Der Kessel pfiff, erst leise, dann immer lauter. "Ja, ja, ich komm schon", hörte man eine zarte, krächzende Stimme sprechen.
In der Küche erschien eine gebückt, alte Frau. Ihre Haare, mit einem undefinierbaren Farbton, standen in alle Himmelsrichtungen wirr vom Kopf ab. Aus kleinen Knopfaugen blinzelte die Alte hinter ihrer riesigen Brille. Wenn das nicht schon kurios genug gewesen wäre, leuchtete ihre riesige, rote Nase wie ein Ampelsignal.
Mit ihren faltigen Händen goss sie das kochende Wasser in eine große, gelbe Tasse, die ein langer, zackiger Riss zierte. Sie warf verschiedene Kräuter hinein und
mit einem tiefen Seufzer setzte sie sich in einen abgewetzten Ohrensessel und nippte an ihrem selbstgebrauten Tee.
Noch ehe der erste Schluck ihre Kehle heruntergeronnen war, passierte etwas außergewöhnliches ...
Ihr Haar färbte sich golden und fiel in sanften Wellen ihre Schultern herunter, ihre Nase war nun zierlich und ihre Augen leuchteten strahlend Blau.
Der gekrümmte Körper saß jetzt aufrecht und gerade im Sessel und die Tasse hielten weiche, zarte Hände.
Von draußen hörte man plötzlich flüsternde Kinderstimmen.
Die kleine, verwandelte Frau erhob sich und öffnete die Tür.
Vor ihr standen zwei Kinder mit Lebkuchenkrümeln am Mund und Zuckerwatte in den Haaren.
Hänsel und Gretel starrten die Frau mit offenen Mündern an.
"Kommt doch herein", bat sie die zwei mit glockenheller Stimme.
Als die Tür sich schloss, war es, als vernehme man ein krächzendes Lachen.