Triell im Januar 2025
Der Plan
Die Blende trennte den etwas abgeschiedenen Tisch vom Rest der Taverne zur Rosigen Dryade nur unzureichend ab. Aber immerhin waren die Besucher heute Abend zu gut drauf, als dass sich jemand für die ernste Konzentration der Gruppe interessierte. Vier Personen standen oder saßen um einen Plan mit Grundriss, mehreren Notizzetteln, einem Zauberbuch und unzähligen Humpen und Gläsern in verschiedenen Stadien der Leere. Ein hoher, schlanker Drachengeborener stach aus den Umstehenden heraus, und die füllige Gnomin saß am oder eher lag halb auf dem Tisch.
Vor der Gnomin standen bald ein Dutzend Pintchen, und es zeigte sich an Celnis noch offenherzigeren Bekleidungszustand, der bei einer Klerikerin der Göttin der Lustbarkeiten immer etwas luftig war. Die drahtige ehemalige Wächterin Ryia war nur froh, dass die Klerikerin mit mehr Likör mehr beizutragen hatte, auch wenn es sehr laut wurde.
„Ach komm, Hexerchen, wer kann einem wunderköstlich angerichteten, duftenden, formvollendet aufgetragenen Gericht wie unserm Achbacher Auflauf schon widerstehen?“ Celni warf ihre türkisen, langen Locken nach hinten, was die blasse Schulter und noch mehr Hals freilegte. „Kein Gefängniswärter, das kann ich aus Erfahrung sagen!“
Galzra, dier angesprochene Hexerchen mochte von dem Argument vielleicht sonst überzeugt worden sein. Aber dieser Spitzname, den Celni sich nicht verkneifen konnte, ließ Galzra zuverlässig wütend werden. Sowas konnte sie einen Auftrag kosten, so wie der letzte Auftrag schief gelaufen war und sie hier nun versuchten, die Nüsse aus dem Feuer zu holen. Ryia rieb sich die Augen und grätschte in diese Diskussion ein, bevor die Wut aus Galzras grünen Augen das Bier sauer und den Wein korken ließ.
„Wir vertrauen darauf, dass dein Trank in dem Auflauf nicht seine Wirkung verliert.“
Ein Magen grummelte dazu. Es war ausgerechnet Ryias eigener, und das nachdem sie der Gruppe das Abendessen verwehrt hatte mit dem Argument „Mit vollen Magen denkt es sich schlechter“. Im Augenwinkel sah sie das Schmunzeln von Galzra und wie Celni versuchte unter den Tisch zu krabbeln, um nicht in heilloses Gekicher auszubrechen.
Seufzend versuchte sie daran zu glauben, dass der Plan passte. „… ich glaube, soweit haben wir alles. Wenn es nach Plan läuft sind wir morgen Nacht aus der Stadt und haben unseren Druiden wieder.“
Es war Ehrensache, Goderin aus den Kerkern der Fürstin zu befreien. Die Gruppe hatte sich erst vor zwei Wochen zu einem Auftrag in der Stadt zusammen gefunden und prompt war der Druide dabei den Unabwägbarkeiten zum Opfer gefallen. Davon abgesehen, dass die Abenteurer noch kein Geld sehen würden, konnten sie nicht riskieren, ihr Gruppenmitglied der Folter auszusetzen. Ryia wurmte es, dass sie weiterhin über die Identität der Fürstin der Waldstadt nichts herausgefunden hatten, aber sie konnten nicht länger warten. Heute war Tag Vier von Goderins Gefangenschaft, und aus ihrer Wächterausbildung wusste sie: länger hielten die Wenigsten die Folter aus.
Ihr Magen grummelte nochmal. Ja, das erklärte ihre angespannte Laune. Und wenn sie sich umsah war sie nicht die einzige. Die Leute waren hungrig (Galzra), unruhig (Ryia), leicht betrunken (Celni), wie auch immer man den verpatzten Auftrag kompensierte.
