Es war nicht nur ein Tunnel, der den Ring mit dem Hauptkomplex verband. Es mussten Dutzende sein. Wahrscheinlich waren sie über den ganzen Ring verteilt. Wir hatten beschlossen, dem verwahrlosten Kerl zu folgen, damit wir eingreifen konnten, falls er auf einen unserer Freunde traf. Dabei waren wir an einigen Räumen vorbeigekommen, die dem ähnelten, in dem ich angekommen war. Keiner enthielt Anzeichen dafür, dass dort kürzlich ein Gefangener angekommen war oder ein Kampf stattgefunden hatte. Schließlich erreichten wir einen Raum, der kein Tor auf der Tunnelseite mehr hatte, sondern einen Gang, der in die entgegengesetzte Richtung führte, noch weiter weg von der Zitadelle.
Wenn wir doch nur eine Karte gehabt hätten, am besten mit ausführlichen Erklärungen, wozu welche Räume dienten. Hatten wir vielleicht eine?
"Pass mal kurz auf, ich gehe die Infokarten in meinem Paket durch, mit etwas Glück ist da ein Lageplan des Rings mit dabei", kündigte ich an, als ich mich im Schneidersitz auf den Boden herabließ.
"Ich passe die ganze Zeit auf, keine Sorge", brummte Sergej zur Antwort.
Es befanden sich wirklich viel Informationen auf den Karten. Tagebücher, Statistiken und Zusammenfassungen von Ratssitzungen. Ich fragte mich, warum der Captain mir gerade diese Daten hatte zukommen lassen. Eine Karte fiel mir durch ihre besondere Machart ins Auge. Schwarz, mit goldenem Rand und dem goldenen Schriftzug 'Testament'.
Ich las die Daten mit dem Handschuh aus. Das Testament war von Thulius und bereits einige Jahre alt und sah die Weitergabe seines Besitzes, speziell aber einer Menge gesammelter Informationen vor, die er selbst als geheim eingestuft hatte. Am Schluss gab es einen neueren Eintrag, auf den Tag des Angriffs der Reformer datiert.
'Addendum:
Sehr geehrter Captain Lover,
Ich schätze die Dienste, die Sie in unserer Sache geleistet haben. Da ich das unbestimmte Gefühl habe, dass ich den heutigen Tag nicht überleben werde, habe ich die Version meines Testamentes, die speziell an Sie weitergeleitet wird, geändert.
Ich habe heute meinen Bruder wiedergetroffen, der mir vor Jahren genommen und vor mir versteckt gehalten wurde. Ich bitte Sie, ihn und seine Freunde zu unterstützen und ihnen die größtmögliche Hilfe auf der Suche nach der Wahrheit zukommen zu lassen. Diese Daten können einen Teil, wenn auch wahrscheinlich nur einen kleinen, dazu beitragen.
Hochachtungsvoll,
Thulius'
Ich dankte dem Captain in Gedanken für die Daten, verfluchte ihn aber gleichzeitig, weil er nicht verhindert hatte, dass wir hier gelandet waren. Ich hoffte nur, dass wir Moritz noch finden würden, damit auch er von dem Wissen profitierte, das ich in meinen Händen hielt.
Ich suchte weiter und fand schließlich ein Datenpaket, welches Baupläne zum Ring enthielt. Das war besser als nichts. Sie zeigte, welche Bereiche der Zitadelle sich an den Tunnelenden befinden sollten, von denen es tatsächlich mehr als erwartet gab. Damit konnte ich in etwa abschätzen, wo wir uns befanden.
Der Ring war laut den Bauplänen nicht als Gefängnis gedacht. Viel mehr als Forschungsstation. Ein Außenposten, mit Schleusen und Klimaräumen, um die Wechselwirkung neuartiger Entwicklungen, sowie modifizierte Pflanzen und Tiere mit der Außenwelt zu testen. Ich las die Durchnummerierung für verschiedene Biotope, die miteinander verbunden werden konnten, um einen Kreislauf zu bilden, der sich um den gesamten Turm zog. Das weckte eine kurze Erinnerung an den Zylinder und was am Ende dessen Kreislaufes tatsächlich gestanden hatte. Ein Schauer lief mir den Rücken hinab. Ich fand aber keinen Hinweis auf den Plänen, die auf eine Terraformerkammer oder Ähnliches hinwiesen.
