Stolz durchströmte seine Adern. Konzentriert behielt Jamal die Strecke vor sich im Auge. Seine Hände, fest um das Lenkrad geklammert, führten die Räder mutig über den hellen Strand der senegalesischen Küste. Er ließ sich nicht beirren und heftete sich an das Heck seines Vordermanns. Das Rennen hatte gerade erst begonnen und dennoch verlangte Jamal von Anfang an Höchstleistung. Von seinem Fahrzeug, seiner Erfahrung aber vor allem von seinem Verstand. Denn bei diesem Turnier ging es um etwas größeres als den Sieg über die Rivalen.
Sein Kontrahent hatte den Versuch, ihn in einem schmalen Winkel an der ersten Kurve zu überholen, durchschaut und die Lücke dicht gemacht. Für Jamal kein Beinbruch, er wusste um die Erfahrung des Piloten. Auf einem langgezogenen Sandstrand die Führung zu übernehmen war leicht. Was nun folgte, verlangte wirkliches Offroad-Können. Und Jamal, als der erste und bisher einzige afrikanische Pilot bei diesem wichtigen Turnier, kannte sich damit bestens aus.
Die beiden fast identisch wirkenden Fahrzeuge bretterten über einen schroffen Hügel und pflügten sich über den von den Testrunden weichen Untergrund. Um trockenes Gestrüpp vorbei, an kantigen Felsen entlang, forderte der Track alles von ihnen.
Dann gelang Jamal endlich das Überholmanöver. Er dirigierte das Fahrzeug in die richtige Position, peilte mit seinen Augen einen Punkt an und aktivierte den Turbo-Boost des mit Wasserstoff geladenen Elektroantriebs. Wie in einem Raumschiff, pressten ihn die Kräfte in den Sitz, doch er hielt das Lenkrad immer noch fest.
Das Manöver war erfolgreich. Jamal hängte seinen Verfolger ab. Konzentriert blieb er auf die Strecke fokussiert, nahm die letzten Hürden, kehrte zurück zum Strand und fuhr durchs Ziel. Dort angekommen, wechselte er mit seiner Teamkollegin, die bereits auf ihn wartete. Während des schnellen Pilotenwechsels lobte sie ihn: "Hervorragend, Jamal! Das war außergewöhnlich!"
"Danke dir, Melinda. Nutze den Vorsprung. Und pass an der dritten Kurve nach dem Strand auf. Die Piloten der anderen Ställe werden das nutzen. Gute Fahrt und viel Spaß!"
Zufrieden und noch mit hämmerndem Herzen stand Jamal am Streckenrand und schaute zufrieden seiner Teamkollegin hinterher, die genau in dem Moment weiterfuhr, als ihre Rivalen in der Wechsel-Box eintrafen. Ein gutes Zeichen. Der Sieg war sicher.
Jamal setzte sich vom Rennen ab, von der Aufregung und Spannung, von dem knappen Interview mit den Reportern. Er hielt den Helm unter seinem Arm und betrachtete die Wellen am Ufer. Sie spülten Müll an, Plastik, Dreck, Schund. Alles was nicht ins Meer gehörte.
Um ihn herum lag dieser Müll im Sand verteilt. Jamal zögerte nicht und begann vereinzelt herumliegende leere PET-Flaschen, Tüten und undefinierbare Plastikteile aufzusammeln. Innerhalb weniger Minuten hatte er einen respektablen Hügel angehäuft. Welch Schande.
Ein Schatten näherte sich ihm. Eine Kameradrohne flog fast lautlos über ihn hinweg, hielt einen Moment auf ihn und folgte dann der Küste entlang, bis sie sich wieder auf das Rennen konzentrierte.
Jamal schaute ihr lange nach und dachte nach:
"Hoffentlich schauen sich genügend Leute dieses Event an. Hoffentlich erkennen sie dadurch die Notwendigkeit, die Dringlichkeit und Brisanz von Umweltmaßnahmen. Hoffentlich können wir damit aufzeigen, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, um den Planeten zu retten. Nicht nur Senegal, sondern alle Strände sollen frei von Plastik sein. Packen wir es an. Es ist höchste Zeit."
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------
Mit dieser Kurzgeschichte möchte ich auf das dieses Jahr ersmals stattfindende "Extreme-E"-Turnier aufmerksam machen. Es ist nicht irgendein neuer Rennsport. Die Fahrzeuge der Rennställe, alles E-Fahrzeuge, fahren an den abgelegensten Orten der Erde. An den Küsten Senegals, wie in der Geschichte, in der Wüste Saudi-Arabiens und den Amazonas Brasiliens. Die Strecken sollen auf die Zerstörungen und Einflüsse des Menschen hindeuten. Zudem unterstützen Klimawissenschaftler vor Ort das Extrem-E-Team und befürworten diese Art der Werbung für Klimathematiken.
Eine Besonderheit im Extrem-E-Turnier ist zudem, dass es nicht nur einen Piloten gibt. Es werden zwei Runden gefahren, die erste von einem Mann, die zweite von einer Frau. Extreme-E steht also auch für die Gleichstellung der Geschlechter.
Wie die Fahrzeuge an die Rennstrecken kommen? Mit einem Schiff, der RMS St. Helena. Dieses 30 Jahre alte Forschungsschiff wurde komplett überholt und modernisiert, sodass sie möglichst emissionsarm betrieben werden kann. Modernste Diesel-Technologie (schwefelarmer Diesel wird in der Branche als "Champagner" bezeichnet) und ausgeklügelte Abschaltmechanismen, sorgen dafür, dass die St. Helena nur mit einem Motor fahren muss und manchmal sogar nur ein Segel verwendet.
Falls ihr Interesse habt oder mehr Infos wollt, zu den Teams, den unterstützten Umweltorganisationen, den Wissenschaftlern, den Fahrzeugen oder den Veranstaltungsorten, besucht die offizielle Homepage : https://www.extreme-e.com/
Das nächste Rennen startet in weniger als 36 Tagen. Seid dabei!
Zu erwähnen ist auch die Firma "AFC Energy". Sie ist Partner des Turniers und versorgt die E-Fahrzeuge mit grünem Strom aus Wasserstoffbrennstoffzellen. Modernste Technik im Kampf gegen den Klimawandel.