Immer wieder derselbe Tagesablauf.
Morgens um acht Uhr verabschiedete sich Robert von seiner Ehefrau, die seit zwei Jahren ohne Arbeit zu Hause, in ihrer geräumigen Vierzimmerwohnung, die ›Hausfrau‹ gab. Knuddelte mit seiner einjährigen Tochter und hauchte ihr wiederkehrend einen Kuss auf die Stirn.
Lia war kein Wunschkind, war jedoch jene, die das Familienleben in irgend einer Art und Weise zusammenhielt. Wäre die Schwangerschaft nicht gewesen ... tja, Robert gälte nunmehr wieder als Junggeselle.
Er verdiente als leitender Vertriebsmitarbeiter nicht unbedingt schlecht, genoss auch einen guten Ruf im Unternehmen, doch glücklich war er nicht. Er vergrub sich in seinem Tun, nur um möglichst viel Zeit zu schinden. Bloß nicht nach Hause müssen. Kein Abend ohne Stress, Zank und Streit. Am liebsten würde er einfach abhauen. Alles hinter sich lassen und irgendwo unerkannt einen neuen Anfang wagen.
Vor drei Wochen fing ein junger Kollege bei ihnen in der Abteilung an. Dieser Typ hat es ihm in irgend einer Art und Weise angetan. Bevor Ihr nun denkt, wow ... daher weht der Wind. Nein, vergesst es wieder.
Der ›Neue‹ war anders als die übrigen Kollegen. Dieser hatte ein Hobby, welches durchaus interessant war. In regelmäßigen Abständen tummelte er sich auf mittelalterlichen Treffen herum, um eine Zeit lang dem Alltag zu entfliehen. Leben wie es im feudalen Zeitalter üblich war. Das wohl Interessanteste an dem noch jungen Mann war seine Tätowierung am Unterarm.
»Was ist das für ein Tattoo«, erkundigte sich Robert aufrichtig interessiert, indem er Mikes Arm beim Händegruß kurzerhand den Arm herumdrehte.
Die linke Braue des Kollegen hob sich und er zuckte lässig mit den Schultern. »Wenn ich Ihnen das sage, müsste ich Sie erschießen lassen.« In seinen Augen war keinerlei Schalk zu erkennen und so entzog Robert ihm seine Hand, trat einen Schritt zurück und stierte seinem Gegenüber ins Gesicht. Keinerlei Mine verriet ihm, was er wirklich meinte oder dachte. Er war mannsgenug, nicht selber in Panik zu geraten, wusste er sich bei einer Auseinandersetzung zu verteidigen. Kurzerhand beschloss er sich dessen Verhalten anzupassen und spiegelte Gelassenheit wieder. »Ihr Gehalt dürfte dafür nicht sonderlich Ausreichend sein. Also, woher wollen Sie die vielen Harzvieler beziehen, wenn gar nicht selber abdrücken?«
Nun war es an Mike zu stutzen. »Öhm.«
»Sag ich ja. Ernsthaft, das Tattoo sieht verdammt gut aus. Schlicht dafür irgendwie hübsch.«
»Hübsch?« Mike verzog seltsam die Gesichtszüge.
Robert winkte ab und begab sich zu seinem Arbeitsplatz. »Ist es so etwas wie ein Erkennungszeichen? Ein ... mhm ... Club oder Familiending?«
»Woher das Interesse? Ich meine, bisher hat mich noch nie irgendjemand danach gefragt. Ist das so etwas wie eine Pfandfrage?«
»Quatsch. Im Gegenteil. Sie gehen auf Mittelalterevents, tragen eine Art Wappen auf dem Unterarm in dem ich glaube, ein Schild und Schwert erkannt zu haben.«