Prompt:
Ungeduldig blicke ich aus dem Fenster. Wo bleibt er nur?
Wir kennen uns kaum. Aber Ruven hat mir eine Überraschung versprochen. Aus diesem Grund bin ich so aufgeregt. Ich bin schlicht neugierig, was er sich ausgedacht hat.
Getroffen haben wir uns das erste Mal vor zwei Wochen. Ich hatte zusammen mit einigen Freunden einen der begehrten Stände des jährlichen Hallenflohmarkts ergattert und wir waren gerade dabei, nach Ende der Veranstaltung unseren übrigen Krempel wieder zu verstauen, als er mich ansprach und Interesse an einem alten Buch äußerte, welches ich gerade in der Hand hielt.
„Ein seltsamer Käufer, der erst kommt, wenn alles vorbei ist“, dachte ich mir noch, trotzdem wurden wir uns rasch einig. Unser Gespräch verlief so angenehm, dass ich ihm meine Telefonnummer gab, was sonst überhaupt nicht meine Art ist.
Letzten Samstag waren wir abends zusammen im Kino und anschließend noch kurz im angrenzenden Lokal. Er litt wohl an einer Magenverstimmung, wie er entschuldigend bemerkte, daher trank er nur ein stilles Wasser und wir verabschiedeten uns bald wieder. So habe ich nicht viel von ihm erfahren.
Ob er mir heute mehr erzählen wird?
Als ich gerade darüber nachdenke, klingelt es an meiner Türe …
...Im Flur schaue ich schnell noch einmal in den großen Spiegel, der direkt neben dem Eingang hängt. Aufgeregt streife ich meine feuchten Hände an meiner Jeans ab und greife zur Türklinke.
Ehe ich sie öffnen kann, spüre ich plötzlich jemanden hinter mir. Ich öffne den Mund um zu schreien. Blitzschnell legt sich eine Hand auf meine geöffneten Lippen. Ein Arm zieht mich an der Taille nach hinten in den Raum - weg von der Tür. Ich wehre mich mit aller Kraft, doch gegen meinen Angreifer bin ich machtlos. Ich zapple wie ein Fisch im Netz, ohne Hoffnung darauf frei zu kommen.
Ich spüre Bartstoppeln an meiner Wange und ein heißer Atemhauch streift mir übers Gesicht. "Hör auf dich zu wehren", flüstert eine dunkle Stimme, die mir auf seltsame Art und Weise vertraut vorkommt. Ich versuche mich ein Stück in Richtung des Fremden zu drehen um ihn sehen zu können, als er merkt dass ich ruhiger in seiner Umklammerung werde, lockert er seinen Griff um meine Taille ein wenig. Die Hand hält er mir weiterhin auf die Lippen gepresst. Trotzdem habe ich nun die Freiheit ihm ins Gesicht zu Blicken. Es ist Ruven. "Versprich mich, dass du keinen Laut von dir gibst, wenn ich die Hand wegnehme." Es klingelt erneut an der Tür. Ich nicke.
Vorsichtig löst er nun Finger für Finger von meinem Mund während er meinen Blick mit seinen tiefschwarzen Augen gefangen hält. Waren sie bei unserem letzten Treffen nicht noch blau? Der irritierende Gedanke verflüchtigt sich ebenso schnell wieder - wie er gekommen ist. "Was glaubst du eigentlich - was du hier tust?" Ich zische ihn wütend an und gehe einen Schritt zurück - weg von ihm. "Ist das deine Definition von Überraschung? Und wie bist du überhaupt hier rein gekommen? Bist du irgend so ein kranker Psychopath?" An der Tür klopft es - da erst fällt mir wieder ein, dass irgendjemand vor der Tür steht - der ganz klar nicht Ruven sein kann. Ich wende mich erneut in Richtung Tür um sie zu öffnen, doch Ruven hält meinen Arm fest. "Nicht." Ich blicke ihn an - ernsthaft versucht mein Versprechen zu brechen und einfach los zu schreien, aber in seinem Blick ist etwas, dass mich davon abhält. Seine Augen scheinen mich förmlich anzuflehen die Tür nicht zu öffnen. Das klopfen wird inzwischen immer lauter, aufdringlicher. "Es tut mir leid, ich hab versucht sie abzuhängen. Ich kann jetzt nichts erklären. Bitte vertrau mir - wir müssen hier weg."
Ein ohrenbetäubender Knall. Gefolgt von einer Druckwelle die mich mehrere Meter nach hinten auf Ruven schleudert hebt meine Welt aus den Angeln. Schmerzen. Ohrensausen. Dunkle Umrisse. Männer. Ein Kampf. Ruven. Ruven mit Flügeln. Moment mal - Ruven mit Flügeln?
Dann verlassen mich meine Sinne gänzlich. Ich gleite in angenehmes schwarzes Nichts. Stille.