Der Samstag legte sein frühes Licht auf den Mondsee, langsam und beschaulich. Ein wunderbares Naturschauspiel, besonders sehenswert vom Boot aus. Wenn die Sonne von Osten ihre ersten Strahlen schickt und beginnt, die Drachenwand anzuleuchten... Die Fischer, die seit halben Ewigkeiten hier ihr Fischereirecht haben und frühmorgens ihre Netze inspizieren, gerade zum Sonnenaufgang, noch bevor sie zu ihrem Vieh in den Stall gehen... Alle haben sie diesem Vorgang schon hundert mal beigewohnt und doch ist es nicht möglich, sich diesem Bild zu entziehen. Langsam erhellt sich die Umwelt und der Schatten, der die Drachenwand düster und dunkel erscheinen ließ, fällt langsam wie in Zeitlupe in den See. Mit dem Aufstieg der Sonne wird die Ansicht des Berges hell und unglaublich schön, goldene Schimmer legen sich auf Tausende Tonnen von Stein und Fels und der um diese Zeit noch völlig glatte See gibt dieses Schauspiel einem Spiegel gleich wieder...
Der alte Michl befreite einen Fisch nach dem anderen aus dem Netz und warf sie alle in ein mitgeführtes Behältnis. Dann ging er zum Ruder. Das etwa sieben Meter lange traditionelle Fischerboot, Trauner genannt, verfügt nur über ein Ruder, das, ähnlich dem einer venezianischen Gondel nur auf einer Seite bedient wird und dennoch gute Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit gewährleistet, ein gewisses Maß an Erfahrung und Geschick vorausgesetzt.
Als er gerade ansetzte, das Boot zum nächsten Netz zu bewegen hielt er plötzlich inne. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf. Immer wenn er diese Riesenbaustelle am Ufer sah, beschlich ihn ohnmächtiger Zorn. Wie konnten sich die geldgierigen Gauner nur erdreisten bei so einer Scheiße mitzumachen?! War ihnen denn gar nichts heilig? Der einzige Brantnerbub engagierte sich im Gegensatz zu seinem Vater für ein vernünftiges Bauwesen am See. Er schien dem Michel ein intelligenter Bursche zu sein, der im Sinne der Umwelt und einer vernünftig dosierten Form des Naturschutzes agierte, oder dies zumindest versuchte...
"A Trauergspüh is des mit dem Brantner!" murmelte er, "Da is da Bua beim Oasch gscheiter, wia da Oite, der Gauner! Da siagt ma, was der politische Erfolg aus an Menschen macht..."
Erneut schüttelte er unmerklich den Kopf und widmete sich traurig wieder seinem Fang. Er würde mit seinen Fischerkollegen beraten, ob sie nicht gemeinsam den Brantner Seppi in irgendeiner Form unterstützen könnten...
Brantner senior saß indessen beim Frühstück und hoffte auf die baldige Heimkehr seines Sohnes. Er hatte kaum ein Auge zugemacht, letzte Nacht. Er als Landtagsabgeordneter war es nicht gewohnt, sich rechtfertigen zu müssen, jemanden um etwas bitten zu müssen. Seine Position löste die meisten Probleme von selbst. Schweren Herzens mußte er erkennen, dass sein eigener Sohn das größte Problem seiner Karriere sein würde und möglicherweise auch das Letzte...