Dier Drachengeborene Galzra wirkte, als ob die hellgrünen Schuppen noch dunkler wurden – Ryia wollte nicht erleben, wie ein wasseraffiner Hexer hungrig UND genervt war. Sie fuhr sich durch ihre zurück geflochtenen, schwarzen Haare und sehnte sich nach nichts mehr als endlich aus ihrer Rüstung und in ein Bett zu kommen. Bei dem Gedanken ergänzte ihr Hinterkopf die Frage, ob der nächste Anmachspruch eine Schlägerei oder zerwühlte Bettlaken nach sich ziehen würde. Der Stresspegel war wirklich sehr hoch.
Einzig Frederick, der Feuermagier der Truppe, stand unbeeindruckt ob des späten Abends und der langen Diskussion am Rande der Runde. Bis jetzt hatte der Halbelf die Stupsnase hinter seinem kleinen Notizbuch versteckt und gebrummt, wenn er angesprochen wurde. Niemand machte sich darum Gedanken, seit Ryia ihn kannte war er sehr wortkarg gewesen. Gut, eigentlich hatte sie ihn nur seine Zauber sprechen hören.
Einmal durchatmend und die Schultern fallen lassend erlaubte Ryia sich zu entspannen. „Dann weiß jeder, was sie morgen zu tun hat?“
Celni glitt von ihrem Stuhl in die Aufrechte und fasste dabei in ihrer typisch ungeduldigen Art zusammen. „Jeder hat einen Teil von Besorgungen zu machen, am Nachmittag starten Galzra und du die Ablenkung, während ich versuche, unseren Magier rein zu schleichen und die Mahlzeiten zu würzen. Erkundung, Vorbereitung, Befreiung und Flucht um Mitternacht, Fluchtweg führt über die Klamm. Verehrteste“, rief sie leicht lallend in die Schenke mit einem laschen Winken. „Unser Abendessen bitte, Verehrteste!“
Ryia war sich nicht sicher, ob sie nicht doch die Anderen die Details wiederholen lassen sollte. Aber die Aussicht auf Essen erhellte bereits die Mienen, sie sollte die Moral nicht durch ihr Sicherheitsbedürfnis stören.
„Ja gut, wenn sonst nichts mehr zu überlegen ist -“
„Eigentlich hab ich da noch was zu sagen.“
Das Feiern im Schankraum und die laute Stimme der Kellnerin mit dem Kessel Eintopf und dem Geschirr auf den dicken Armen trat in den Hintergrund. Alle schauten sich um, sahen auf … Frederick ließ seine Hand sinken und trat an den Tisch. Das Notizbuch legte er sacht ab und fuhr durch seine kurz geschnittenen Haare, bevor er mit einer flinken Geste eine Hand voll marmorner Schachfiguren beschwor, ein leichtes Leuchten in seinen dunkelbraunen Augen.
Der Magier konnte reden. Ryia musste das erst mal sacken lassen. Dann dämmerte ihr, dass ihre Schüssel kalt werden würde, bis der Magier auch aufhören würde zu reden – die Gelehrten konnten so viel schwätzen, Frederick war sicher keine Ausnahme. Neben Hunger machte sich nun auch ein Funken Wut im Bauch breit.
Galzra ließ sich nicht beirren, schob Papiere zur Seite und den Topf auf den Tisch. „Ha. Jetzt sperrt eure Lauscher auf, der Magier redet, das ist immer wichtig.“
„Ach, was für eine hübsche Stimme“, säuselte Celni und lehnte ihr herzförmiges Gesicht auf ihren Hände, klimperte den Halbelf dabei an. „Hört man bei deinen Beschwörungen sonst nicht raus.“
„Pff, komm“, schnaufte Galzra, dier sich vom Eintopf auftat. „Eine glatte Stimme hat doch nichts mit Überzeugungskraft zu tun. Willst du ihn jetzt in die Ablenkungstruppe stecken?“
Celni erwiderte „Besser als ihn durchs Schloss zu schleichen“.
Ryia rieb sich die Augen.
„Das ist auch so ein Punkt“, schloss Frederick an, und Ryia entging der leicht entnervte Ton nicht. „Aber dazu komme ich später. Der Reihe nach: Was ist mit dem Wachwechsel hier, hier und hier?“
Er stellte zwei und zwei weiße Figuren an ihre geplante Position, um dann schwarze Figuren an die verschiedenen Wachposten zu stellen.
