ANNA
Die Hoffnung in mir versiegt mit jeder Sekunde mehr und mehr. Jede Sekunde, die ich noch länger in Nathan`s Augen blicke und sich nichts verändert, lässt meine Angst wachsen. Doch dann, nach schmerzhaften Sekunden spiegelt sich etwas darin. Ein Leuchten. Feine Äderchen, die seine Augen verdunkeln. Seine Vampiraugen. Ich stoße die Luft aus und hoffe so sehr, dass er nicht nur wieder ein Vampir ist, sondern sich auch erinnern kann. Er muss einfach auf unserer Seite stehen. Er muss mir helfen. Er muss uns helfen Salivana zu besiegen. Doch plötzlich verschwindet dieses Licht wieder aus seinen Augen, die sich so sehr verdrehen, dass nur noch das Weiße darin zu erkennen ist. Er ringt nach Luft. Panik steigt in mir auf. Was habe ich gemacht? Ich muss ihm helfen. Packe ihn bei den Schultern und schüttle ihn. Ich flehe, ja schreie ihn an.
„Nathan. Bitte. Wir brauchen dich.“
Ich mache weiter. Versuche ihn irgendwie aus seinem Anfall zu reißen. Doch ich schaffe es nicht. Seine Lider schließen sich. Seine Atmung stoppt. Ich lasse ihn auf den sandigen Boden nieder. Versuche sein Herz wieder in Gang zu bringen. Meine Tränen haben sich soeben befreit und laufen über meine Wangen. Dann spüre ich einen harten Schlag, der mich nach hinten auf meinen Rücken fallen lässt. Die Luft wird aus meinen Lungen gepresst und ich ringe nach Luft. Es ist Marius. Er steht vor mir, blickt auf mich herab mit diesen abscheulich leeren Augen. Meine Wange brennt, als würde mein Gesicht auf eine heiße Kochplatte gedrückt werden. Ich versuche meine verbliebene Kraft zu bündeln. Doch, bevor ich mich konzentrieren kann, trifft mich ein weiterer Schlag in die Rippen. Ich keuche. Krümme mich vor Schmerz und als ich aufblicke ist es nicht mehr Marius, der es auf mich abgesehen hat, sondern Alex. Niemals hätte ich so etwas Abartiges von ihm erwarten. Anna, hör endlich auf zu glauben, er sei Alex. Und obwohl ich es weiß, so schmerzt es dennoch. Aber vor allem ist es der Schmerz, der sich durch meine rechte Körperhälfte zieht, der mich erneut nach Luft ringen lässt. Ich rolle mich auf meinen Bauch. Krümme mich vor Schmerz. Dennoch muss ich mich bewegen. Also grabe ich meine Finger in den sandigen Boden und stemme mich mit meiner verbliebenen Kraft auf meine Hände. Ein erneuter Schmerz hindert mich daran. Ein dumpfer Schlag auf meinen Rücken, der mich auf den Boden zurückpresst. Tränen dringen erneut aus meinen Augen. Es tut so weh. Ich kann mich kaum bewegen. Ich röchle. Keuche. Ringe erneut um Luft. Die Erde schiebt sich zwischen meine Finger. Meine Fingerspitzen fühlen die Feuchtigkeit. Blut sammelt sich unter meinem Gesicht. Ich brauche einen Augenblick um zu realisieren, dass es mein Blut ist. Ich spüre, wie es sich in meinem Mund sammelt und sich an meinem Mundwinkel ein Rinnsal bildet. Ich würge. Es kommt nicht aus meinem Mund. Ich bin dort nicht verletzt. Es muss von meinen Lungen kommen, denn ich spüre jetzt, wie es sich bei jedem Atemzug in meinem Mund sammelt. Ich bin ihm vollkommen ausgeliefert. Doch bevor er noch einen weiteren Schlag gegen mich richten kann, höre ich Salivana`s Stimme dumpf in meinem Kopf. Sie ruft Marius zu sich, dessen Stiefel sich darauhin bewegen und er ihren Anweisungen folgt.
