bessere Karrierechancen hätte, wenn ich mich sterilisieren ließe und in der Personalabteilung meine Krankenakte auf den Tisch knallen würde. Aber anscheinend war auch nur die Existenz einer Gebärmutter schon Grund genug, mich nach spätestens einem Verlängerungsvertrag wieder vor die Tür zu setzen und das bis zu meinen Wechseljahren.
Schlimm nur, dass ich von den Freundinnen, die heute natürlich alle nicht da waren, genau wusste, wie es mit Kindern aussah. Sie bekamen auch keine besseren Jobs. Es ist ein sexistischer Teufelskreis, der seit der Aufhebung des "Nonnenparagraphen", welcher die automatische Kündigung einer arbeitenden Frau, ab dem Tag ihrer Hochzeit, bedeutete, nicht durchbrochen wurde.
Ich lächlte, während Menschen mir gratulierten und ein Kuchen von irgendwoher geholt wurde. Weiße Creme und Erdbeeren. Ganz genau wie eine japanische Weihnachtstorte. Bis in die 80er Jahre war es in Japan noch gebräuchlich Frauen über 25 als Kurisumasukēki zu bezeichnen. Denn wer wollte noch am Tag nach Weihnachten eine Weihnachtstorte. Oder alternativ eine Frau über 25 Jahren, die noch unverheiratet und kinderlos war.
Wer das als sexistisch betrachtete, dem könnte ich noch tausend andere Beispiele unserer Gesellschaft bringen, die kein Stück besser waren. Mit 30 wurde man zur alten Jungfer, wenn man unverheiratet blieb. Statistisch sank die Chance, noch einen Partner fürs Leben zu finden und zu heiraten. Und auch wenn ich es gerne verdrängte, auch die Fruchtbarkeit, wenn man denn doch einen Kinderwunsch hatte, sank immer weiter und weiter.
Ich trank ein Glas Sekt auf Ex und lächelte. Doch innerlich war ich nur hohl. Für mich war dies kein Tag der Glückwünschen bedurfte. Eigentlich war es ein Tag zum Trauern.