Wir befanden uns jetzt am rechten Rand einer ganzen Tunnelgruppe. Theoretisch sollte sich der Gang weiter fortsetzen zu weiteren Tunneln, die zur Zitadelle führten. Weiter waren die Baumaßnahmen wohl nicht gekommen.
Wenn die anderen nicht den Eingangsbereich der Tunnel verlassen hatten, müssten wir auf sie stoßen, wenn wir umkehrten. Falls sie tatsächlich keine Hemmungen gehabt hatten, Kinder und einen alten Mann in den Ring zu schicken.
Sergej stieß mich unsanft mit dem Fuß an und holte mich aus meinen Gedanken.
"Was?" Ich blickte zu ihm und wollte mich schon beschweren, aber er bedeutete mir mit einer Kopfbewegung, in eine bestimmte Richtung zu schauen.
Ich blinzelte, um die Nachbilder der Informationen zu vertreiben. Waren das zwei Gestalten, die sich im Türrahmen vor dem Licht des Ganges abzeichneten? Dort, wo es in die Bereiche ging, die noch weiter von der Zitadelle entfernt waren.
Der Größere von den beiden trug Lederklamotten und eine Schürze, die mit Metallplatten beschlagen war. Der Kopf war von einer Schweißermaske bedeckt, auf dessen Visier das Licht in einem schmalen Bogen reflektiert wurde. In den Armen hielt er einen klobigen Apparat, wahrscheinlich die archaische Version eines Laserbrenners. Der musste verdammt schwer sein, denn er zog den Körper etwas in die Knie.
Die kleinere Gestalt war ebenfalls in braunes Leder gehüllt, das aber nicht weiter verstärkt war. Sie trug eine Fliegerkappe samt Brille mit runden, geschwärzten Gläsern. Der Rest des Gesichts verbarg sich hinter einem grünen Schal.
"Hi", begann die kleinere von beiden in einer fiepsigen Stimme, die auf eine Frau hinter der Verkleidung schließen ließ. "Wenn ihr euch benehmt, muss ich Brutus nicht von der Leine lassen."
"Solang ihr uns nicht bedroht, sehe ich keinen Grund, warum wir uns nicht zivilisiert verhalten sollten", entgegnete ich.
"Schön, schön. Also ich mach es kurz. Ich habe euren Fall beobachtet. Ihr seid weder Massenmörder noch Perverse. Offensichtlich habt ihr etwas gegen das Regime des Rates und des Sicherheitskorps. Alles Gründe, euch zu mögen. Meine Gruppe sucht noch Mitglieder, um gemeinsam gegen die weniger freundlichen Banden und Individuen, die hier hausen, bestehen zu können. Unser erklärtes Ziel ist, etwas Licht in die unzivilisierte Finsternis des Ringes zu bringen. Letztendlich vielleicht sogar diesen Ort wieder zu verlassen. Die Chancen dazu sind zwar verschwindend gering, aber den Informationen nach, die ich über euch habe, könnten sie, wenn wir unsere Kräfte und Fähigkeiten kombinieren, beträchtlich steigen."
Mir klappte die Kinnlade herunter. Auch Sergej sagte nichts, dessen Schweigen war aber eher der Normalfall. Diese Ansprache warf einige Fragen auf. Die Erste davon stellte ich langsam und mit einem deutlich merkbaren Abstand zwischen jedem Wort. "Du hast unseren Fall beobachtet?"
"Ja klar, das hier ist ja schließlich keine Höhle irgendwo in der Eiswüste. Alle größeren Gruppen mit einem Tek haben eine Möglichkeit gefunden, zumindest die Unterhaltungsströme der Zitadelle anzuzapfen. Ohne hätten sich hier bestimmt schon alle aus Langeweile abgemurkst."
Der Kerl mit dem Messer gehörte in dem Fall zu den Unglücklichen, die nicht in den Genuss von Unterhaltung kamen.
"Und wenn wir keine Lust haben, dir zu folgen?", fragte Sergej herausfordernd. Das war zwar nicht unbedingt hilfreich, aber halt seine Art.