Aber Alex, er ist noch immer hier. Mit einem festen Griff um meinen Oberarm dreht er mich auf den Rücken. Mein Körper sendet erneute Schmerzwellen aus und lässt mich gequält aufstöhnen. Dann treffen sich unsere Blicke. In seinem Blick erkenne ich nur Abscheu, Kälte, Dunkelheit. Als würde ich das dreckigste Wesen der Welt sein. Und dies ist einer dieser Momente. Einer, der einen prägt. Einer, der dafür verantwortlich sein wird, sollte ich das hier überleben, dass ich für immer dieses Erlebnis in mir tragen werde. In meinen Gedanken. In meinen Träumen. In meinem Herzen. Ich werde es immer und überall mit mir tragen. Doch ich weiß auch, dass ich nicht kampflos sterben will.
Daraufhin kniet er sich neben mich. Noch immer ist sein Blick auf mich gerichtet. Sein Gesicht ist so nahe, dass ich seinen Atem an meiner erhitzten Halsschlagader spüren kann. Und dieser Blick lässt meinen ohnehin bereits geschwächten Körper erstarren. Es ist dieser Blick von jemanden, der nicht davor zurückschreckt zu töten.
Ich weiß es. Er wird mich töten. Seine Hände legen sich um meinen Hals. Er drückt zu. Weitere Tränen laufen über mein Gesicht. Tränen des Schmerzes. Tränen des Verlustes. Es ist nicht er. Es ist nicht er. Es ist nicht er. Immer wieder sage ich diese Worte in meinen Gedanken. Ich ringe nach Luft. Umfasse mit meinen schwachen Händen seine Handgelenke. Versuche mich mit meiner letzten Kraft zu wehren. Doch die Tatsache, dass er immer stärker sein wird als ich, lässt mich erneut Schluchzen. Mein Blick verschwimmt. Ich röchle. Ringe immer noch nach Luft. Es ist nicht er. Es ist nicht er. Es ist nicht er. Ich will aufgeben. Lasse seine Handgelenke los und schließe meine Augen. Doch eine plötzliche Stimme in meinem Kopf ruft mir immer wieder zu: „Anna, denk nach.“ Es ist nicht meine Stimme. Ich weiß nicht welche Stimme es ist. Ich kann sie nicht zuordnen. Aber irgendwie lässt sie mich handeln. Meine Gedanken schwirren in einem wilden hin und her durch meinen Kopf. Ein letztes Mal versuche ich noch nach einem Ausweg zu suchen. Dann. Schnell und panisch lasse ich meine Hand zu meiner Hosentasche eilen. Die Tatsache, dass ich vergebens nach Luft ringe, lässt mich schneller handeln. Die Panik und das Adrenalin geben mir noch einmal Kraft und ich ziehe dieses Holzstück hervor, das mir David gegeben hat. So schnell ich kann presse ich es auf Alex`s Brust.
