Die Knochen im Garten
Ein Kaffee beim Nachbarn
Es war ein heißer Nachmittag im Juli, als uns die neuen Nachbarn zu einem Kaffee einluden. Ein Ehepaar mittleren Alters hatte das alte Bauernhaus auf dem benachbarten Grundstück gekauft und machte sich daran das seit Jahren unbewohnte Gebäude zu renovieren. Eine Herkulesaufgabe – aber sie waren damals noch recht optimistisch. Um das Haus herum wollten sie einen schönen Garten anlegen und dazu hatten sie die riesige alte Scheune abreißen lassen, die den Großteil des verbliebenen Grundstücks einnahm. Ich war schon seit Jahren neugierig, was sich in dieser Scheune verbarg und so nutzte ich die Gelegenheit, in den unaufgeräumten Trümmern die nun allmählich von Gras und Disteln überwuchert wurden herumzustöbern.
Es dauerte nicht lange, da fand ich zwischen den Steinen in der Erde das Bruchstück eines Knochens. Ich bin Biologe und war schon lange von Knochen aller Art fasziniert. Ich finde, man kann von Knochen, von Skeletten unheimlich viel lernen, wenn man sich mit ihnen beschäftigt. Und so hatte ich in meinem Arbeitszimmer eine schöne Sammlung von Schädeln und anderen Skelettteilen aller möglichen Tiere - von der Möve bis zum Rinderschädel. Mein Jagdtrieb war sofort erwacht! Ich holte mir einen Karton und begann die Trümmer systematisch abzusuchen. Tatsächlich fand ich ein Knochenbruchstück nach dem anderen. Mir war sofort klar, dass die Knochen alt waren, ich konnte aber kaum abschätzen, wie alt: 10 Jahre? 50 Jahre? 100 Jahre? Älter? Fossilien waren es jedenfalls nicht. Auffallend war auch, dass fast alle Krochen in Stücke zerbrochen waren. Fieberhaft überlegte ich, von welchen Tieren sie wohl stammten. Es musste sich auf alle Fälle um größere Säugetiere handeln. Ich dachte natürlich an die Reste von Mahlzeiten – etwa ein Spanferkel, möglicherweise ein Reh? Vielleicht war der alte geizige Bauer von dem mir erzählt wurde, dass er jahrzehntelang alleine in dem Anwesen hauste ja ein Jäger? Vielleicht waren es auch die treuen Hofhunde, die in der Scheune ihre letzte Ruhe fanden?
Allein – ich konnte die Knochen keinem Tier zuordnen. Schließlich suchte ich immer weiter nach eindeutigen Skelettteilen und so fand ich Rippenteile, Wirbelknochen, Teile des Extremitätenskeletts, des Beckens und schließlich auch Teile des Schädels und einen Zahn. Der Rest der Kaffeegesellschaft saß währenddessen im Schatten um amüsierte sich über den verrückten Biologen …