"Hey, hey, hey! Ganz cool bleiben. Ich bin die Letzte, die euch zu irgendwas zwingt. Aber seien wir mal ehrlich. Wenn ihr unsere und vielleicht auch noch ein paar andere Einladungen ablehnt, wird das nicht gut ankommen. Ihr seid dann Konkurrenz für sie, vielleicht betrachten sie euch sogar als Feinde. Auf alle Fälle seid ihr dann den ganzen Psychos und harten Alleingängern ausgeliefert, weil ihr keinen Ort finden werdet, an den ihr euch zurückziehen und schlafen könnt. Es sei denn natürlich, ihr seid selber eiskalt und murkst kurz mal eine ganze Gruppe ab und übernehmt ihr Gebiet. Tut mir leid, aber diesen Eindruck hatte ich nicht von euch." Sie zog die Schultern hoch und streckte in einer entschuldigenden Geste die Handflächen nach oben.
"Selbst wenn wir uns dir anschließen wollten, sind wir momentan noch auf der Suche nach unseren Freunden", gab ich zu bedenken.
"Kein Problem. Da kann ich euch helfen. Ich finde es für euch heraus, wo sie sind."
"Wie das? Sie tragen keine ID-Chips", hakte Sergej nach.
"Du bist ja ein ganz Schlauer, mein Großer. Was denkst du, wie habe ich euch gefunden, wo ihr doch auch keine tragt? Hm?"
Ich sah, wie Sergej rot wurde und die Adern an seinem Hals hervortraten. Ich konnte spüren, dass er sie jetzt am liebsten übers Knie legen würde, richtete mich auf und berührte beschwichtigend seinen Arm. "Das ist vielleicht besser, als sie selbst suchen zu müssen. Wer weiß, wie lang wir in der anderen Richtung laufen müssen. Ich will sie auch so schnell wie möglich finden und das ist vielleicht der schnellste Weg."
"Na gut", brummte er.
"Wunderbar!", kam es fröhlich von der Pilotin. "Komm Brutus, wir haben heute Gäste, das müssen wir feiern! Folgt mir einfach, es ist nicht weit."
Ich verschloss mein Paket und wir holten zu den beiden auf, die sich schon in Gang gesetzt hatten.
Auf dem Weg zu ihrem Stützpunkt, Gebiet oder was es auch immer sein mochte, kommentierte sie die Umgebung im Stil eines Fremdenführers der Voreiszeit.
"Zu ihrer Linken sehen sie einen Gang. Dieser führt zu einer der fiesesten Banden, die dieser Planet je gesehen hat. Schon etliche unachtsame Touristen haben dort ihr Ende gefunden."
"Und es ist nicht gefährlich, einfach an dem Gang vorbeizulaufen?", versuchte ich in der Manier eines unwissenden Touristen in Erfahrung zu bringen.
"Nein, ich habe ihnen vor einer Weile ein Medienpanel repariert. Das Letzte, das ich von ihnen gehört habe, war, wie sie sich darum gestritten haben, wer das Programm bestimmen darf", erklärte sie lachend. "Wahrscheinlich sind sie inzwischen alle tot."
Das konnte ich mir vorstellen. Ich war als Kind, in meiner Zeit vor dem Eis, ab und zu bei den Nachbarn zu Besuch gewesen, um dort fernzusehen. Meine Eltern führten ein strenges Regiment, was den Medienkonsum anging. Das waren nur drei Kinder gewesen, aber die Entscheidung, was angeschaut wurde, kam einem Krieg gleich.
Ich fragte mich, was sie wohl angestellt hatte, um hier zu landen? Das Medienprogramm der Oberweltler sabotiert? Wenn die Folgen dort genauso schlimm waren, wie sie sich bei der Bande erahnen ließen, war die Inhaftierung sicher angemessen gewesen. So angemessen wie unsere.
Nach etlichen Abzweigungen, die ihre ursprüngliche Aussage, es sei nicht weit, Lügen strafte, kamen wir vor einer kleinen Tür zum Stehen. Sie hielt ihre Faust in Richtung der Decke, streckte den Daumen hoch und die Tür öffnete sich. Ich versuchte, zu erkennen, was sich dort befand, als sie hineinging. Eine Kamera sah ich nicht. Nur kahle Betonwände.
"Kommt ihr?" Sie hatte den Kopf wieder aus der Tür gestreckt, als wir ihr nicht gefolgt waren. Ich löste meinen Blick von der Wand und trat durch die Tür, Sergej dicht auf meinen Fersen.