Ein verärgerter Blick von ihm, auf dieses Holzteil lässt mich zittern. Doch es klappt. Er wird schwächer und lässt von mir los. Ich drücke ihn mit meiner letzten Kraft zur Seite und er fällt auf den Boden wie ein Sack Kartoffeln. Ich versuche mich auf den Ellbogen nach hinten zu schieben, während ich noch immer nach Luft ringe. Dann versuche ich aufzustehen. Ich kann sehen wie Marius sich vor Salivana hinkniet. Ich muss sie aufhalten. Doch bevor ich weglaufe und ihn damit davon abhalten will, spüre ich eine Hand um mein Fußgelenk, die mich daran hindert. Es ist Alex. Die Wirkung der Waffe hat nicht lange angehalten. Er zieht mich zu sich und ich falle auf ihn. Seine Hände legen sich wieder um meinen Hals und sein Blick wirkt noch dunkler als vorhin. Und gerade, als ich aufgeben will, höre ich ein lautes Knurren gefolgt von noch lauteren Heulen. Alex hört es ebenfalls und bewegt seinen Kopf zur Seite um nach dem Ursprung zu suchen. Er ist abgelenkt. Irgendetwas klickt in meinem Kopf. Ein Instinkt. Dieser lässt mich handeln. Ich winkle mein Knie an und ramme es mit voller Wucht zwischen Alex`s Beine. Er lässt los. Er stöhnt und krümmt sich vor Schmerz. Dann ramme ich ihm meine Faust, vollbepackt mit meiner Wut in sein Gesicht. Ein Knacken ertönt und Blut strömt aus seiner Nase. Seine Augen verengen sich zu kleinen Schlitzen und füllen sich mit Flüssigkeit. Keine Sekunde später bereue ich es, denn meine Hand schmerzt wohl genauso, wie seine gebrochene Nase. Ich robbe von ihm weg und komme wacklig auf meine Beine. Ich will zu Marius. Will ihn aufhalten. Bevor ich ihn jedoch mit meinem geschwächten Körper erreiche, sehe ich Peter, wie er sich schnell auf Marius zubewegt. Salivana`s ungläubiger Blick schweift zu ihm und dann zu Lexa. Sie brüllt in diesem ganzen Chaos nach Lexa, welche mit zittrigen Händen versucht einen Kreis um sich, Marius und Salivana in die Erde zu zeichnen. Sie murmelt irgendetwas vor sich hin, während sich ihr Finger immer weiter in der Erde bewegt. Ich bin mir sicher, dass es nichts Gutes zu bedeuten hat. Und bevor sie den Kreis schließt, stürzt sich Peter auf Marius und zerrt ihn von Salivana und Lexa. Marius versucht sich zu wehren, aber Peter holt mit seiner Hand aus und schlägt ihm mit voller Wucht in sein Gesicht. Blut strömt aus Marius Nase und sein Kopf fällt nach vorne. So wie sein Körper in sich zusammensackt. Salivana versucht nach ihm zu greifen, aber sie schafft es nicht und macht den Eindruck, als würde sie nicht von Lexa`s gezeichneten Kreis weichen wollen. So, als hätte sie Angst. Ich blicke nochmals zu Alex, der noch immer wimmernd am Boden liegt. Danach zu Peter, der sich um Marius kümmert. Und ich, ich muss Lexa aufhalten. Also laufe ich los. Stürme auf sie zu. Will mich auf sie stürzen. Will sie daran hindern, dass, was immer sie da macht, nicht vollendet wird.
Doch kurz bevor ich sie erreiche, schließt sich der Kreis. Etwas Hartes presst sich gegen meinen Körper und wie von einem Energieball, werde ich zurück geschleudert. Ich versuche trotz der Schmerzen aufzustehen. Ich bewege mich erneut auf sie zu. Doch dieser Kreis erzeugt so etwas wie ein Schutzschild. Immer wieder prallt meine Hand zurück. Ich fühle wie Hilflosigkeit sich mit Verzweiflung mischt. Doch bei einem Blick auf Peter spüre ich plötzlich Hoffnung. Er hält eine kleine Box in seiner Hand, während er auf Marius hinabblickt, der vollkommen weggetreten ist. Dann nimmt er etwas aus dieser Box und keine Sekunde später rammt er seine Hand mit diesem Ding in Marius Brust. Zuerst glaube ich nicht, was ich sehe, doch seine Hand ist bis zu seinem Handgelenk in Marius Fleisch. An der Stelle, wo sein Herz schlägt. Es sieht so furchteinflößend aus, dass ich meinen Blick abwende und mich nach Luna umsehe. Dabei mach mein Herz einen winzigen Luftsprung. Denn ich sehe, wie Mike und David versuchen Luna zu befreien. Mike drückt sein Handgelenk auf Luna`s Mund und scheint ihr, mit seinem Blut helfen zu wollen.
