Ich rannte den Gang entlang und zog den notdürftig zusammengetackerten Bus hinter mir her. Unser Ziel lag in der Richtung, in der wir den Wasserzombies begegnet waren. Dass es dort passiert war, konnte kein Zufall gewesen sein. Wenn wir dem Gang folgten, würden wir das Tor zur Außenwelt erreichen, da war ich mir sicher.
Hinter mir hatte Moritz grimmig Stellung an der Microgun bezogen. Die Batterie des Fahrzeugs hatten wir kurzerhand aus der kaputten Motorhaube ausgebaut und direkt an Waffe und Kraftfeld angeschlossen. Cass lag zugedeckt auf der Rückbank, Brutus samt Laserbrenner auf dem Boden unter ihr.
Klaras Ratten sprangen neben mir durch das Wasser. Ich drehte meinen Kopf zu ihnen und fragte mich, ob sie nicht lieber im Trockenen sitzen wollten.
"Guck nicht so", rief Klara, die ihren Kopf auf der Fahrertür herausstreckte. "Das ist ihnen lieber, als in diesem wackeligen Schrotthaufen zu sitzen."
Irgendwo zwischen uns schwebte dann noch Cass' Kameradrohne, filmte alles und sendete das Material an alle Empfänger, die sich in Reichweite befanden. Sollte das Sicherheitskorps ruhig Angst bekommen und die Fans ihre Show.
Je weiter wir kamen, desto mehr zog sich das Wasser zurück. Das war vielleicht Sergejs Verdienst. Er hatte die beiden Wasserzombies vom Bus weggelockt, als sie kurz vor Brutus Ausbruch aufgetaucht waren. "Wartet nicht auf mich, ich komme später nach", waren seine letzten Worte gewesen. Heroisch, aber auch dämlich. Wer überlebt schon, wenn er so etwas behauptete? Ich hoffte, dass er zumindest mit irgendeinem Plan losgezogen war, wie er sie loswerden konnte.
"Ich schicke die Drei voraus, als unsere Kundschafter", brüllte Klara von ihrem Sitz aus. Wenn ich rannte, waren meine Schritte auf dem nackten Beton jetzt so laut, dass ich sie andernfalls nicht verstehen würde. Unser ComNet war im Eimer, das hatten wir ebenfalls Brutus zu verdanken, also konnten wir uns nur noch so verständigen.
Ihre drei Freunde aus dem Tierreich legten einen Zahn zu und überholten mich.
"Du hast ihnen noch keine Namen gegeben?"
"Nein, die sind mir ausgegangen. Weißt du, mit wie vielen Ratten ich die letzten Tage zu tun hatte? Wenn ich ehrlich bin, haben Ratten auch kaum Persönlichkeit, die sie voneinander unterscheidet. Anders als meine Schafe, die alle einen Namen bekommen haben."
"Schafe haben also mehr Persönlichkeit?" Ich konnte mir nicht vorstellen, wie viel mehr Persönlichkeit ein Schaf als eine Ratte haben konnte, aber ich musste zugeben, dass ich recht unbewandert darin war, was in den Köpfen beider vorging.
"Klar! Wenn du wüsstest, was die Schafe mir so erzählen. Es ist echt erstaunlich, was ein Schaf den ganzen Tag bewegt. Nicht nur, wo das saftigste Grün ist. Nein sie haben eine eigene Kultur und überlieferte Geschichten ihrer Urahnen. Sagen und Kriminalgeschichten könnte man daraus schreiben. Wahrscheinlich wissen sie mehr über die Zitadelle, als viele der Menschen, die darin wohnen. Sie können ja nichts aufschreiben und irgendwo verlieren. Sie müssen sich alles merken und weitererzählen."
"Aber vergessen sie die Geschichten nicht auch irgendwann?"
"Nein, die Herde in der Siedlung hat 53 Schafe. Die können die Geschichten nicht alle gleichzeitig vergessen."
Das klang ... logisch. So logisch, wie sich genau jetzt über Schafe zu unterhalten. Aber das war ein erfreulicheres Thema, als über Cass zu sprechen, oder sich Sorgen darüber zu machen, ob Sergej noch lebte oder was uns erwartete.
