Wie immer lief ich mit meinem Hund durch den Park. Die Sonne ging langsam unter und es wurde kühler. In den Büschen neben mir vernahm ich ein rascheln. Meine Beine versetzen sich von selbst in Bewegung und Tyson rannte neben mir her. Leider verlor ich die Orientierung. Ich war wohl in den Abschnitt gerannt, an den der Wald angrenzte, von dem viele Geschichten und Sagen existieren. Auch wenn ich sie nie geglaubt hatte, kamen sie mir nun schlagartig in den Sinn. Meine Großmutter hatte sie mir früher erzählt.
"Gehe niemals alleine in den Wald, Liebes. Dort lebt eine Bestie, die dich mit Haut und Haar frisst."
"Das Biest, welches in dem Wald lebt, ist nicht nett. Nein! Es ist grauenhaft und abscheulich! Gehe niemals alleine in den Wald, Liebes, sonst wirst du nie wieder zurückkehren."
Am ganzen Leib zitterte ich. Was soll ich denn jetzt nur tun?! Durch die Dämmerung wurde es dunkel, alles sah gleich aus und zu allem Überfluss hatte ich mein Handy zuhause vergessen... Tyson wurde langsam unruhig.
„Es ist alles gut mein kleiner.", sprach ich ruhig. „Uns wird hier nichts passieren."
Auf einmal erschnüffelte er etwas und folgte dem Geruch. Mich zog er natürlich hinter sich her. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die mit stolpern und hin fallen gefüllt war, erreichten wir wohl die Ursache des Geruchs.
Mitten in dem Wald stand ein Haus. Aus dem Kamin drang sogar etwas Rauch. Tyson zog mich weiter zur Tür, an der er auch begann zu kratzen. Meine versuche ihn wegzuziehen scheiterten. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein junger Mann stand vor mir. Er lächelte mich nett an.
„Bitte entschuldigen Sie, dass mein Hund ihre Tür verkratzt hat. Für den Schaden werde ich selbstverständlich aufkommen.", versicherte ich ihm.
„Das ist doch nicht schlimm. Möchten sie nicht lieber rein kommen?", fragte er und trat beiseite. Tyson ging natürlich sofort rein. Dankend betrat ich sein Haus.
„Ich bin übrigens Mark.", stellte er sich vor.
„Ich bin Lydia. Freud´ mich dich kennenzulernen.", erwiderte ich. Wir unterhielten uns etwas. Die Zeit verging wie im Flug und ich wurde müde. Tyson hatte sich schon längst vor dem Kamin zusammen gerollt und schlief. Langsam wurde ich auch müde. Mark lud mich ein, bei ihm zu übernachten. Da bei Nacht alles gleich aussah, vor allem in einem Wald und ich dadurch eh nicht vor Sonnenaufgang Zuhause war, nahm ich die Einladung dankend an und Mark führte mich in das Zimmer. Das Bett war schön bequem und ich versank gleich im Land der Träume.
Mitten in der Nacht wurde ich von einem schrecklichen jaulen geweckt. Ich rannte die Treppe hinunter und sah, wie ein Monster meinen Schäferhund verspeiste. Ein erstickter Schrei entfuhr mir und mir wurde auch klar, dass die Geschichten über das Biest wahr waren. Schnell rannte ich zur Tür und versuchte sie zu öffnen. Jedoch war diese verschlossen. Ein hämisches Lachen erklang hinter mir.
„Na na na", tadelte Marks Stimme. „Wo willst du den hin? Du wirst schön bei mir bleiben - ob du willst oder nicht!"
Aus seinem Maul tropfte Blut, Tyson's Blut. Mein ganzer Leib zitterte. Jetzt wird er mich fressen. Das Biest, beziehungsweise Mark, kam auf mich zu.
„Du wirst für immer bei mir bleiben!"
Seine Pranken hielten meine Arme fest und seine Krallen bohrten sich in mein Fleisch. Vor schmerzen schrie ich, was ihn belustigte.
„Du bist für immer mein!", waren die letzten Worte, die ich lebend vernehmen durfte.