Ryia zog die ebenmäßigen Augenbrauen zusammen. „Seit wann ist am Stall ein Wachwechsel?“
„Hatte Goderin nicht gesagt, die Reittiere wären auch bewacht? Die Tiere hätten etwas angedeutet.“
Dem gab Ryia nach. „Ja, gut. Das werde ich nochmal auskundschaften, wenn ich die Wachrüstung habe. Die anderen beiden hab ich auf dem Schirm, Celni kann uns den Rücken frei halten.“
Schnaufend sah Frederick zur Halbling. „Sie ist vielleicht schnell, aber auch nicht so schnell.“
„Oh bitte, kein Neid“, winkte Celni mit dem Löffel ab. Ungestört machte sie es sich mit einer Schüssel gemütlich. Ryia entging nicht der hungrige Blick, den sie dem Eintopf zuwarf. Besser sie brachte die Diskussion zu einem Ende.
„Wir müssen uns auf die Wachen rund um die Kerker konzentrieren“, erklärte sie barsch. Dann zog sie auf dem Grundriss diverse Figuren hin und her. „Diese Wachen sind für euch zwei von Belang, lassen sich aber umschleichen. Die hier drüben sind das Ziel. Die anderen sind voraussichtlich genug mit Abendessen und den Gästen beschäftigt. Zufrieden? Gut, wenn das alles war können wir jetzt zum Essen – Was denn noch?!“
Frederick senkte seine Hand wieder und ein unterdrücktes Stöhnen breitete sich in der Gruppe aus.
„Das war mitnichten alles. Aber bitte, iss. Auf leeren Magen wird man schneller wütend.“
Das Auflachen konnte Ryia nicht unterdrücken. Torpedierte er hier grade ihre ansatzweise behauptete Führung?! Wie sie so etwas immer reizte, schon in der Wache hatte sie deshalb Probleme bekommen!
Atmen! Ryia stützte sich mit ausgestreckten Armen auf den Tisch und beugte sich zu Frederick, versuchte innerlich nochmal tief durchzuatmen. Dummerweise half das hübsche Gesicht des Magiers nicht dabei.
„Also, was hat der Herr Gelehrte noch zu hinterfragen?“
Er rollte nicht mit den Augen, sondern nahm sein Notizbuch hoch und las ab. Irgendwie war das schlimmer. Die Wut in Ryias Bauch krabbelte langsam ihre Wirbelsäule hinauf.
Frederick holte aus: „Wenn wir uns entsprechend einkleiden, wird Celni sich in der Küche ausbreiten und Stimmung machen, während Galzra sich um die Gerichte für den Kerker kümmert. Warum nicht gleich die Gerichte für alle Wachen würzen?
Dann bleibt die Frage, warum Ryia sich alleine mit den Wachen bekannt macht – Küche und Wache sind eingeschworene Gemeinschaften, und alleine dort Infos zu suchen macht dich nur zur Zielscheibe. Zu Zweit könnten wir uns gegenseitig Rückendeckung geben.“
Er ließ eine schwarze Figur aus den Gemächern der Fürstin entlang raus in den Hof laufen, das gleiche mit einer Figur aus den Wachzimmern. Am Eingang zum Kerker klopfte er mit dem Stein. „Ist Alchemistenfeuer nicht ein bisschen zu laut? Selbst wenn die Leute gemeinsam beim Abendessen feiern, ist das ein ungewöhnlicher Knall. Vom nicht kalkulierbaren Geschrei der Gefangenen ganz abgesehen.“
Die auf den Tisch aufgestellten Fäuste ballten sich unwillkürlich. Ryia war nicht sicher was sie mehr reizte: Fredericks Bedenken oder Galzras unbeeindruckter Blick auf den Magier, während sier den Eintopf löffelte. Oder Celni, die leise in ihre Schüsseln kicherte.
„Kommt da noch mehr?“, presste Ryia durch ihre Zähne.