Der Raum war in Wirklichkeit um einiges größer, als er mir jetzt erschien, da war ich mir sicher. Er war vollgestopft mit allerlei Technik und Medienpanels, von denen die meisten in Betrieb waren und den Raum in eine piepsende Lichtershow verwandelte, begleitet vom monotonen Brummen der Maschinen und Lüfter.
Brutus, der Schweißer lief auf einen Sockel an einer der Wände zu, stieg darauf, drehte sich zu uns um und lehnte sich mit einem Klacken gegen eine Aufhängung. Danach erschlaffte der Körper, ließ dabei aber den Laserbrenner nicht fallen.
"Das ist ein Roboter?", fragte ich ungläubig.
"Ja, Brutus ist sogar ein besonders toller Roboter. Jeder braucht schließlich jemanden, der ihm Gesellschaft leistet."
Ich sah mich im Raum um und entdeckte, dass ein Bett gab. Also war sie wahrscheinlich ein echter Mensch. Allerdings …
"Ich sehe hier nur ein Bett. Wo ist denn der Rest deiner Gruppe?"
"Nun", begann sie mit einer Spur Verlegenheit in ihrer Stimme, "meine Gruppe besteht bisher nur aus Brutus und mir."
Sergej stöhnte. "Komm, lass uns geh'n, verarschen können wir uns selbst."
"Hey, hey, hey! Wartet, doch. Ihr wollt, dass ich eure Freunde finde? Kann ich machen, kein Problem." Sie eilte zu einem Medienpanel, an das tatsächlich noch eine altertümliche Tastatur angeschlossen war, und ihre Hände flogen klackernd über die Tasten. Einige Bildschirme daneben erwachten zum Leben und spulten durch verschiedene Aufzeichnungen, die die Tunneleingänge zeigten. Kurz konnte ich eine Szene meines Kampfes sehen, dann sah ich Klara, Moritz und Numbaka, die einige Zeit vor uns, dafür alle gemeinsam, angekommen waren.
Eine Gruppe aus drei Männern erschien einen Moment später. Einer von ihnen, er war schon älter und ein weißer Haarkranz zierte seinen Kopf, ging auf Numbaka zu. Sie umarmten sich. Offenbar kannten sich die beiden.
"Mist, verdammter!", fluchte die Pilotin in ihrer piepsigen Stimme. "Warum hab ich das nicht mitbekommen. Jetzt ist er bei Ruiz."
"Du wolltest Numbaka in deiner Gruppe haben?", fragte ich erstaunt.
"Nein, Moritz. Er ist ein Genie! Die EMP-Bombe, die er nur aus Schrott gebastelt hat und euer anderes technisches Spielzeug. Er ist ein echter Traumke… was?"
Ich blickte sie mit großen Augen an. Sergej konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
"Hey, nichts gegen euch, ihr seid auch okay. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Frauen in eurem Alter gibt, die auf euch stehen, aber seht es ein, ihr seid ja fast schon Rentner."
"Lass, mich raten, du bist selbst erst zwölf, wenn du auf den Knirps stehst?", brachte Sergej hervor, als er sich wieder gefasst hatte, nur um gleich wieder loszuprusten.
"Eine wahre Dame gibt ihr Alter niemals preis!", entgegnete sie. "Außerdem bin ich alt genug, um auf mich achtzugeben, wie ihr ja selbst sehen könnt."
Zumindest das stimmte. Und so wie es aussah, waren die anderen in Sicherheit. Die Frage war, wie wir zu ihnen kamen.
"Dieser Ruiz, was ist das für ein Typ?", wagte ich einen zaghaften Anfang, ihr klar zu machen, dass wir nicht bei ihr bleiben würden.
"Was? Ihr kennt die Geschichte vom Ratsmitglied Ruiz nicht?"
"Na klar, El Robo, wer kennt ihn nicht?", antwortete Sergej und zog dann erstaunt die Augenbrauen hoch. "Sag bloß, das ist der Ruiz?"
"Natürlich nicht. Der ist, wie wir alle wissen, von den Siks hingerichtet worden. Das ist ein Enkel oder Urenkel von ihm. Der Stab ist von Vater zu Sohn in jeder Generation weitergegeben worden, wobei seine Nachfolger subtiler vorgegangen sind, als das Original. Der Ruiz, den wir jetzt bei uns im Ring haben, wurde dann genauso still und heimlich hierher verfrachtet."
