»Komm, hoch aus den Federn. Wir sind spät dran. Steh jetzt auf!« Ich musste lachen und warf ein Zierkissen auf Tiger, der sich die Decke über den Kopf zog, dadurch aber seine nackten Füße freilegte.
Ich nahm eine einsam herumschwebende Feder und kitzelte ihn an den Fußsohlen. Er murrte und zuckte, was mich lauthals lachen ließ. Schließlich zog er sich die Decke vom Kopf, zerstrubbelte sich damit das Haar und sah mich in der Tat wie ein Tiger an.
»I hate you.«, brummte er tief und war mit seinem Drei-Tage-Bart und dem Muscleshirt so verdammt sexy, dass ich gern etwas mit ihm rumgemacht hätte.
Doch wir hatten keine Zeit.
»Steh auf, ich hab Vorlesung um 9! Und du auch.«
Wie ein Zombie schlurfte er ins Badezimmer, die auf Halbmast hängende Unterhose über seinen Hintern ziehend.
Gott, wenn das nicht aufhörte, würden wir garantiert zu spät kommen!
Ich stellte Toast hin und begann zu essen, während ich Tiger im Bad energisch seine Beißer schrubben hören konnte. Wasser plätscherte und der unverkennbare Duft seines verführerischen After Shaves drang bis zu mir.
»Guten Morgen, mein kleiner Diktator.«, begrüßte er mich wesentlich wacher nach einigen Minuten. Ich bekam einen Kuss, wurde aber meines Marmeladentoasts beraubt.
»Hey!«, machte ich, doch erntete nur ein Lachen.
»Ich denke, es muss schnell gehen? Dann bleibt keine Zeit für Toast schmieren«, lachte er und schlüpfte, den Toast im Mund, in seine Jeans.
Ich wandte den Blick ab. Auch viel zu sexy um den Hintern. Nicht gut.
»Würdest du dich im Bad anziehen, wenn du nicht zu spät kommen willst? Sonst vernasch ich dich gleich hier auf dem Küchenboden«, schnurrte ich und erntete einen überraschten Blick.
»Sowas würdest du tun? Hot!«
Zwei Jahre waren Tiger und ich inzwischen zusammen, wir hatten die Schule in Deutschland gemeinsam abgeschlossen und uns beide für ein Studium am King’s College in London beworben. Wir wohnten in einer kleinen Bude zusammen, jobbten neben der Uni in einer Bar und einem Vintage-Plattenladen und kamen gut zurecht. Tiger hatte, auch wenn er stets glücklich wirkte, seinen Vater während der Zeit in Deutschland sehr vermisst, und da er England für mich verließ, wollte ich ihm etwas zurückgeben, indem ich nun meinerseits Deutschland verließ.
Ich wusste nicht, was werden würde, wenn wir mit dem Studium fertig waren. Ob wir da noch zusammen sein würden, wo wir künftig leben würden, ob wir vielleicht sogar heiraten und eine Familie haben wollten – all das spielte im Moment für uns keine Rolle.
Wir hatten uns, wir waren glücklich damit und mehr zählte nicht.
Der Jäger und die Beute hatten das Unmögliche geschafft. Sie hatten zueinander gefunden, ihre Liebe hatte standgehalten und das würde sie sicher auch weiterhin, denn – Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an.
~~ ENDE ~~