Sonnenhoch, sengende Hitze plagte fleißige Arbeiter wie Helfer. Pausenrufe echoten umher. Allseits war angestrengtes Schnaufen zu hören, wo Werkzeuge niedergelegt und transportierendes Baumaterial letztmalig dort hingeschafft wurde, wo es von weiteren Arbeitskräften verarbeitet werden sollte. Überall im Gelände des zu erbauenden Weilers wurde bestrebt gearbeitet und oder zugereicht. Auf der Anhöhe standen fest und stabil erbaute Wohnhäuser, deren Dächer teilweise noch offen den Himmel entgegen gähnten und darauf warteten bedeckt zu werden. Der Geschichtspfahl im Zentrum erzählte seine erste Geschichte, der Gründung und Errichtung. Großzügig angelegte Ackerflächen waren bereits zum großen Teil abgestochen und umgegraben.
Gebäude für Werkzeuge und die Wohnstätten am Steinbruch der ansässig arbeitenden Leute standen nahezu komplett erbaut, ebenso wie am Waldrand errichtete Jagdhütten. Vielerorts gaben die Frauen Verpflegungsrationen aus, die Arbeiter sowie fleißigen Helfer ließen sich mit diesen gemütlich in der Sonne nieder und sprachen über belanglose Dinge. Ben, Jarik und Yaeko saßen mit ihrem Mahl zusammen auf einem noch unbearbeiteten Baumstamm und genossen eine köstlich würzige Gemüsesuppe mit Fleischeinlage.
»Sieh sie dir an, Benjamin. Ein Zehntag ist vergangen und alle sind weithin bestrebt. Das Baumaterial vom Steinbruch wird mittlerweile regelmäßig verladen und die Holzfäller und Schreiner kommen bestens miteinander zurecht.«
»Vergiss nicht die abgestellten Holzfäller, Jarik. Sie haben schon mehrere Karren voll Jungbäume für den Waldstreifen drüben umgepflanzt. Sie meinen, wenn sie weiterhin so vorankommen, können sie beginnend des Gebirges bis hin zum ursprünglichen Waldrand eine annehmbare Fläche schaffen.«
Yaeko sah von seiner Schale auf und schwenkte seinen Löffel, von dem sich ein Tropfen Suppe löste und vor seine Füße tropfte. »Beide habt ihr Recht. Unsere Leute liefern äußerst gute Arbeit und kommen zügig voran. Kurz nach dem Morgengrauen bat mich unser erster Schreiner, mit ihm zusammen den zweiten Gebäudering des Weilers abzustecken. Der Erste soll während des morgigen Tages fertig werden. Die Steinmetze wollen die äußeren Ränder der Wege mit Bruchstein abgrenzen, um eine saubere Wegekante zu schaffen. Stellt euch das Mal vor ... noch vor wenigen Tageswenden, war an solch Gewissenhaftigkeit nicht mal zu denken.«
Thanh kam mit seiner Essensration von einer der naheliegenden Ausgabestellen angeschlendert und setzte sich zu den Dreien und nickte anerkennend. »Das verdanken wir alles nur einem Einzigen«, erklärt er.
»Mhm, er hat damit durchaus Recht, mein Freund. Wärest du nicht aufgetaucht, würden diese Leute immer noch fristen und von besseren Tagen träumen. Jetzt haben sie durch dich die Chance erhalten, diese auch umsetzen zu können«, erwiderte Yaeko mit dem Daumen auf den Kartografen zeigend, zustimmenden und mit vollem Mund.
»Die Handwerker berichteten erst kürzlich, dass die Jüngeren unter ihrer Anleitung schnell lernen und einige der Helfer durchaus Potenzial vorweisen, um sie in der Handwerkskunst ausbilden zu können. Wir sollten übrigens den Bau der Schmiede vorantreiben, sodass der gute Herr Klermund mit seiner Feldschmiede umziehen kann. Wir brauchen weitere Werkzeuge und er jammert eh schon, dass sein Provisorium mehr schlecht als recht ist.«
Grübelnd und an einem speckigen Stück Fleisch kauend nickte Ben und murmelt schmatzend: »Ist ja in Ordnung. Ich richte den Schreinern und Metzen aus, das sie dem Baubeginn der Schmiede den Vorzug geben sollen. Ich finde auch, dass wir das Material- und Getreidelager ebenso beginnen. Die Männer sind mittlerweile prima in Übung und die letzten beiden Gebäude standen in zwei Tageswenden. Wir sollten die Zügel etwas straffen, sonst haben wir bald den Nachschub an den Hacken.«
»Und das, ohne halbwegs fertig zu sein«, pflichtete Jarik bei.
Ben hob die Brauen und mahnend seinen Löffel. »Da die ersten Wohngebäude stehen, möchte ich, dass einige der Schreiner anfangen, entsprechend Wohnbedarf zu bauen. Bettstatt, Tisch, Stühle, Bänke, Schrank und so ‘n Kram halt.«
Wissend schauten sich Jarik und Yaeko an und grinsten frech. »Öhm, nicht nötig. Wir haben bereits vor zwei Tageswenden den Auftrag dazu erteilt, du erinnerst dich? Einiges davon steht auch schon an Ort und Stelle.«
»Hm, nicht wirklich – egal.« Ben löffelte den letzten Rest seiner Suppe aus der Schale und erhob sich. Er reichte diese Yaeko, der sie unter die Seine ebenfalls ausgelöffelten stellte und vor sich ablegte.
