Es war einmal eine Mutter, die viele, viele Kinder hatte. Jedes Mal, wenn sie ein Kind bekam, freute sich. Doch nach kurzer Zeit verlangte es sie, ein neues zu gebären. Ihr Gatte war überall und nirgendwo, und er liebte die Mutter und genoss ein Kind wie das andere. Jedes war ein bisschen anders als die älteren Geschwister. Sie alle bekamen ihren eigenen Raum, der ganz nach ihren Bedürfnissen eingerichtet war.
Schließlich waren alle Räume belegt, doch noch immer wünschte sich Mutter ein weiteres Kind, ein ganz besonderes. Ihr Gatte willigte ein und so gelangte das Jüngste in die Welt. Als es keinen eigenen Raum bekam, wurde es zornig und schrie, und begann, die älteren Geschwister zu ärgern, zu jagen und zu vertreiben.
Mutter gefiel dieses Benehmen gar nicht. Wie friedlich das Leben zuvor gewesen war - obgleich es immer mal Meinungsverschiedenheiten gegeben hatte. Dennoch liebte sie ihr Jüngstes wie die anderen.
Dieses fühlte sich jedoch benachteiligt und erfand jede Menge Gründe und Möglichkeiten, die Älteren zu bedrängen. Bald wandte es sich auch gegen seine eigene Mutter und fügte ihr schwere Wunden zu. Traurig ließ sie es geschehen und hoffte, dass es eines Tages erwachsen und friedfertiger würde.
Daran dachte es jedoch nicht. Je mehr es seine Mutter misshandelte, desto mehr wandte es sich auch von seinem Vater ab, bis es ihn schließlich ganz verleugnete. "Er ist ja doch nie da, wenn man ihn braucht", schimpfte es und drosch auf Geschwister ein und sperrte sie in enge Häuser.
Mutter grollte, Vater mahnte - doch es hörte nicht.
Eines Tages leugnete das jüngste Kind sogar seine Verwandtschaft mit den Geschwistern und seiner Mutter und behauptete, sie seien nur zu seinem Vergnügen da. "Es ist doch klar, WIR sind geboren um zu herrschen", redete es sich ein und zog zum Beweis heran, dass sich keins der Brüder und Schwestern wehrte oder Ähnliches wie es selbst vollbrachte.
Nun wurde Mutter so traurig, dass sie sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als ihren Tränen freien Lauf zu lassen. Sie hörten und hörten nicht auf zu fließen, schwemmten Gletscher fort und rissen Felsen mit sich und setzten viele der Räume unter Wasser, die zuvor von dem Kind beschlagnahmt worden waren. Sie bebte innerlich vor Zorn und schleuderte ihn in heftigen Ausbrüchen hinaus in die Welt.
Statt nun seine Mutter zu trösten, wurde das Jüngste zornig und fügte ihr noch mehr Wunden zu. Seinen Vater verleugnete es noch immer, da er nicht kam und half. Viele seiner Geschwister sind bereits gestorben, doch denkt es noch immer nur an sich und ist wütend, weil sich alle gegen es verschworen haben, wie es glaubt.
Wie es aussieht, ist es ein Märchen mit offenem Ende. Der Legende nach kann es sich nur selbst retten, wenn es sich mit seinen Eltern und Geschwistern versöhnt. Doch scheint es ungewiss, ob es diesen Schritt wagt.