Klara erzählte mir mehr über ihre Schafe, aber meine Gedanken waren schon wieder in die Realität abgedriftet. Ich erkannte die Stelle, an der ich mit dem Wasserzombie durch die Wand gebrochen war, bremste und hob die Hand.
"Ab hier sind wir auf unbekanntem Gebiet", rief ich Klara und Moritz zu. "Jetzt müssen wir besonders aufpassen."
Langsamer als zuvor zog ich den Bus und beobachtete die Umgebung. Anstatt der ausgefallenen Kamerabilder flackerte in einem Teil meines Sichtfeldes inzwischen eine Kombination aus Radarbildern und Wärmeerkennung. Jedes Mal, wenn eine Ratte in Reichweite der Sensoren kam, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Das war anstrengender als erwartet. Aber es war nötig, wenn wir keine unangenehme Überraschung erleben wollten. Natürlich hatte ich mir auch das Bild der Kameradrohne aufgeschaltet, das aber mit einer Verzögerung von ein paar Millisekunden zu den anderen Bildern erschien. Einem normalen Menschen wäre das egal gewesen, aber mit der Hackeressenz tat diese Asynchronität beinahe weh.
Wir erreichten das Ende des Ganges, der in einem Tor mündete. Hoch und breit genug, dass der Bus hindurch passen würde. Noch ein Zeichen, dass wir hier richtig waren. Irgendwie musste damals doch das Plündergut der Schrottis in die Zitadelle verfrachtet worden sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie ihre Transporter draußen vor der Tür geparkt und alles per Hand hineingeschleppt hatten. Jetzt wo ich darüber nachdachte, ergab auch das große Rollgatter einen Sinn.
Ich legte die Hand darauf, nur um die Datenflut in meinem Kopf noch zu intensivieren. Der Bereich hinter dem Tor war mit Strom versorgt und die Kameras funktionierten. Nicht nur das, nein ich bekam auf einmal auch aus allen anderen Bereichen dieser Etage Daten. Hatten sie plötzlich die ganze Etage wieder aktiviert? Oder ... war es vielleicht Brutus gewesen, der uns auch in dieser Hinsicht sabotiert hatte? Vorher waren wir alle mit dem ComNet verbunden ...
Nun, es war sinnlos, darüber nachzudenken und hinter dieser Tür befand sich Wichtigeres. Es war tatsächlich die Halle vor dem Tor in die Außenwelt. Wir hatten unser Ziel erreicht. Ich blockierte für jeden außer mir den Sensorzugriff auf diesen Gang und die anliegenden Bereiche. Diese Etage gehörte jetzt mir.
Ein einziger Trupp Siks hatte vor dem Tor Stellung bezogen, Kisten und Barrieren aufgestellt, hinter denen sie hervor spähten und dieses Tor im Auge behielten. Das war also die letzte Bastion, die uns von der Außenwelt trennte? Eines der Gesichter kam mir bekannt vor. Die Frau, die unser Verhör geführt hatte, Majorin Melnikowa. Einer der Namen, die auf unserer Roten Liste stand.
War sie eine der Vetis? Waren es die Soldaten unter ihrem Kommando? Waren auch sie mit den Würmern infiziert, um unseren Waffen zu trotzen? Ich wusste es nicht. Sie hingegen wussten wahrscheinlich viel mehr über uns, nach all den Hürden, die sie uns in den Weg gelegt hatten.
Ich ging alle Geräte durch, auf die ich im Raum zugreifen konnte. Aber es war nichts dabei, dass uns irgendwie helfen könnte. Es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn sie in diesem Raum Kanonen installiert hätten, mit denen ich sie einfach umpusten könnte. Auch das Tor in die Außenwelt war nicht an das Netzwerk angeschlossen. Es half nichts, wir mussten sie selbst überwältigen und das Tor von Hand öffnen, wie geplant.
"Okay, es ist so weit", sagte ich. "Hinter diesem Tor ist unser Ziel und es wird von einem Trupp Siks verteidigt. Seid ihr wirklich bereit dazu? Es kann sein, dass es uns erwischt, genauso wie Cass."
"Ich bin bereit", sagte Moritz. Seine Kieferknochen traten hervor und er hatte die Augenbrauen zusammengezogen. Ich wollte definitiv keiner der Siks sein und vor deinen Lauf geraten.
