König Alric hatte seine Berater in den Thronsaal gerufen, alle hatten sich verwundert dort eingefunden. Malwyn Raafe betrachtete die Situation mit Unbehagen, seine Frau hatte sich zu ihm gesellt und auch seine Tochter war angereist. Die Söldnerin, Catt, war in den Thronsaal gestürzt und hatte um eine dringende Audienz bei Alric gebeten, er fragte sich was das zu bedeuten hatte.
"Mein König!", die Elfe kniete vor ihm nieder "ich habe versucht die Befehle des Schlangenlords auszuführen, aber ich konnte nicht! Der weiße Tiger Yoricks..."
"Welche Befehle?", unterbrach Alric sie und wandte seinen Blick dann auf Malwyn Raafe. "Nichts was mit den Gerüchten über euren Sohn zu tun hat mein König!", antwortete dieser schnell. Alric erhob sich aus seinem Thron und lächelte in die Runde, er sah deutlich gesünder und glücklicher aus: "Macht euch keine Sorgen meine Freunde, mein Sohn ist bereits hier! Er wird gleich zu uns kommen!" Einigen Personen im Raum gefrohr bei diesen Worten beinah das Blut in den Adern, ein aufgeregtes Raunen erfüllte den Raum. Dieses verstummte sofort als Liam in einer klassischen Tracht des Hauses Zoi, einem weißen Hemd, dunkelblauer Hose und einem verzierten Gürtel mit dem Siegel des Tigers, den Raum betrat.
Liam hörte einige kurze Wortfetzen aus dem Beraterstab wie "ein Ebenbild seiner Mutter" und "Totgeglaubte leben ewig" und versuchte sich davon nicht beirren zu lassen. Er ging an der Versammlung vorbei zu seinem Vater, dessen warmes Lächeln er schon die letzten Stunden genossen hatte. Er war überrascht gewesen wie gut er und der Mann, der als Alric der Löwe bekannt war, sich verstanden hatten. Er hatte seinem Vater alles in Ruhe erklärt, dieser war weder böse weil er die Nordgeister bloß gestellt hatte, noch weil er Nayda Raafe fast getötet hatte um Vernon zu retten. Alric hatte sogar den Halbblüter herzlich willkommen geheißen und ihm für die Rettung seines Sohnes gedankt. Sie hatten zu dritt an Alrics Tafel gespeist und wurden dann neu eingekleidet. Auch Vernon hatte eine Tracht der Zoi bekommen, da er nun ja kein Mitglied der Schlangenfamilie mehr war.
Liam stellte sich neben seinen Vater und blickte in die vielen neuen Gesichter: "Hallo allerseits! Schätze ich muss mich nicht vorstellen!" Alric lächelte, die Art seines Sohnes gefiel ihm, er erkannte sehr viel von sich selbst in jungen Jahren in Liam wieder. Nayda Raafe sah ehrfürchtig zu ihm auf, auch wenn ihre letzte Begegnung alles andere als harmonisch verlaufen war konnte sie ihre Faszination für den Prinzen, der in einer anderen Welt groß geworden war, nicht ablegen.
Malwyn Raafe fand als erster der Berater seine Fassung wieder, er trat vor: "Mein König, um das Bündnis zwischen euch und der mächtigsten Familie des Landes, den Schlangenlords, zu stärken, sollte euer Sohn sich mit meinem Kind vermählen!" Liam grinste, er hatte mit diesem Vorschlag des Reinblüters gerechnet. "Mit größtem Vergnügen würde ich ein Kind von euch heiraten, Mr. Raafe. Aber leider ist ihr Sohn ein Mann, und ihre Tochter, wie soll ich es Höfflich... Ach ich bin nicht von hier, eure Tochter ist nicht ganz dicht!"
In diesem Moment betrat Vernon den Raum, Nayda zuckte beim Anblick ihres nun wieder gesund aussehenden Bruders zusammen und senkte beschämt durch Liams Worte den Kopf. König Alric nickte dem Freund seines Sohnes zu, dieser trat darauf hin vor ihn und kniete nieder. Der König zog sein Schwert und legte es auf Vernons Schulter: "Vernon, im Moment ohne Titel und Namen, verstoßen durch den Schlangenlord und eure Mutter Larelina Raafe, gequält durch eure Halbschwester Nayda Raafe. Ich möchte euch, auch ohne Heirat, in das Haus der Könige, Zoi, aufnehmen. Erhebt euch als Vernon, Retter des Vergelters, treuer Diener der Krone, und Prinz von Amergyn. Möge das Band, welches ihr mit meinem Sohn teilt, diesem Land eine neue Zeit des Friedens bringen!" Die Schlangenlords konnten die Worte des Königs nicht fassen, zu groß war die Scham vor den anderen Anwesenden. Vernon erhob sich unterdessen, und stellte sich an Liams Seite. "Mein König, junge Prinzen von Amergyn", ein älterer Mann mit langem weißen Haar trat hervor "ich von Adrian aus dem Haus Vadir, Bruder des Königs, Ehemann der verstorbenen Clarissa Zoi, Schwester der Königin. Meiner Tochter, Nica Vidar, wurde der Thron zugesprochen als man Liam Zoi für Tod erklärt hat. Wie kann man diesen Zwist lösen?" Malwyn Raafe schnellte nach vorne: "Wenn es zwei Anwärter auf einen Thron gibt, so muss ein Duell über ihn entscheiden!" Liam stimmte dem zu, aber Vernon sah darüber nicht besonders begeistert aus.