»Ruf bitte die Leute vor der Anhöhe zusammen. Ich möchte etwas verkünden, bevor die allgemeine Betriebsamkeit wieder losgeht und sich alle zerstreuen«, erteilte Ben seinem Freund Jarik, mit einem Knuff auf dessen Schulter, den Befehl.
Nachdem das Mahl beendet und das Geschirr zum Reinigen abgegeben war, versammelten sie sich an gewünschter Stelle, ausgenommen der ständig Patrouillierenden. Auf der Anhöhe über ihnen nährte sich Ben mit Jarik zu seiner Rechten und Yaeko zu seiner Linken. Viele der Zusammengekommenenden winkten ihnen freudig zu und erhielten selbige freundschaftliche Geste zurück. Ben schaute sich kurzweilig um und hob beide Arme in die Luft, um für Ruhe zu sorgen.
»Männer, Frauen und natürlich auch ihr Kinder – hört mir kurz zu. Wir zogen aus, um in diesem Tal eine nennenswerte Zukunft zu errichten. Unser Ziel ist die Erschließung einer neuen Mark. Einer, in der ihr – wir – gemeinsam in Frieden leben können. Seit Beginn unseres Eintreffens und der Beseitigung der anfänglichen Probleme ...« allgemeines aber verhaltenes Gelächter keimte, aufgrund des Ulks in Ben Aussage und der geführten Geste, innerhalb der Versammelten auf. »... haben wir viel erreicht. Durch anerkennende Leistungen der vielen helfenden Hände haben es die Bauern geschafft, einiges des zukünftigen Ackerlandes für eine erste Aussaat vorzubereiten.«
Um Luft zu holen, machte Ben eine kurzzeitige Pause und deutete mit der rechten Hand hinauf zu den angedeuteten Flächen. »Die Steinmetze leisten ihre Arbeiten am Steinbruch und liefern notwendiges Gut. Die Holzfäller und Schreiner versorgen uns mit nötigen Stämmen, Balken, Bohlen und Brettern, aus denen wir unsere Gebäude bauen und Einrichtungen zimmern. Hinter Euch, nahe dem Pass nach Middellande, pflanzen wir junge Bäume, um einen natürlichen Sichtschutz wachsen zu lassen.« Er drehte sich leicht nach Links und gab so die Sicht auf die errichteten Gebäude frei. »Leute, die ersten Wohngebäude stehen zum Einzug bereit und die übrigen im inneren Kreis werden zur kommenden Tageswende dies auch sein. Ich möchte, dass ihr entscheidet, welche Familien – vorzugsweise mit Kindern – dort einziehen sollen. Nicht alle von uns werden hier verweilen und leben können – der Platz reicht nicht aus. Das ist jedem von euch bewusst und bedeutet, dass sobald wir einen weiteren Siedlungsplatz erschließen, viele von uns weiterziehen und auch weiterhin in Zelten leben. Sprecht euch ab, wer in diesem ersten Weiler fortan leben möchte und wer nicht.«
»Herr, die Anzahl der Gebäude ist für anfänglich zweihundert Bewohner gedacht. Wie viele Leute sollen denn hier leben, wenn der Weiler komplett ausgebaut ist?«, verlangte einer der Vorderen zu wissen und erntete zustimmende Zurufe. Die Antwort darauf gab jedoch Korian, der erste Schreiner, der sich durch die Menge drängte und direkt auf die drei Freunde zuhielt. Die Versammelten verfolgten aufmerksam jeden seiner Schritte, bis er sich neben Yaeko, der zur Seite schritt, und Ben postierte.
»Leute, überlegt doch mal was ihr gerade verlangt. Wir alle kommen aus einer düsteren Vergangenheit, aus der uns dieser Mann hier ...« dabei legte, er seine eben gehobene Hand auf Bens Schulter »... geführt hat. Ausschließlich ihm ist es zu verdanken, dass wir in einer besseren Zukunft leben dürfen. Ohne ihn hätte niemand von uns den Mut aufgebracht zu tun, was er getan hat. Es ist also mehr als unangebracht, euren Unmut an ihm auszulassen.« Korian schaute eindringlich in die Gesichter derer, die den eben diesen verteilten, und blickte in sich ändernde Züge – einsehende Züge.
Ein anderer trat einen Schritt vor und erhob die Stimme. »Ihr habt recht Schreiner. Wir wollen scheinbar Dinge, die Zeit benötigen und nicht von jetzt auf gleich umsetzbar sind. Wir geloben Besserung.«
»Recht so. Aber die Frage bleibt weiterhin bestehen und ich will sie euch nicht vorenthalten. Dieser, unser erster Weiler, soll später einmal etwa zweihundertfünfzig Menschen ein Zuhause bieten. So wie unser guter Herr Benjamin aber schon ansprach, werden wir lediglich für zweihundert die nötigen Wohngebäude bauen. Wir wollen im Anschluss den äußeren Ring mit Palisaden und Türmen sichern. Den Rest werden die künftigen Bewohner in Eigenleistungen erbringen. Ebenso wie die Gehöfte der Bauern außerhalb der Umfriedung.«
Eine der Frauen drängte sich ebenfalls nach vorn, blieb vor der Anhöhe stehen und besah sich Ben genauer, sie musterte ihn buchstäblich. Sie neigte dabei ihren recht hübsch anzuschauenden Kopf leicht von links nach rechts und wieder zurück.