Frederick blätterte eine Seite seines Notizbuchs hin und her. „Im Groben.“
Ryia stieß sich unter Geschepper von dem Tisch ab, musste sich einen Schritt weg drehen und innerlich schreien. Mit beiden Händen über ihr Gesicht wischend drehte sie sich wieder um, die Arme nicht ganz einig, ob sie sich verschränken oder wild fuchteln sollten.
„Ernsthaft? Wir haben nicht mehr viel Zeit, um Goderin noch am Stück oder bei Sinnen da raus zu holen! Wieso kommst du damit erst jetzt?!“
„Ihr wart so schnell mit dem Plan durch“, erklärte Frederick leicht missmutig, „ich kam nicht eher dazu?“
„Und beim letzten Plan hattest du keine Einwände?“
„Da hatte ich keine Gelegenheit, sie überhaupt noch anzubringen.“
„Weil du nie redest!“
„Wie auch, bei eurem Geschnatter?!“
Galzras Augenbrauen-Piercings hoben sich, selbst die Geräusche im Schankraum gingen einen Moment zurück, ehe die Lautstärke wieder anschwoll. Tief durchatmend setzte Frederick nochmal ruhiger an.
„Ich brauche eben einen Moment länger, um meine Gedanken zu sortieren, aber ihr wart dann schon völlig zuversichtlich rein gestürmt. Diese Aufträge mache ich zum ersten Mal und habe eben noch Fragen. Darf ich die jetzt klären?“
Hitze fuhr durch Ryias Körper, ließ ihre Gedanken rauschen und machte sie unsicher: War sie nun wütend oder beschämt? Ihre Arme verschränkten sich und halfen dabei, eine geschäftsmäßige Haltung aufrecht zu halten. Ihr Hinterkopf rechnete sie schon aus, dass das mit Frederick nicht lange gut gehen würde.
Mit dem Ruck ihres Kinns deutete sie ihm fortzufahren.
Das leise Aufatmen des Magiers entging ihr nicht. In dem Moment schlug ihre Waage Richtung Scham aus.
Ryia schelte sich eine schlechte Kameradin, dass sie einen Neuling so auflaufen ließ. Die Gruppe war kaum zwei Wochen zusammen und sie hatte sich nicht die Zeit genommen, sie alle besser kennenzulernen. Wut über sich selbst höhlte ihre Brust aus.
Galzra erklärte dem Magier den Preis für das Betäubungsmittel, das die resistenten Waldelfenwächter ausschalten konnte. Allerdings, wenn Frederick nach Alternativen fragte, vielleicht hatte sier da noch ein Kraut, das im Wachzimmer geräuchert sehr entspannend wirkte. Frederick nickte dazu, das würde die Sache sicherer machen.
„Wegen dem Alchemistenfeuer“, erklärte Celni, „es ist einfach das beste Zeug, dass diesen Job erledigen kann. Und wir sind ja gleich darauf verschwunden.“
Wie Ryia das Überlegen von Frederick beobachtete, wurde ihre Wut etwas taub. Er dachte ernsthaft über die Einwände nach, nahm nicht einfach die Erfahrungen der geübten Abenteurer hin.
„Aber wäre es nicht besser, wenn wir die Zellentüren, ich weiß nicht, wegschmelzen oder so? Gibt es etwas, das nur das Schloss knackt?“
Celni öffnete den Mund … um ihn dann überlegend zu schließen. „... dazu müsste ich meine Händlerin fragen. Und ich kenne den Preis nicht.“
„Es wäre tatsächlich vorzuziehen“, kommentierte Galzra.
Da Celni über diesem Thema tief in Gedanken und auf in Stuhl versank wechselte Frederick zum nächsten Thema. Blätterte kurz in seinem Notizbuch und versetzte dann die weißen Figuren. „Wie ich schon sagte halte ich es für ein Risiko, wenn irgendjemand von uns ganz alleine im Schloss unterwegs ist. Und mir ist nicht klar, warum ich rein schleichen sollte, wenn ich das nicht mit Selbstbewusstsein von mir behaupten kann.“
Galzras Nicken dazu nervte Ryia. Nicht direkt, weil das eigentlich ihre Idee war. Doch, natürlich auch, aber es blieb wieder die Frage vom Anfang: Wie sollte der Magier bei dem Zug dann am Besten eingesetzt werden?