"Liam bist du sicher das du so ein Duell willst?", fragte Vernon "du kennst deinen Gegner nicht, denk an unsere Begegnung mit Catt, der Elfe, wir können eine andere Lösung finden!" Liam lächelte, er spazierte mit Vernon seit Stunden durch das endlos wirkende Schloss und dieser konnte nicht aufhören sich sorgen zu machen. "Ich vertraue meinen Kräften Vernon! Selbst wenn Catt die Nichte des Königs wäre würde ich gewinnen können! Schließlich kann ich mich voll und ganz darauf konzentrieren wenn du nicht in der Schusslinie liegst!" Vernon schüttelte den Kopf, so viel Selbstsicherheit war ihm fast schon unheimlich. Das Duell würde schon am heutigen Abend statt finden und Liam hätte sicher noch Wochen gebraucht um sich von den Strapazen mit Catt zu erholen.
Am Nachmittag spazierte Liam mit seinem Vater durch den Schlosspark, er war fasziniert von den vielen Bäumen und Blumen und der allgemein angenehmen Aura dieser Anlage. "Ich bin unheimlich froh das du Nayda Raafe nicht heiraten wirst!", sagte Alric mit einem Lächeln auf den Lippen "es freut mich, dass du deinen Willen so stark durch setzt und einen so großen Sinn für Gerechtigkeit hast, das erinnert mich an deine Mutter!" Liam lächelte aus ganzem Herzen, bei den Worten seines Vaters machte sich eine wohlige Wärme in ihm breit. "Wer wird mein Gegner sein? Erzähl mir von meiner Cousine!", er setzte sich ins Gras, und war überrascht das der König es ihm gleich tat. "Nica ist ein starker Charakter, viel kann ich dir nicht erzählen, außer das sie mit Schattenmagie arbeitet!", Alric überlegte "ich denke du solltest jemanden besuchen, es wird nicht lange dauern!" Er gab Liam einen versiegelten Brief, dieser öffnete ihn gespannt:
Sehr geehrter Liam, Vergeltung des weißen Tigers Yoricks, Zoi,
ich, deine Patentante Did Cinda, würde mich sehr über einen Besuch von dir im Wald der 1000 Gefahren freuen, ich bin jederzeit für dich verfügbar.
Beste Grüße,
Did Cinda
"Du hast sie am Friedhof mit Finn vom weißen Thron getroffen!", Alric erhob sich "es gibt ein Portal nach Elensar dort, sie hat den Brief in Begleitung des jungen Prinzen eine knappe Stunde vor deinem Eintreffen abgegeben!" Liam war überrascht, die alte Frau hatte sich nichts anmerken lassen. Und da war wieder dieses Land, Elensar, aus dem der Taugenichts Finn stammte. Wald der 1000 Gefahren klang auch nicht besonders einladend, trotzdem folge er seinem Vater auf den Friedhof zu dein Bäumen hinter welchen Did Cinda mit Finn verschwunden war. Dort schien sich die Realität selbst ein wenig zu krümmen, er sah von der einen Seite mehr Bäume, einen dichten Wald, und von der anderen den Friedhof. "Wir sehen uns beim Duell Vater!", Liam nickte Alric zu, dieser erwiderte das und klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. Er ging auf die seltsame Erscheinung zu, um ihn herum schien sich alles zu verändern. Liam fand sich auf einer wunderschönen Lichtung in einem alten Wald wieder, dort stand eine weiß gestrichene Holzhütte um die Schmetterlinge flogen. Als er genauer hin sah erkannte er das es sich um kleine Feen handelte, die aufgeregt um ihn herum tanzten. Er konnte sie nicht verstehen, aber sie schienen ihm etwas zu zu rufen. Liam betrat die Hütte und war überrascht über die innere Erscheinung. Rote Polstersessel standen im Kreis um einen weißen Tisch aus Holz, ein Kamin spendete mit seinem Feuer eine angenehme Wärme. Viele Kerzenständer aus einem ihm fremden Kristall standen an der Wand aufgereiht, der Rest war unter unzähligen Büchern begraben. "Du hast ja wirklich kein Benehmen, scheint eine Krankheit unter jungen Prinzen zu sein!", Did Cinda war hinter ihm aufgetaucht und hatte ihn beinah zu Tode erschreckt. Verlegen suchte Liam nach den richtigen Worten um sich aus diesem Schlamassel zu befreien, aber Did erlöste ihn mit einem milden Lächeln. "Wo habt ihr den blonden Frechdachs gelassen?", fragte Liam als er merkte das er nicht in der Nähe zu sein schien. "Er ist in Argenshire, einem von Krieg und Diktatur beherrschten Land südlich von Amergyn, er soll dort lernen was es heißt eine Stadt aufzubauen! Genug von Finn, Liam das Duell war eine hervorragende Idee!", Did wurde von Liam unterbrochen, dieser konnte nicht warten bis sie ausgeredet hatte: "Woher wisst ihr davon?" Did Cinda lachte herzlich: "Frag niemals eine der Weisen woher und ob sie weiß, das ist schließlich alles was wir können!" Liam musste sich mit dieser, für ihn nicht besonders befriedigenden, Erklärung zufrieden geben, er lies sie fort fahren: "Bei diesem Duell kannst du deine Kräfte genauer erforschen, all deine Fertigkeiten erproben und lernen wie man einen starken Angriff kontert!"