Doch meine plötzliche Hoffnung gerät erneut ins Schwanken, denn ich sehe Wölfe, Salivana`s Wölfe, die sich um uns sammeln. Bereit zum Angriff. Bereit um zu töten. Mike und David lassen von Luna ab und versuchen ihren geschwächten Körper zu schützen, indem sie sich vor Luna angriffsbereit aufbauen.
Ich hingegen spüre unendliche Wut. Sie baut sich in mir auf wie ein Feuer. Jedoch werde ich erneut abgelenkt, als ich sehe, wie Peter Marius weiter wegzerrt und an eine Wand in dieser Gruft lehnt, bevor auch er von Wölfen umzingelt wird. Es sind einfach zu viele. Zu viele Gegner. Peter schafft es irgendwie die paar Meter zu Melina zu überbrücken und befreit sie von den Ketten. Marius liegt noch immer am Boden. Völlig leblos und ich stehe völlig ausgeliefert vor einem Wolf, der jetzt auch mich anvisiert. Sein Knurren lässt mich erstarren und mich unwillkürlich daran denken, wie sich die langen Reißzähne in mein Fleisch bohren. Angst kriecht meine Wirbelsäule hinauf, bevor mich Salivana`s Rufe nach Alex aus meiner Starre reißen. Sofort blicke ich über meine Schulter, doch Alex ist verschwunden. Er liegt nicht mehr dort. Ich würde mich gerne nach ihm umsehen, doch das erneute Knurren des Wolfes lässt mich aufblicken. Panik überkommt mich, als sich der Wolf auf mich zubewegt. Mein Atem ist schnell und ich spüre die Angst, die mir plötzlich Energie zu geben scheint. Und bevor mich die Spitzen seiner Reißzähne erreichen, hebe ich aus reinem Instinkt meine Hände schützend nach oben. Ohne, dass ich ihn berühre, wird er, so wie ich vorhin, von mir geschleudert. Als würde ich ihn mit einem Energiestoß von mir geschleudert haben. Ich blicke verwirrt auf meine zitternden Hände, bevor ich nach dem Wolf sehe, der jetzt leblos eine Meter entfernt am Boden liegt.
Verdammt, wie habe ich das jetzt wieder gemacht?
Hastig lasse ich meinen Blick nach den anderen schweifen. Ich sehe, wie Marius noch immer leblos an der Wand lehnt und so wie es aussieht versucht Peter Marius Körper zu verteidigen. Ich habe keine Ahnung was Peter mit Marius gemacht hat, aber ich hoffe, dass er ihn von Salivana fernhalten kann und sie somit nicht dieses Ritual vollziehen kann. Dann hätten wir gewonnen.
Dann blicke ich auf Melina, die sich schnell wieder erholt hat, wie sie sich neben Peter gesellt und sich mit ihm gegen die Wölfe stellt.
Dann schweift mein Blick zu Mike und David. Sie bemühen sich gerade darum Luna's geschwächten Körper zu beschützen und nehmen es mit vier Wölfen auf.
Sie alle kämpfen für die Gute Sache. Sie alle würden ihr Leben geben, um Salivana zu stoppen. Ich darf sie nicht enttäuschen. Also widme ich mich wieder Lexa und Salivana. Ich laufe soweit auf sie zu, wie es mir möglich ist. Ich versuche meine Kraft zu bündeln. Versuche diesen verfluchten Schutzwall zu durchbrechen. Doch dann spüre ich erneut einen Riss, denn ich blicke auf Alex, der die Hand von Lexa ergreift, die sie ihm durch den Schutzwall entgegenhält. Mein Herz bleibt stehen. Er wird von ihr ohne Probleme in diesen Kreis gezogen. Ohne weitere Zeit verstreichen zu lassen, kniet sich Alex vor Salivana, die noch immer irgendetwas vor sich hinmurmelt. Als sie ihre grässlichen Finger auf Alex`s Schläfen legt, kann ich den verzweifelten Schrei nicht zurückhalten. Ich hämmere mit meiner Hand auf diesen Schutzwall ein. Salivana`s Grinsen verhöhnt mich. Sie scheint mich zu verhöhnen. Was macht sie da? Sie wird Marius ersetzen. Diese verdammte Hexe.
