Nach einer unruhigen Nacht, in der sie kaum schlief und einem unterträglich langen Tag, machte sie sich gegen Abend auf den Weg nach „Klingenhügel“. Dies war ein kleines Dorf, südlich von Ogrimmar. Es war nicht weit, besonders mit einem Reittier war es ein Katzensprung. Xantina hatte gerade vor kurzem einen Reitwolf gekauft. Es war ein sogenannter „Terrorwolf“. Es gab auch andere Arten von Reitwölfen in allen Farben. Jener von Xantina war grau mit einem schwarzen Nackenfell und einem schwarzen Streifen über der Nasenkuppe. Seine Fangzähne waren lang und spitz und seine Augen leuchteten in einem unheimlichen Grün. Solche Wölfe konnten sehr wild und gefährlich sein, doch die Orc's verstanden es meisterhaft sie zu zuverlässigen Reittieren auszubilden. Wenn Xantina ihren Wolf den sie „Black Shadow“ nannte nicht brauchte, gab sie ihn in die Obhut eines Zwingermeisters, der genug Platz und Erfahrung hatte, um sich zuverlässig um das Tier zu kümmern. Die Wenigsten hatten genug Platz für so einen Wolf zu Hause, darum war Zwingermeister ein lukrativer Job im Reich der Orc's.
Xantina schwang sich in den roten, mit einem hellen Fell unterlegten Sattel und der Wolf setzte sich mit samtweichen Schritten in Bewegung. Xantina liebte das Reiten und trieb Black Shadow zur vollen Geschwindigkeit an. Der Wind pfiff ihr um die Ohren und es kam ihr vor, als sässe sie in einem Schaukelstuhl, so weich war der Gang des Tieres. Ein unbändiges Glücksgefühl durchströmte sie, auch im Hinblick auf die wichtige Aufgabe, die sie erwartete.
Sie ritt durch die vom Abendrot durchtränkte, trockene Ebene von Durotar. Durchquerte eine eindrückliche Schlucht, mit überhängenden, pilzförmigen Felsen die wie Blut und Milch schimmerten und erblickte schliesslich in der Ferne die Gebäude von Klingenhügel. Dies bestand aus zwei grossen Hauptgebäuden aus Stein, Haut und Holz und einigen kleineren Häusern, die alle im üblichen Stil gebaut waren.
Sie durchquerte das Dorf, das eher einem Weiler glich und die Landschaft veränderte sich nun zusehends, sie wurde flacher und es hatte weniger Berge. Xantina dachte an die Worte von Asurania: "Das Treffen ist bei einem mächtigen Baum, links von der Strasse, die nach Süden führt." Tatsächlich war der Baum schnell gefunden. Er hatte einen hellen, skelettartigen Stamm und eine hellgrüne, flache Krone. Xantina schaute in den Himmel. Gerade versank die Sonne wie ein feuriger Ball in der Ferne.
Das Herz der junge Orcin klopfte zum Zerspringen. Sie ritt zu dem Baum und stieg ab. Dann setzte sie sich am Fusse des Baumes nieder und wartete...
Gerade als die Sonne ganz verschwunden war und nur noch ein purpurnes Licht den Himmel über der nun schattigen Ebene erhellte, näherte sich aus Richtung Süden Schritte. Xantina erhob sich, spähte in die Dunkelheit und sah, wie sich ihr ein Mann in einer dunklen Kutte näherte. Die meisten ihrer Auftraggeber, trugen solche Kutten um unerkannt zu bleiben. Doch einige Merkmale liessen sie erkennen, zu welcher Rasse jemand gehörte. Aus dem etwas gebeugten Gang und den Silhouetten von Hauern, die unter der Kaputze kaum zu verbergen waren, schloss sie, dass es sich hier wohl um einen Troll handeln musste. Auch er erblickte sie nun und sprach leise: „Das Codewort?“ „Terkybelia!“ sprach Xantina und ihr Herz klopfte noch heftiger. „Alles klar. Dann seid ihr also die Assassine, die mir empfohlen wurde?“ Die Stimme des Mannes hatte den üblichen trollischen, etwas schleppenden Klang, doch man merkte, dass es sich wohl um eine etwas jüngere Person handelte. Das erstaunte Xantina etwas, denn sonst wirkten ihre Auftraggeber meist etwas älter.
