Neuer Hoffnungsschimmer
Atemlos bahnte ich mir meinen Weg durch die dichten, grünen Dickichte des Internet- Plattformen Dschungels. So lange war ich nun schon auf der Suche. Meine Beine taten mir weh, mein Kopf brummte, wie das Cyberbienennest in dem Baum über mir. Welcher ausserdem, wie die andern mächtigen Bäume, behängt war mit Werbebannern, in allen Farben, Formen und Grössen. Ein unruhiges Gewusel und Gesumme, drang stetig an mein Ohr und ich war mittlerweile so müde, dass ich beinahe keinen Fuss mehr vor den andern setzen konnte.
Eng an mich gedrückt hielt ich eine, bereits vom Regen meines Elends durchweichte, Aktenmappe. Darin befanden sich meine grössten Schätze, meine Babys meine Gedichte, und Geschichten. Wohin damit? Ich fand einfach nirgends eine Bleibe für sie. Ich hatte mein Glück schon auf einem anderen Kontinent, der sich Internet- Homepage nannte, versucht. Doch je länger je mehr wurde mir bewusst, dass sich dort kaum jemand für meine geliebten Babys interessierte. Ich musste ein neues Heim für sie finden. Ein Heim, dass dann vielleicht auch für mich ein Heim werden konnte. So ging ich einfach weiter und weiter. Meine Tränen vermischten sich mit dem Regen, der unbarmherzig auf mich niederprasselte und die Kälte der heraufziehenden Nacht, kroch in meine Knochen.
Schmutz und pflanzensaft-verschmiert, sah ich in der Ferne auf einmal ein Licht, das wie ein warmer, tröstender Hoffnungsschimmer an meine müden, rotverweinten Augen drang. Was war das? Ich beschleunigten meinen Schritt, schlug recht uns links mit meiner Machete um mich, um mir den Weg zu dem heilsverheissenden Licht zu bahnen und dann sah ich sie: Eine hell erleuchtete Willkommenstafel worauf stand: «Welcome in Belle- Land»! Ich war so froh endlich ein Anzeichen von sinnverheissendem Leben zu erblicken, dass es mir egal war, ob hier nun Englisch oder Deutsch gesprochen wurde (es stellte sich dann heraus, dass beides der Fall war). Ich wollte einfach nur raus aus diesem elenden Dschungel. Meine Aktenmappe mit meinen Babys, hatte ich mittlerweile so gut es ging unter meiner, doch schon reichlich durchweichten, blauweissen Robe in Sicherheit gebracht.
Hinter der Willkommenstafel erblickte ich ein eindrucksvolles Haus. Oder vielmehr eine Art High-Tech Palast, mit zwei Balkonen und einem kegelförmigen Dach. Es bestand vorwiegend aus Glas und silbrigem Metall, doch die Balkone waren mit Blumen und Pflanzen geschmückt. Im nächtlichen Zwielicht konnte ich nur seine Umrisse erkennen. Und da war dieses wundervolle, helle, beinahe himmlische Licht, welches aus dem Haus strömte. Zögernd ging ich näher an das Gebäude heran und schaute durch die klaren Fensterfronten in sein Inneres. Im Erdgeschoss befand sich ein gemütlicher Raum, mit mehreren weichen, orangen und blauen Sesseln, ein paar runde, elfenbeinfarbenen Tischen und in der Mitte ein schmaler, kreisförmiger Pult, welcher sich um einen Baum mit wundervollen, gelborangen Blüten (es musste sich dabei um einen Art Tulpenbaum handeln, doch einer der nie aufhörte zu blühen), spannte. Ich schaute nach oben. Der Baum wuchs bis zur Spitze des Daches hinauf, da alles verglast war, hatte er wohl genug Licht. Der weiche Gras- Boden um den Baum war bedeckt mit bunten Halbedelsteinen in allen Farben und Formen. dazwischen blühten Blumen. Ach du meine Güte! An was für einem paradiesischen Ort war ich hier gelandet?
Es gab ein paar Leute hier. Einige waren in das Lesen irgendwelcher Bücher und Dokumente vertieft. Auf dem Pult standen zwei Computer. Vor einem dieser Computer sass eine hübsche, kurvige Frau, mit stark gelocktem, schwarzen Haar, dunkelrotem Lippenstift, ziemlich dunkel geschminkten einem paar gütiger, braunen Augen und einem runden Piercing oberhalb ihrer Lippe. Zögernd trat ich ein. Alle Blicke richteten sich sogleich auf mich. Ich musste ja wirklich elendiglich aussehen. Denn sogleich erschien tiefes Mitgefühl in den Augen der Anwesenden.
Die nette Frau hinter dem Pult kam hervor und legte eine warme Decke um mich, ohne viel zu sagen. Ihre Augen waren voller Anteilnahme. Sie nahm mir sanft die Mappe aus meinen klammen, kalten, fast schon in Todesstarre befindlichen Hände und sprach: «Hier sind deine Babys gut aufgehoben. Willkommen bei uns und… Just call me Kisha!»