"Komm schon, gib mir eine Chance!" Meine Güte, der nervt so was von abnormal. Wie ein verirrtes Hündchen, dass seine Mami verloren hat, läuft er mir ständig nach. Hat er den keine Hobbys? "Boar Brad, zieh ab!!!" in meiner Stimme schwang sehr deutlich ein genervter Unterton mit. "Nein! Ich bleibe hier!" Wie ein kleiner Junge benahm er sich. Himmel, er war fast 18 und klang immer noch wie ein 8 Jähriger, wenn es um etwas ging, was er nicht bekommen würde. Ich zeigte mit einer Hand auf das große Holztor, das den Campus von der Außenwelt trennte. "Beweg deinen Knackarsch nach Osten du Affenarsch!!!" Okay... vielleicht hätte ich das mit den "Knackarsch" weg lassen sollen. Bei seiner Auffassungsgabe versteht er das sicher falsch. Doch Brad schien nicht mal zu registrieren was ich gesagt hatte. Seine Augen wurden auf einmal weiß. Also, so richtig weiß. Die Aura, die Pupille. Alles verschwand. Sein gesamtes Gesicht veränderte sich und vor mir stand nicht mehr der liebe und nette, aber ziemlich nervige Brad, sondern ein junger Mann dessen Augen zwar weg waren, aber dennoch auf mich gerichtet waren. Sein kirrer Blick durchbohrte mich. Es jagte mir einen furchtbar kalten Schauer über den Rücken. Vor nicht mal einer Minute sah er noch ganz normal aus. Mit gekämmten aber zerzausten braunen Haaren, blauen Augen die mich flehend anschauten und einem Lächeln im Gesicht. Doch jetzt war all das weg. Undefinierbarer Schmutz war in seinem sogenannten Gesicht aufgetaucht und hatte alles zunichte gemacht was ihn zu Brad machte. Ich wollte gar nicht erst wissen, was genau das da war. Ich wollte unbedingt weglaufen, doch meine Beine blieben einfach wo sie waren und ließen mich nicht einen Millimeter weg. "Es wird Zeit, dass du lernst zu gehorchen!" Seine Stimme war zu einem grauenhaften Gurgeln geworden und ich hatte Mühe es überhaupt zu verstehen. Blut ran ihm von den Lippen und floss in dünnen Linien zu seinem Kinn, wo es sich zu Tropfen bildete und hinab viel. Sie hinterließen rote Flecken auf seinen weißen Turnschuhen. Langsam kam er auf mich zu, die Hände nach vorne gestreckt, in höhe meines Halses. Und dann umfassten sie ihn. Kalt und Rau. Alles in mir zog sich zusammen. Ich versuchte weiter Luft zu bekommen, aber das Brad Ding presste meine Luftröhre viel zu fest zusammen. Die Schwärze tauchte an den Rändern meines Sichtfeldes auf und breitete sich aus. Das letzte was ich sah, war Brads Kiefer der sich öffnete. Aus ihm krochen Fingerbreite Lange Würmer mit Moosgrüner Haut und rotglühenden Augen. Und diese kamen direkt auf den meinen zu, der weit geöffnet war, damit ich noch Luft bekommen würde, falls der Druck um meine Kehle ich doch lösen würde. Doch das tat er nicht. Und so umschloss mich die Dunkelheit ganz und ich fiel in bodenlose Schwärze.