Klara nickte nach einer Pause. Selbst nach all dem, was sie hier in der Zitadelle erlebt hatte, war sie doch eigentlich noch ein Kind. Das waren sie beide. Aber sie hatte es selbst gesagt und nicht unrecht. Wenn wir gingen und sie zurückließen, was würde dann mit ihr geschehen? Es gab nur noch den Weg nach vorne.
"Ich werde versuchen, das Feuer auf mich zu ziehen, aber ich weiß nicht, wie es ausgehen wird."
Ich sah mir noch einmal den Raum an und verfasste dann einen improvisierten Plan. Wir hatten einen richtigen Plan gehabt, aber der war gemeinsam mit Cass und Brutus gestorben. Jetzt da Sergej verschwunden war, fehlten uns wirklich die starken Kerle im Team.
"Klara, du bleibst in Deckung, so kannst du deine Ratten lenken, ohne direkt ins Schussfeld zu geraten. Moritz, wenn du die Microgun einsetzen willst, muss ich dich mit hineinziehen. Ich werde den Bus so drehen, dass du besser geschützt bist. Wenn dir die Munition ausgeht, ziehst du den Kopf ein oder haust ab. Verstanden?"
Die beiden nickten. Ich kratzte mit dem Zeigefinger einen Lageplan in den Beton neben dem Tor, mit den Positionen der Türen, der Verteidiger und Stellen, an denen Klara in Deckung gehen konnte.
"Ich werde das Licht zeitgesteuert abschalten und dich dorthin ziehen, bis es wieder angeht." Ich tippte auf eine Stelle auf dem Lageplan. "Danach laufe ich in einem Bogen weiter. Du kannst also sofort auf ihre Position feuern. Wahrscheinlich haben sie Brillen mit Nachtsichtmodus in ihren Anzügen. Der muss aber erst aktiviert werden und ihre Augen müssen sich daran gewöhnen. Das dauert nicht lange, aber jede Sekunde zählt. Dazu kommt noch der Überraschungseffekt."
"Meinst du nicht, dass sie schon wissen, dass wir vor der Tür stehen und uns hören?", fragte Moritz nach. "Spätestens, als du da an der Wand herumgekratzt hast, das war wirklich eklig ..."
"Dass wir hier angekommen sind, ist ihnen sicher nicht entgangen. Aber ich habe ihnen den Zugriff auf alle Sensoren in diesem Bereich weggenommen. Wenigstens ein kleines bisschen überrascht sollten sie sein."
Ich rollte meine Schultern und packte den Bus am Kuhfänger. "Seid ihr bereit?"
Beide nickten.
"Los!"
Das Licht erlosch, die Torflügel rasten auseinander und ächzten unter der ungesunden Geschwindigkeit. Sobald der Platz für mich und den Bus reichte, raste ich hindurch, in den Raum, der für mich im Dunkeln fast besser erkennbar war, als bei Licht.
An der passenden Stelle ließ ich den Bus stehen, in einem Winkel, der Moritz' Körper am besten vor den Schüssen der Siks schützen würde, und hastete mit weiten Schritten platschend davon. Ich hörte, wie der Kampf eröffnet wurde, sah das Mündungsfeuer der Siks. Sie schossen auf den Bus, Kugeln prallten mit hellen Pling-Tönen von der Panzerung ab und Energieladungen wanderten über das Kraftfeld, das sich für mich als weißer Halbkreis vom dunklen Hintergrund abhob. Beinahe wir der Mond am Nachthimmel.
Aber sie würden nicht mehr lange feuern, wenn ich sie erst erreichte. Ich würde mitten durch ihre Stellung rauschen, sie auseinandertreiben und ihrer Deckung berauben.
Das Licht ging an, als ich die halbe Strecke zu ihrer Position hinter mich gebracht hatte. Mit einem hochtonigen Sirren lief Moritz' Microgun an, ein Funkenregen sprühte von den Barrikaden auf und die Siks schmissen sich in Deckung. Mit so viel Feuerkraft hatten sie nicht gerechnet.
