Sie wartete in der Dunkelheit, im Schatten der Mördergasse, gleich neben dem Hauptquartier der „Schüler der Schattens“. Dort wurden Leute ausgebildet wie sie, nur dass es sich hier bei den Schülern hauptsächlich um Blutelfen handelte. Sie war ja auch in Silbermond, der strahlenden Hauptstadt der Blutelfen-der Sin'Dorei. Es war kein Zufall, dass es sie gerade in diesen Teil der Stadt verschlagen hatte. Ihre Nachforschungen hatten sie hergebracht und nun wartete sie...wartete sie, einfach still in der Dunkelheit. Sie war kaum zu sehen, denn sie hatte den „Zauber der Verstohlenheit“ auf sich geworfen. Dieser liess sie beinahe ganz eins werden, mit der Umgebung. Das Zwielicht dieser Gasse half ihr noch dabei. Es machte sie praktisch unsichtbar und nur ein geschultes Auge konnte sie wahrnehmen und dann auch meist nur, wenn sie sich bewegte. Doch sie regte sich kaum. Sie kauerte neben einem alten Wagen, den man hier einst abgestellt hatte. Von hier aus hatte sie einen guten Blickt über die ganze Mördergasse, welche sich zwischen dem Sonnenhof und der Strasse der Urahnen befand. Silbermond war eine eindrückliche Stadt. Alles erstrahlte hier in den Farben rot-weiss- gold. Er gab hohe, edel geschwungene Torbögen, leuchtende Banner, die blutrot im Wind wehten, prunkvolle Brunnen, bunte Blumenbeete und reich verzierte Gebäude. Dort wo sie wartete, machte die aus weissem Gestein bestehende Mördergasse ein Knick abwärts und dort gelangte man durch einen Hintereingang ins Gasthaus von Silbermond.
Von dort würde er kommen! Er ging immer diesen Weg. Hier würde sie ihn erwischen. Hier würde er seinen Tod durch ihre Hände finden. Sie spürte keinerlei Reue oder Mitleid, denn er war ein Abtrünniger, einer der mit den Sehern von Shattrath der grossen Stadt, jenseits des „Dunklen Portals“ sympathisierte. Diese Seher hatten sich einst gegen ihr Volk gestellt und nun hatte man ihr den Auftrag erteilt ihn zu beseitigen. Sie wusste kaum etwas über ihre Arbeitgeber, doch sie vermutete stark, dass sich hier einige der ehrenwerten Blutelfen nicht die Hände schmutzig machen wollten. Ausserdem würde es schwierig sein herauszufinden, wer diesen Verräter umgebracht hatte, weil sie zum Volk der Orc's gehörte, die weit weg von hier lebten.
Dann endlich war es soweit, er kam! Scheinbar hatte er keinerlei Furcht und betrat die Mördergasse sehr selbstbewusst. Es war ein blonder Blutelf, mit kurzem Haar und einer lilafarbenen Robe bekleidet. Auf seinem Gesicht lag der übliche, leicht arrogante Ausdruck. Sie mochte diese Blutelfen sowieso nicht sonderlich. Einer weniger konnte nicht schaden. Sie kauerte sich etwa mehr hinter den Wagen und wartete, bis er ein Stück an ihr vorbeigegangen war. Dann setzte sie sich lautlos wie eine Katze in Bewegung, einen scharfen gekrümmten, absolut todbringenden Dolch in jeder Hand. Als sie ganz nahe hinter ihm stand, stiess sie zu! Sie spürte den Widerstand der Klingen die in weiches Fleisch eindrangen..., wie warmes Blut über ihre Hände floss. Sie machte eine blitzschnelle Bewegung und schlitzte ihr Opfer seitlich auf. Er wollte schreien, doch Blut schäumte aus seinem Mund und nur ein ersticktes Röcheln war zu hören. Seine Lunge war verletzt. Aber schon hatte sie den einen Dolch wieder aus seiner Seite gezogen, und diesen in einem Schwung nach oben befördert. Sie überkreuzte die beiden Waffen und schnitt ihm die Kehle damit blitzschnell durch. Es war ihr Geschäft als Assassine der „Bruderschaft der Schatten“: lautlos und schnell zu töten. Sie blickte sich vorsichtig um, dann wischte sie ihre blutverschmierten Waffen an der lilafarbenen Robe des Blutelfen ab.