„Ja, das bin ich. Wie lautet euer Auftrag?“ fragte sie. Der Troll reichte ihr ein Packet mit Geld und einige Utensilien, die ihr nähere Informationen über ihren Auftrag und ihre Reiseroute geben sollten. So konnte sie immer wieder nachschauen, was zu tun war. Der Auftraggeber begann nun mit seinen Erklärungen: „Euer Auftrag wird es sein, eine Menschenpriesterin zu töten.“ „Eine Priesterin? Das ist aber ein hartes Stück Arbeit!“ sprach Xantina. „Ich hoffe die Bezahlung ist entsprechend.“ „ Alles hier drin. Die eine Hälfte jetzt, die andere wenn ihr den Auftrag zu unserer Zufriedenheit erledigt habt.“ Xantina schaute nach und pfiff durch die Zähne, als sie das viele Geld sah, dass man ihr gegeben hatte. „Okay, das sollte vorerst reichen. Wohin soll es gehen?“ In die Düstermarschen, in die Nähe von Theramore.“ „Theramore!? Das ist vorwiegend Allianzgebiet! Noch ein schweres Stück Arbeit! Es wimmelt dort nur so von menschlichen Stützpunkten. Nun gut...wenn die Bezahlung stimmt...Wie heisst diese Priesterin und wo genau lebt sie?“ „Ihr Name ist Kybelia. Sie lebt zur Zeit in einem Haus, gleich nördlich vor den Stadtmauern von Theramore. An der Schreckensmoorküste. Lasst euch nur nicht von den vielen menschlichen Soldaten erwischen! Wenn ihr erfolgreich seid, wisst ihr, was eure Belohnung sein wird, neben... dem vielen Geld, das ihr bekommt. Ihr werdet ein Mitglied der Brennenden Klinge sein!“ „Das allein ist es mir allemal wert!“ sprach Xantina stolz. „Was ist das Vergehen dieser...Menschfrau?“ „Sie ist eine Abgesandte der Hohepriester von Sturmwind, lebt aber schon lange in Theramore. Sie hat dort eine wichtige Position bei Lady Prachtmeer's Bastion inne und es sich zum Auftrag gemacht, die Brennende Klinge und ähnliche Gemeinschaften bis aufs Blut zu bekämpfen. Sie hat schon einiges dazu beigetragen, dass unsere Abgesandten entlarvt und teilweise auch hingerichtet wurden. Alles... übrigens mit Thrall's Segen!“ „Thrall verfolgt die Brennende Klinge so vehement?“ „Ja, allerdings. Er hält sie für Abkömmlinge des Schattenrates, der einst verantwortlich für den Niedergang der Orcwelt war.“ „Aber das stimmt nicht!“ ereiferte sich Xantina „die Brennende Klinge will doch nur das Beste für das Volk der Orc's und hat doch nichts mit diesem...verderblichen Schattenrat zu tun?“ „Ihr und ich wissen das auch, aber da gibt es andere Meinungen. Jedenfalls ist diese Kybelia eine grosse Gefahr für uns und darum... muss sie beseitigt werden!!“ „Wie soll sie sterben?“ „Möglichst schmerzhaft und langsam...“ „Also Quälereien eingeschlossen? Ich mag das eigentlich nicht sonderlich, ausserdem... ist sie doch eine Priesterin.“ „Das tut nichts zur Sache! Sie ist einer unserer schlimmsten Feinde. Die Brennende Klinge will dass sie leidet.“ „Nun ich sehe, was sich machen lässt“, sprach Xantina kühl. „Überlasst das getrost mir. Ich werde euch und die Brennende Klinge nicht enttäuschen.“ „Und noch etwas“, fügte der Auftraggeber hinzu „nehmt der Priesterin den Ring ab, den sie trägt! Es ist ein goldener Ring mit einem blauen Diamanten. Bringt ihn mir, als Zeichen eures Erfolges!“ „Alles klar! Dann werde ich mich also schnellstmöglich auf den Weg machen.“ „Es befinden sich alle Informationen und nötigen Utensilien in den Unterlagen, die ich euch gab. Es ist auch ein Runenstein drin, mit dem ihr mich jederzeit rufen könnt. Viel Erfolg, bei eurer Mission für die Brennende Klinge!“ „Ich danke euch!“ erwiderte Xantina, dann schwang sie sich wieder auf ihren Wolf Black Shadow und ritt zurück nach Ogrimmar. Dort bereitete sie alles für ihre Reise in die Düstermarschen vor...