"Numbaka schien ihn zu kennen, weißt du, wann das war?" Vielleicht hatte er ihn irgendwann mal erwähnt, aber ich glaubte, mich wenigstens nicht daran zu erinnern.
"Irgendwann nach Schließung des Tors."
"Was für eine Gruppe ist das, die er führt? Plant er auch, in die Zitadelle zurückzukehren und für Chaos zu sorgen?"
"Nein, was er macht, ist ziemlich langweilig. Seine Gruppe kümmert sich um die Schwachen und vermeintlich unschuldig Verurteilten. Bildet sie aus, um sich hier verteidigen zu können. Die haben einen der Agrarbereiche unter ihrer Kontrolle, in dem sie, zusätzlich zum Zeug aus dem Nahrungssynth, echte Lebensmittel anbauen. Sie sind stark durch ihre Anzahl."
"Aber langweilig?", bohrte ich nach.
"Ja, Mann, die wollen nichts bewegen, haben sich damit abgefunden, dass sie hierbleiben müssen. Wenn ich unschuldig hier eingepfercht wäre, würde mich das richtig sauer machen und ich würde noch mehr daran setzen, zurückzukommen und mich zu rächen."
"Du bist also nicht unschuldig hier?" Hörte sich in meinen Ohren zumindest nicht so an.
"Klar bin ich das. Ich bin nur hier, weil mich jemand nicht leiden konnte." Sie reckte ihr Kinn in die Höhe.
"Hört sich ja fies an", kommentierte ich diese Aussage, natürlich vollkommen wertungsfrei. "Nun, ich will ganz ehrlich sein. Nichts gegen dich, es gibt sicher Leute, die sich dir furchtbar gerne anschließen würden. In deinem Alter, weißt du? Aber wir müssen zu unseren Freunden. Siehst du das im Bereich des Möglichen, ohne dass wir deiner Gruppe jetzt schon eine feste Zusage machen?"
"Als Bonus bekommst du auch gleich den schnuckeligen Moritz zu sehen", hängte Sergej schmunzelnd an.
"Ahh, ich habe euch echt falsch eingeschätzt." Sie verzog den Mund. "Ihr seid wirklich fiese Schurken. Mann! Ja, was soll's, ich helf euch." Sie drehte sich zum Schweißer. "Hey Brutus, Aufladung beendet!"
Ihr Begleiter straffte sich und erhob sich von seiner Ladestation. Kaum hatten wir das kleine Reich der Pilotin betreten, verließen wir es auch schon wieder.
"Da wir jetzt etwas Zeit miteinander verbringen werden und ich eure Namen bereits kenne, wollt ihr doch sicher wissen, wie ich heiße."
"Wollen wir das?", fragte Sergej ironisch.
"Mann, ihr seid so fies!"
"Nein, das ist nicht ganz korrekt. Nur Sergej ist fies", wehrte ich mich gegen diese Behauptung.
"Du machst dir keine Freunde, Kumpel", sagte er scherzhaft und schubste mich beiseite. "Also raus mit der Sprache, Kleine, wie heißt du."
"Cassandra."
"Ein tragischer Name. Ich hoffe, du hast keine dramatischen Endzeitprophetien für uns", scherzte ich.
"Hey, mach mich nicht an, ich hab mir den Namen nicht ausgesucht."
Auch wenn es wirklich komisch war, vielleicht sollten wir jetzt aufhören, sie zu ärgern, wenn wir nicht aus Versehen im Gebiet der falschen Bande landen wollten. "Hey, alles cool, der Name ist wirklich schön." In Gedanken überlegte ich, ob ich noch hinzufügen sollte, dass Moritz ihn auch toll finden würde, beherrschte mich aber. Und noch mehr, bei dem Gedanken nicht zu grinsen.
"Ihr könnt mich auch Cass nennen, das ist kürzer." Sie hob ihr Kinn und marschierte vorwärts.
Wir folgten ihr und ich ließ meine kurze Zeit im Ring Revue passieren. Bisher ein Kerl, der mich killen wollte, eine junge Dame mit ihrem Wachroboter, die uns unterstützten, wenn auch aus zweifelhaften Beweggründen und eine Gruppierung, die sich um die Armen und Schwachen kümmerte. Alles in allem schien dieser Ort auch nicht viel schlimmer, als die Zitadelle selbst zu sein.