„Bist du gut im Quatschen und die Fische aus dem Meer lügen? Du bist zwar ein Gelehrter“, und die Antipathie des Hexers war hier nicht zu überhören, „aber was ich bisher von dir gesehen habe lässt mich nicht glauben, dass wir dich durch die Vordertür gehen lassen sollten.“
Frederick gab dieser Beobachtung nach, wenn auch mit einem Blick gegen die Decke. „Schuldig im Sinne der Anklage, Ser Autodidakt. Ich habe auch nicht die Ambition, unserer Klerikerin die Bühne zu nehmen.“
Mit einem Zungenschnalzen deutete die angesprochene Klerikerin an, dass dies eine gute Entscheidung war.
Ryia rieb sich müde die Stirn. „Aber du kannst Unsichtbarkeit zaubern, das bringt dich bei Celni besser unter.“
„Den Gedanken streite ich auch gar nicht ab“, erwiderte Frederick mit einem besänftigenden Ton. Als ob Ryia ein Wolf wäre, den es zu beruhigen galt! … oh. Sie hatte den letzten Satz geknurrt, oder? Scheiße, die Diskussion musste ganz dringend beendet werden.
„Aber was wenn ich als Maus oder Krähe mit durch die Vordertür komme?“
Ryia blinzelte. Diesmal war es Celni, die von ihrer gebeugten Haltung aufschaute. „Das hast du drauf? Wie lange kannst du´s halten?“
„Zwei-drei Stunden“, antwortete Frederick vorsichtig, unsicher über das gefährliche Interesse der Klerikerin. „Ich muss dann ebenso lang ausruhen, bis ich mich wieder verwandeln kann.“
Ermutigt durch Celnis Nicken wandte Frederick sich wieder den weißen Schachfiguren zu und schob zwei hier, zwei dort hin.
„Lass uns also so tun als würde ich mit euch Zweien durch die Vordertür als Maus kommen. Ich kann die Fluchtrouten auskundschaften, während ich in deiner oder deiner Nähe bin.“
Ryia sah verwundert zu Galzra und Celni und war ein bisschen ungehalten darüber, dass … dass was? Dass er Ryia zutraute, sie würde sich alleine im Schloss bewegen können, wo er vorhin noch anmerkte, sie wäre allein unter den Wachen in Gefahr?
„Ich muss mir noch Bedienstetenkleidung organisieren, damit ich in meiner Regeneration nicht sofort auffalle“, fuhr Frederick fort, „aber in der Zeit kann ich euch die Infos weiter geben und wir können überlegen, wo ich noch gucken soll.“
„Gekauft“, antwortete Celni. Galzra brummte mehr oder weniger zustimmend.
„Es ist nicht so, dass das keine gute Idee ist“, lenkte Ryia ein und hoffte nicht wieder knurrend zu klingen. „Aber das alles, die Besorgungen, das weitere Auskundschaften, das kostet uns einen weiteren Tag! Goderin ist schon vier Tage in den Kerkern, die Waldelfen sind nicht als zimperlich bekannt!“
„Und der Kerl ist mehr Pappel als Eiche“, ergänzte Celni.
„Das ist mir nicht entgangen.“ Frederick klopfte auf sein Notizbuch. „Ich werde einen Zauber vorbereiten, der ihn notdürftig zusammenflickt, bis Celni seinen Körper und Geist in Ruhe heilen kann. Auf die eine oder andere Art“, rollte er mit den Augen auf das Kichern der Klerikerin.