Wenn sie es schafft, dann habe ich nie wieder eine Chance Alex zurückzubekommen. Sie muss aufhören. Also versuche ich mich zu konzentrieren. Ich richte meine Engerie auf diesen Zauber. Doch ein Knurren reißt mich erneut aus meinen Gedanken. Verdammt. Ein Wolf. Ich drehe mich um und blicke jedoch nicht in die Augen des Wolfes, der einige Meter entfernt ist, sondern in ein grünes und ein blaues Auge. Es hat funktioniert. „Nathan.“ Ich flüstere seinen Namen voller ehrfurcht und Freude. Er ist wieder ein Vampir. Seine Eckzähne, die nun aus seinem Kiefer schießen und die dunklen Äderchen um seine Augen lassen keinen Zweifel daran. Und auch meine Angst, er könnte noch immer von Salivana kontrolliert werden, verschwindet mit seinen Worten.
„Kümmere dich um den Zauber. Ich beschütze dich.“
Er ist gut. Er hilft mir. Nach einem Moment der Freude, widme ich mich wieder Alex. Ich muss es aufhalten. Sie darf Alex nicht in ein Monster verwandeln. Was, wenn es nicht funktioniert und sie ihn damit umbringt? Ich würde es nicht verkraften. Dann versuche ich es nochmals mit aller Kraft. Versuche meine Kräfte zu bündeln, so wie es mir Luna gezeigt hat. Ich versuche mich auf Alex zu konzentrieren. Stelle mir vor, wie ich durch diesen Schutzwall schreite und ich ihm seine Seele wieder gebe. Ich spreche die Worte, die ich mir eingeprägt habe. Worte, die bewirken sollen, dass Alex seine Seele zurückerhält. Denn er wird sich gegen Salivana zur Wehr setzen. Er wird es nicht zulassen und er kann sie aufhalten. Er wird sie aufhalten. Also spreche ich die Worte. Immer und Immer wieder.
„Was Dein ist, ist Mein und deine Seele ist Unser.“
Ich schließe meine Augen und versuche, die schrecklichen Kämpfe um mich herum aus meinem Kopf zu verbannen. Ich konzentriere mich nur auf Alex. Bis es auf meiner Brust zu brennen anfängt. Es ist derselbe Schmerz, den ich fühlte, als sich seine Seele auf meine Brust gebrannt hat. Doch ich gebe nicht auf. Ich kann nicht aufgeben. Ich muss durchhalten. Es wird funktionieren.
Der Schmerz wird fast unerträglich, aber ich muss durchhalten. Die Worte kommen immer schmerzerfüllter über meine Lippen, bis mit einem Mal die Schmerzen verschwinden. Schlagartig öffne ich meine Augen. Ein Blick zu Alex lässt mich hoffen. Hoffen, dass seine Seele bei ihm angekommen ist. Und dann. Ein wehmütiger Blick. Ein Glänzen in seinen Augen. Eine Träne in seinem Augenwinkel. Die Liebe in diesem Blick fesselt mich und macht mich so glücklich, dass ebenfalls Tränen aus meinen Augenwinkel fließen. Ich habe es geschafft. Er ist zurück. Wir können glücklich werden. Wir haben eine Zukunft.