Unterdessen hatte sich Nayda Raafe mit ihren Eltern in deren Beraterzimmer im Schloss in Yoricksstadt zurück gezogen. "Dieser Junge, er war der größte Fehler meines Lebens!", wetterte Larelina Raafe und lies sich entnervt auf das schöne, mit schwarzem Samt überzogene, Sofa fallen, welches unter einem goldenen Wandspiegel stand. "Rede nicht über diese eine Schandtat, die du einst begangen hast meine Liebe!", Malwyn warf seinen Mantel achtlos auf das kunstvoll mit Tigerköpfen verzierte Himmelbett, auf dem Nayda sich einen Polster geschnappt hatte und an einer der vier Pfeiler lehnte "reden wir darüber was wir tun um diesen Frevel zu berichtigen!" Naydas graue Augen funkelten voller Hass, auch wenn sie den Prinzen nicht haben konnte, ihr Halbbruder sollte für die Schande die er ihnen beschert hatte teuer bezahlen. "Wir töten Vernon!", verlange sie "diesmal endgültig, und ich weiß auch schon wie! Vertraut mir Vater, ich werde euch nicht enttäuschen. Ich muss noch etwas holen, zum Duell werde ich zurück sein, ein paar Tage danach, auf der Siegesfeier, werde ich es tun!" Malwyn blickte seine Tochter lange an, er erkannte wie viel Hass und Entschlossenheit sie in sich trug, also nickte er: "Es darf nicht auffallen meine Liebe, keiner darf denken das wir es waren, sonst ist unser Ruf ganz und gar verloren!" Larelina nickte, sie wünschte sich nichts mehr als endlich den größten Fehler ihres Lebens zu vergessen.
Als Liam in der großen Festhalle, die mittlerweile zu einem Turnierplatz mit Logen umdekoriert worden war, erschien, bemühte er sich nicht zu sehr auf seine Umgebung zu achten, aber der hohe Raum machte ihn sprachlos. Von den Logen hingen die Banner des Hauses Zoi, am Rand hatte sich die halbe Stadt aufgestellt und beäugte ihn kritisch. Am Boden war eine weiße Markierung in Form eines Kreises angebracht, diese diente zum Schutz der Bürger damit niemand zwischen die Fronten geriet. Am Ende des Saals erkannte er seinen Vater und Vernon, welcher sogleich auf ihn zu rannte. Trotz der interessierten Blicke des Publikums warf er sich Liam um den Hals: "Ich hoffe inständig das du weißt was du tust kleiner Prinz!" Liam merkte wie er errötete: "Keiner Sorge, du musst auf deinen Platz zurück, die Leute kucken schon eigenartig!" Vernon klopfte ihm noch auf die Schulter und machte sich dann auf den Weg zurück zu Alric.
Liam schloss die Augen und atmete tief ein, er versuchte die Wortfetzen aus der Menge wie "er trägt nicht einmal eine Rüstung" und "ob er das überlebt, dann gewinnt der arme Alric zuerst seinen Sohn um ihn dann gleich wieder zu verlieren" auszublenden. Dann stieg er über die weiße Markierung, ein Gong ertönte, jeder außer ihm schien zu wissen wie dieses Duell ablaufen würde. Seine Gegnerin stand bereits in der Mitte des Raumes, als er sich ihr näherte konnte er erkennen das sie grüne Augen hatte, mehr war unter der silbernen Plattenrüstung nicht zu sehen. König Alric hob unterdessen sein Schwert: "Möge das Duell um den Thron von Amergyn, Yoricks Thron, beginnen, das Duell endet mit dem Tod oder dem Aufgeben von Liam Zoi oder Nica Vidar!"
Ehe Liam sich versah hob seine Gegnerin den Arm, der Boden sprang an manchen stellen auf und schwarzer Rauch erhob sich aus den Ritzen. Dieser bildete sich zu schwarzen Skeletten mit Schwertern aus purem Schatten. Liam wich zurück und versuchte sich zu konzentrieren. Er war an der Waffenkammer vorbei, ohne auch nur einen Blick auf die ihm zur Verfügung stehenden Waffen zu werfen, direkt in den großen Saal gegangen. Jetzt bereute er diese Entscheidung.