„Dann mach das“, stöhnte Ryia. „Und wenn wir sowieso nochmal einen ganzen Tag darauf verwenden müssen, die Materialien zu besorgen, dann schreib noch einen Seelenfrieden-Trank und genug Süßzeug für meine Nerven auf.“
Galzra lachte herzhaft auf. „Für den Moment würde es reichen, wenn du nur isst.“
„Später. Und du!“ Ryia lehnte sich wieder an den Tisch und zielte mit dem Finger scharf in das leicht zerknirschte Gesicht des Magiers. „Verschaff dir Gehör, lass unsere Füße festkleben, wenn wir lospreschen – aber mach nicht wieder so spät! Wir können alles ausdiskutieren und einen besseren Plan machen, aber nicht wenn uns die Zeit davon rennt!“
Frederick versuchte sich an einem Lächeln, aber die Zähne blieben zusammengebissen und seine Arme verschränkten sich letztlich doch noch. „Ich versuche es. Willst du keine Schüssel nehmen? Dein Essen wird kalt.“
Barscher als sie sollte rief Ryia gegen die Zimmerdecke: „Geschenkt! Ist alles geklärt?“
„Hm … ich hab da nur noch eines zu sagen.“
Wie Frederick das Notizbuch aufnahm war es wie das Ziehen einer Waffe, nur unendlich nerviger. Ryia presste die Augen zusammen. Öffnete sie wieder und fixierte Frederick, weil der sich zu lange Zeit nahm.
Er lächelte derart entschlossen, dass es Ryia in den Magen schlug.
„Auf eine erfolgreiche Extraktion.“
Erleichterung flutete die Gruppe, Köpfe wurden stöhnend in den Nacken gelegt und „Hört Hört“ Gläser gehoben. Über allem breitete sich das etwas schüchterne Grinsen des Magiers aus. Er nestelte an seiner Tasche und zog eine Münze.
„Ich glaube ich schulde euch eine weitere Flasche Wein.“
Mit einem Mal stand Celni vor dem Halbelfen und pickte die Münze aus Fredericks Fingern. „Das kannst du laut sagen! Aber überlass das mir. Ich kenne deine Expertise in Sachen Spirituosen nicht, und diese Vorstellung verlangt nach einem gebührenden Getränk.“
„Vorstellung?“, lachte Frederick.
„Das erklären wir dir später“, grinste Galzra zufrieden, bevor sie die beiden letzten Schüsseln mit Eintopf füllte.
Frederick deutete in die Runde. „Ist jetzt keine Zeit dazu? Wir haben doch alles besprochen.“
„Glaub einer Klerikerin der Freuden: Dieses Gespräch ist geschmackvoller, wenn es ein paar Tage köchelt.“
Das Celni dabei einen kätzisch-vergnügten Blick auf Ryia warf, fiel der Kriegerin nur im Augenwinkel auf. Sie brauchte grade alle Willenskraft, um ihren Blick von Frederick loszureißen oder die Hitze in ihrem Gesicht unter Kontrolle zu bekommen. Eines unwahrscheinlicher als das andere.
Scheiße. Das Herzklopfen bei dem letzten Blickkontakt konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Reiß dich zusammen, Frau!
Unvermittelt schlug Galzra ihr ins Gesicht, so sacht das ein Drachengeborener konnte und so fest die Kriegerin es brauchte, um aus dem Bann gerissen zu werden. Die Wange mit den roten Striemen reibend murmelte Ryia „Danke“.
„Du hattest es nötig“, antwortete dier Hexer süffisant. Endlich konnte Ryia sich auf einen Stuhl fallen lassen und zog ihre Schüssel zu sich, fing dabei aber nochmal den amüsiert, fragenden Blick des Magiers auf. Schnell konzentrierte sie sich auf ihre Mahlzeit und vermied es den Rest des Abends, Frederick anzusehen.
Wie dieser Plan letztlich aufging?
Der Druide war nicht im Kerker und jede Planung dahin. In der Panik, ob sie andere Gemächer oder den Friedhof durchsuchen sollten, wurde die Truppe schließlich festgesetzt. In die Kammer der Fürstin geschoben fanden die Vier sich in einem kleinen, dicht bewachsenen Gewächshaus. Und Goderin ziemlich zufrieden auf dem weichen Gras fläzend, die Fürstin – eine Dryade?! - noch zufriedener halb über ihn liegend. Die Reaktion der Gruppe war erstmals einig wütend über den Druiden-Dungeonmaster.