Bevor ich mich jedoch weiter freuen kann, stoppt Salivana. Ich kann sehen, wie sich Alex's Augen verändern. Sie werden Dunkel. Fast schon Schwarz. Sein Kiefer tritt nach vorne und seine langen Reißzähne bahnen sich ihren Weg. Doch sie sind größer als sonst. Seine Knochen brechen und ich kann förmlich spüren welche Kraft sich in seinem Körper breit macht. Salivana hat es geschafft. Doch nicht mit Alex. Er wird sie vernichten. Ich sehe, wie er seine Hand hebt und zu einem Schlag ausholt. Doch bevor er auf Salivana's Gesicht trifft, lächelt sie zufrieden und bringt ein lautes „Stopp.“ über ihre Lippen.
Und er stoppt tatsächlich. Warum? Dann sehe ich es. Das Grausamste was sie mir und Alex antun kann.
Noch grausamer als dieses Ritual. Sie hat das Amulett zusammengesetzt. Das Amulett, dass ich geholfen habe, hier in diese Gruft zu bringen. Das Amulett, dass nun in vollendeter Form dafür sorgt, dass sie die Werwölfe kontrolliert. Ich bin verzweifelt, so wie die Worte die flehend aus meiner Kehle dringen.
„Nein. Alex. Bitte wehre dich. Bitte Alex. Ich liebe dich.“
Ich kann spüren wie seine Hand zu zittern beginnt. Doch er kann nicht. Er lässt sie zu Boden sinken und sieht mich mit einem wehmütigen Blick an. Fast so, als würde er Lebwohl sagen. Dann flüstert er über seine Lippen ein hauchzartes „Ich liebe dich.“ Als würde er mich jetzt, wo ich ihn wieder habe, verlassen.
Daraufhin spüre ich die Energie. Den Hass. Die Trauer. Die Wut. Die Verzweiflung. Meine Hände beginnen zu zittern, bevor sich Flammen in meinen Handflächen bilden. Plötzliche Zuversicht überkommt mich. Ich kann diesen Schutzwall durchbrechen. Um Alex zu retten kann ich alles. Also lege ich meine Hände auf diese unsichtbare Wand und lasse meiner Energie freien Lauf.
Ich erkenne plötzliches Entsetzen auf Salivana`s und Lexa`s Gesichtern. Sie scheinen nicht damit gerechnet zu haben. Doch ich habe das Gefühl, als würde ich erst anfangen. Ich fühle die Energie, wie sie durch den Boden in meinen Körper fließt und sich durch meine Hände entlädt. Ich fühle, wie die Wand unter meinen Fingern bröckelt. Ich habe es fast geschafft.
Doch bevor ich es endgültig durchbreche, höre ich Salivana erneut etwas murmeln und sehe wie sie etwas in den Boden zeichnet. Für einen Moment bin ich abgelenkt, um danach meine Energie zu verstärken und weiterhin gegen diese Wand anzukämpfen. Ich muss Alex retten. Ich kann ihn nicht dieser Hexe überlassen. Und dann, als ich spüre, wie es nachgibt, sehe ich, wie die drei sich vor meinen Augen in Staub auflösen. Ich falle nach vorne. Will an die Stelle eilen, an die eben noch Alex gestanden hat und falle auf meine Knie. Er ist weg. Sie hat ihn von mir genommen. Sie sind einfach weg.
Ich presse meine Handflächen auf mein Gesicht.
„NEIN. BITTE. NEIN. ALEX.“
Verzweiflung. Pure Verzweiflung. Es kann nicht wahr sein. Ein Schluchzen hallt an den Wänden in der Gruft wider. Mein Schluchzen. Alles um mich herum verschwimmt. Dunkelheit legt sich über mich. Ich habe ihn verloren. Ich habe es zugelassen. Habe zugelassen, dass er jetzt sogar seine Seele wieder hat und alles was sie ihm antut, auch spüren kann. Ich sollte sterben. Ich sollte Jetzt und Hier sterben. Ich sinke zu Boden. Kauere mich wie ein Kind im Mutterleib zusammen. Tränen rollen über meine Wange und versiegen im Boden unter mir.
Was habe ich getan? Was habe ich da nur getan?