Aber sie gerieten nicht in Panik. Zwei hantierten an einem schwarzen Rohr herum und mein Scanner zeichnete mit einem gelben Rahmen seinen Umriss nach. Panzerjäger MK3 erschien neben dem Rahmen und ein Textfeld mit sämtlichen Informationen zu dieser Waffe. Mir war auch ohne sie klar, dass sie damit den Bus aufs Korn nehmen wollten. Wenn sie trafen, war das Moritz Ende. Kein Kraftfeld und keine Panzerung würden ihn retten. Wozu hatten sie hier drin so ein Teil überhaupt? Uns wollten sie daran hindern, das Tor zu öffnen, aber dann mit so einem Ding rumballern? Das war doch Wahnsinn! Wenn hier irgendwas explodierte und Feuer fing, drehten sie allen den Sauerstoff ab.
Ich legte einen Zahn zu, um sie aufzuhalten, dann ging ein Ruck durch meinen ganzen Körper. Meine Zehen waren an irgendwas hängengeblieben. Der Boden knirschte, gab meine Füße wieder frei und ich stürzte nach vorn. Zu spät, um mich noch abzurollen, stattdessen schlug ich mit der Schulter auf und pflügte eine Furche in den Boden.
Sollte der Boden nicht stabiler sein?
Ich sah genauer hin. Er glitzerte auf sonderbar vertraute Weise. Ja, das war kein Beton mehr, das war verdammtes Eis! Der ganze Boden war davon bedeckt und auch an meinen Füßen hing ein Klumpen. Wie war das Wasser so schnell zu Eis geworden?
Eines meiner Warnsysteme wies mich mit jetzt mit einem hellroten Rahmen um den Panzerjäger darauf hin, dass die Siks ihn gerade geladen hatten. Sie richteten ihn nicht auf Moritz. Gott sei Dank!
Nein, sie richtete ihn auf mich. Mist! Sie feuerten und ich konnte mich nur noch zusammenrollen und hoffen, dass das Kraftfeld auf meinem Rücken und meine Elefantenhaut die Explosion abfangen würden.
Der Druck presste mir die Luft aus den Lungen und selbst durch den Panzer spürte ich die Hitze die Explosion. Erst ein leichter Stich, wie der einer Wespe. Halb so schlimm. Dann flammte er auf dem Rest meines Rückens auf. Ich wurde davon geschleudert und biss die Zähne zusammen. Nach einem kurzen Flug durch die Luft, schlug ich wieder auf dem Eis auf, schlitterte weiter und erst die gegenüberliegende Wand bremste mich mit einem Schlag wieder ab.
Ich holte tief Luft und stöhnte. Die Schemadarstellung blinkte in allen Farben, so wie ein Glücksspielautomat, der sich erst entscheiden musste, welche Gewinnkombination er mir zeigen sollte. Aber ich war hier definitiv nicht der Gewinner.
Der Rückenschild war ausgefallen, das war nicht anders zu erwarten gewesen. Ein handgroßer Bereich der Panzerung in Höhe des rechten Schulterblattes fehlte einfach. Das musste so sein, denn dort war das Schaubild einfach tot. Ich bewegte meine Schulter und ein reißender Schmerz setzte ein. Warum musste ich das auch testen?
Ein Biocheck ersetzte das Schaubild des Anzugs und zeigte einen rotierenden männlichen Oberkörper. Ich hatte Verbrennungen am Rücken, Metallstückchen steckten in meiner Haut, Plastik war damit verschmolzen. Ich solle dringend ein MedCenter besuchen, riet mir das Analyseprogramm, würde mir bis dahin aber eine Dosis Schmerzmittel verabreichen. Das nahm ich dankend an. Ob ich jemals wieder ein MedCenter sehen würde, da war ich mir in diesem Moment nicht sicher.
Die Wirkung setzte schneller ein, als ich gedacht hätte. Ich rappelte mich auf, bevor sie auf die Idee kamen, nochmal auf mich zu schießen, und griff mir eine Kiste, die in meiner Nähe stand. Ich rannte zurück, auf die Siks zu, Kugeln und Blitzgewitter entgegen, die statt mir die Kiste durchsiebten. Dann warf ich sie der Verteidigungsstellung entgegen, wie eine Kugel beim Bowling.
Der Anzug fuhr automatisch Stollen an den Füßen aus, damit ich der Kiste nicht schlitternd folgte, die am Boden abprallte, sich im Flug überschlug und krachend zwischen den Verteidigern zu Boden ging.
Einer von ihnen verließ unvorsichtigerweise seine Deckung und eine Salve der Microgun peitsche ihn rückwärts der Wand entgegen. Zurück blieben nur ein schräger roter Streifen und ein schwarzer Klumpen, der reglos zu Boden rutschte.