Sie warf noch einen letzten kurzen Blick auf ihr Opfer. Blut quoll aus seiner Wunde am Hals und bildete eine im Zwielicht, seltsam schwärzlich- Rot schimmernde Lache. Auch aus seiner Seite quoll Blut. Sie hätte ihn auch nur mit einem Stoss ins Herz töten können, oder qualvoll zugrunde gehen lassen, wenn sie ihn nach einem Lungenstoss einfach hätte liegen lassen. Allerdings mochte sie unnötige Quälereien nicht so. Auch wenn man sowas auch schon von ihr gefordert hatte. Diesmal war es der Wunsch ihrer Auftraggeber gewesen, dass sie ihm die Kehle aufschlitzte und was man ihr auftrug das tat sie...sofern die Bezahlung stimmte.
Sie warf sich die Kapuze ihres dunklen Mantels über den Kopf und ging vorsichtig und unauffällig hinüber zum Sonnenhof. Dort befand sich der Sonnenzornturm mit der rosafarbenen Teleportations- Kugel nach Unterstadt. Von dort konnte sie dann den Zeppelin zurück nach Ogrimmar nehmen. Es war der einfachste Weg. Die Zeppeline waren für weitere Entfernungen gedacht. Sie flogen über das grosse Meer, zurück in die geliebte Heimat und niemand würde sie des Mordes an dem Blutelfen überführen können.
Xantina war sehr zufrieden mit sich. Der Teleporter brachte sie in die aus düsteren Gewölben bestehenden Unterstadt, wo die Untoten lebten. Die Untoten waren vor kurzem ein Bündnis mit der Horde eingegangen. Doch die meisten lebenden Wesen, darunter auch Xantina, schauten mit Argwohn, teilweise gar Abscheu, auf die seelenlosen Verlassenen. Nicht dass die Orcin sich Sorgen um ihre Seele gemacht hätte, aber so ein Dasein zu fristen, schien ihr das schrecklichste Los zu sein, das einem wiederfahren konnte. Dennoch bewunderte sie auch irgendwie die kühle Zielstrebigkeit, mit der die Untoten ihre Zwecke verfolgten. Es hatte auch etwas Gutes kein Gewissen zu haben...
Die Orcin verliess Undercity, durch zahlreiche ausgestorbene Räume und Gänge. Sie machte einen grossen Bogen um die grässlichen, aus verschiedenen Körperteilen zusammengesetzten Wächter, deren Eingeweide ihr entgegenblitzten und trat hinaus in die Ruinen von Lordaeron. Ein grüner Himmel spannt sich über den dunkelgrauen Gemäuern und Gräbern. Dieser Ort war einst ein Ort pulsierenden Lebens gewesen. Elfen und Menschen hatten hier gelebt, doch dann zerstörte die Untoten- Geissel fast alles Leben. Ausserdem gab es Gerüchte, dass unter diesem Land etwas Böses hauste, das einem mit der Zeit den Verstand rauben konnte. Nun... die Untoten vertrugen das ja. Xantina lächelte etwas bitter vor sich hin und begab sich dann zur Zeppelinanlegestelle. Diese befand sich in einem hohen, oben spitz zulaufenden Turm. Er war aus dunkelgrauem Gestein, wie das meiste hier in Tirisfal und um ihn herum, wand sich eine hölzerne Wendeltreppe. Es gab hier zwei Anlegestellen, die eine für das Schlingendorntal und die andere eben für Ogrimmar. Die Zeppeline wurden von den neutralen Goblins von Beutebucht betreut, die technisch sehr begabt waren. Sie hatten einst die Idee für die Zeppeline gehabt. Diese bestanden aus Holz und Haut und waren mit einem Art Leichtmetallgerüst verstärkt. Ein Propeller trieb die Luftschiffe, mit dem spitzen Bug an. Xantina reiste öfters mit diesen Zeppelinen, denn meist bekam sie viel Geld für ihre Aufträge. Das war mit ein Grund, warum sie diesen Beruf gewählt hatte...