In meinem Hotelzimmer angekommen, noch immer schnaubend vor Wut, schleuderte ich die unbequemen High Heels in die nächste Ecke als seien sie die Wurzel allen Übels. An die kühle Zimmertür gelehnt ließ ich mich erschöpft auf den Boden sinken. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und mein Kopf kam vor lauter Gedanken, Eindrücken und Geschehnissen schon gar nicht mehr hinterher. Langsam wich die Verärgerung über Mason einer tiefen Traurigkeit. Ich war noch keine zwei Tage in dieser wundervollen Stadt, von der ich mir so vieles erhofft hatte und wollte nur noch nach Hause. Das hier hätte der Startschuss für einen neuen, besseren Lebensabschnitt sein sollen und stattdessen war es eine Katastrophe. Wahrscheinlich würde Kent mich noch heute Nacht oder spätestens morgen früh aus dem Team werfen. Ich konnte nur hoffen, dass mein Verhalten sich nicht negativ auf Jamie auswirken würde. Ihn zu verlieren weil mir auf der Terrasse die Birnen durchgebrannt waren wäre der schreckliche Höhepunkt dieser Misere.
Um den Kopf frei zu bekommen, ließ ich mir ein Bad ein. Zuhause hatte ich lediglich eine kleine Dusche und den Luxus eines Hotelzimmers ausgestattet mit einer Kreuzung aus Wanne und Whirlpool würde ich mir in nächster Zeit wohl nicht mehr leisten können. Als der Badeschaum eine hübsche Haube auf dem Wasser gebildet hatte, zog ich mich aus und stieg in das nach Lavendel duftende Wasser. Es war herrlich und die Wärme entspannte meine verkrampften Muskeln. Ich schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen. Vor meinem inneren Auge spielte sich die Begegnung mit Mason auf dem Dach in Endlosschleife ab. Selbst sein mieser Charakter änderte nichts an seiner unglaublichen Ausstrahlung. Bei der Erinnerung an seine starken Arme, die mich von hinten fest umklammerten und mich an seinen steinharten Oberkörper zogen spürte ich ein Prickeln tief in meinem Bauch. Was hätte ich darum geben diesen Oberkörper zu berühren…“. Ein Klopfen an der Türe riss mich aus meinen Gedanken. Meine erste Intention, so zu tun als würde ich schon schlafen oder sei nicht da, wurde jäh zerstört als das Klopfen sich in ein Hämmern verwandelte. Vielleicht hatte Jamie sich ausgesperrt, denn wer würde sonst zu dieser Zeit einen solchen Lärm veranstalten. Ich kletterte mühsam aus der Wanne und schnappte mir ein, wie ich schnell feststellte, viel zu kleines Badetuch. Waren die Handtücher hier für Frauen mit dem Durchmesser einer Brechbohne gedacht? Gab es nicht in jedem Hotel Bademäntel. Wenn ja, wo? Lediglich das gröbste bedeckt, eilte ich zur Türe und riss sie auf ohne durch den Spion zu schauen. Fehler! Da war es wieder, das blaue Paar Augen welches mir innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Seele schauen konnte und dann meinen Körper hinabwanderte. Krampfhaft hielt ich mein Handtuch zusammen. Sein Blick verweilte kurz an meinem Dekolletee, glitt langsam hinunter und hielt an der Stelle an meiner Hüfte inne, an der das Handtuch sich seitlich bis zu meinem Schenkel teilte. Mich überkam ein Schauer. Mir war nicht kalt, vielmehr hatte ich das Gefühl von innen zu verbrennen. „Mr. Scott…“ brachte ich mühsam heraus und meine Stimme klang viel zu schrill, wollte ich ihm eigentlich vermitteln, dass er bei mir untendurch war. Wie aus dem Bann gerissen fanden seine Augen die meinen wieder. Seine Gesichtszüge waren nicht mehr so streng wie bei unserem letzten Treffen.
„ Miss Moore, sie haben nach ihrem sehr eindrucksvollen Abgang auf der Terrasse wohl ihre Handtasche vergessen.“ Er hielt mir meine schwarze, mit kleinen Perlen besetzte Clutch baumelnd vor die Nase. „Oder ist das nicht ihre?“. „Oh, ähm ja das ist meine. Sie hätten sich die Mühe nicht machen müssen mir mitten in der Nacht die Türe fast einzuschlagen. Es wäre vollkommen ausreichend gewesen, wenn sie sie an der Rezeption abgegeben hätten.“ Dem hatte ich es jetzt aber gegeben. Seine Mundwinkel zuckten. Ein Lächeln. Kein sonderlich freundliches, eher dem Teufel persönlich aus dem Gesicht geschnitten. Aber aller Anfang ist schwer. „Ich habe wirklich überlegt sie dort abzugeben oder sie vom Dach zu werfen…“ Er sah noch einmal langsam an mir herunter und ich packte mein Handtuch fester, in der Hoffnung etwas mehr von mir zu bedecken „…aber wenn ich mir das hier so ansehe, hat sich der lange Weg zu Ihrem Zimmer gelohnt, Ava.“ Ich riss ihm die Tasche aus der Hand und sein lächeln wurde breiter. Dann drehte er sich um und verschwand im Zimmer direkt neben meinem. Perplex blickte ich ihm hinterher und flüsterte, mir sehr wohl darüber Bewusst dass er mich nicht mehr hören konnte „Für Sie, Mrs. Moore…“