Sein Kollege, der mit ihm gemeinsam den Panzerjäger bedient hatte, zog jetzt eine Pistole und begann auf mich zu feuern, wie die anderen beiden Siks. Das System registrierte die Treffer. Im Vergleich zur Rakete waren das aber nur Kratzer.
Ich sprintete nach vorne und krachte in ihre Stellung. Ich riss die Barrikade nieder und die Kisten, die sie als behelfsmäßige Verstärkung aufgebaut hatten, und begrub sie darunter. Ein Sik wich der Lawine aus und versuchte, zur nächsten Barrikade zu rennen. Ihn ereilte dasselbe Schicksal, wie seinen Kollegen zuvor. Ich betrachtete die Flecken und Spritzer, die sich über den Boden verteilten und auch, wenn ich die letzten Tage das Gefühl hatte, abzustumpfen, musste auch ich jetzt schlucken.
Ich riss meinen Blick los. Es stand keiner mehr. Sie lagen alle am Boden, bewusstlos unter den Kisten begraben oder tot. Mein Kopf rauschte dank dieser Szenen und der Betäubung, die vom Rücken aus meinen Nacken hinaufkroch.
Die Microgun war verstummt und eine von Klaras Ratten huschte mit einer Handfeuerwaffe im Maul davon. Gute Idee. Falls unsere Gegner aufwachen sollten, während ich in das Tor eingeklinkt war, würden sie mich mit bloßen Händen davon abhalten müssen.
Nachdem sich außer den Ratten niemand sonst mehr rührte, wandte ich mich dem Tor zu. Ich musste nur noch einen Schritt machen, bis es in Reichweite kam, und senkte die Hand darauf.
Plötzlich stieß mich etwas nach vorne. Etwas hatte mich an der Schulter getroffen, die dank der Rakete ungeschützt war. Ich spürte einen starken Druck, mehr nicht, denn das Betäubungsmittel leistete erstklassige Arbeit. Die Wand raste mir entgegen und ich musste mich mit den Armen am Tor und der Wand daneben abstützen, damit mein Kopf nicht dagegen krachte.
Es war echt schräg, das Betäubungsmittel musste so gut sein, dass ich nicht nur jegliches Schmerzgefühl verlor, sondern auch unbekümmert die sonderbare Szene mustern konnte, die sich mir in den Heckkameras bot.
Ein Speer aus Eis ragte aus den Trümmern der Verteidigungsstellung und endete in meinem Rücken. Eine Spur aus Blut kletterte langsam einige Zentimeter daran hinab und gefror dann augenblicklich.
Der Speer drückte sich tiefer in meine Schulter und erreichte knackend einen Teil meines Körpers, der noch nicht betäubt war. Ein Warnhinweis ploppte vor mir auf und eine weibliche Computerstimme wiederholte sie in säuselnd süßem Tonfall: "Lebensgefährlicher Schaden festgestellt. Systemschock erwartet. Künstliches Koma wird jetzt eingeleitet."
"Was? Nein, wie soll ich denn dann kämpfen?", murmelte ich schwach. Doch es war zu spät. Ich konnte nichts mehr dagegen tun, die Betäubungsmittel waren bereits in meinen Kreislauf abgegeben worden.
Stück für Stück wanderte die Gefühllosigkeit meinen Körper hinauf, beginnend an den Zehen, bis hin zu den Ohrläppchen. Am Ende reduzierte sich mein Bewusstsein allein auf das, was ich sah. Die verdammten Kamerabilder.
Ein Sprühnebel ging in einem Halbkreis um die Verteidigungsstellung herab. Es gab nichts, das man löschen musste, oder? Nein, das musste einem anderen Zweck dienen. Nur welchen Zweck diente Nebel, der sich langsam in eine Eiswand verwandelte, die vom Boden bis zur Decke wuchs?
Als ich vollständig davon umgeben und die Sicht in den Raum versperrt war, wurde es mir klar. Geschützt und von Moritz unbemerkt, kletterte eine Person aus dem Schutt und klopfte sich kleine Trümmerstücke von ihrem schwarzen Ganzkörperpanzer.
Es war Majorin Melnikowa und ein triumphierendes Lächeln umspielte ihre Lippen.