Gegen neun Uhr endlich, kam der Anruf. Selina nahm ihn entgegen. "Haben sie das Geld?" - "Ja!" - "Sie haben es schon?" - "Ja! Wollen sie es nicht?" - "Kleine gebrauchte Scheine hab ich gesagt! Und wagen sie es nicht, eine Farbkapsel oder Ähnliches dazuzugeben, oder gar einen Peilsender. Ich werde mir das Geld in Ruhe ganz genau ansehen und auch wenn mir jemand folgen sollte, erfahren sie nicht, wo sie den Jungen finden. Nur wenn mir nach der Übergabe niemand gefolgt, und das Lösegeld in Ordnung ist, rufe ich sie an und teile ihnen seinen Aufenthaltsort mit." - "Das ist mir klar!" - "Wie haben sie es verpackt?" - "Das Geld ist in einer Papier-Tragetasche, wenn sie es erhalten. Sie sehen sofort, ob etwas faul ist." - " Gut! Kommen sie alleine Selina! Steigen sie jetzt ins Auto und fahren sie Richtung Autobahn! Ich rufe sie wieder an!"
"Ich fahre jetzt das Geld einsacken, Junge. Ich hoffe für dich, dass sie keine Dummheiten macht, sonst verfaulst du hier in dem Loch. Wenn alles klappt und ich über die Grenze bin, ruf ich an. Dann können sie dich befreien! Was verdrehst du schon wieder die Augen, du Lusche?" - "Ich kann nicht mehr, Ich spür meine Arme nicht mehr! Und gib mir endlich was zu trinken!" - "Da musst du dich schon noch etwas gedulden, mein Freund! Vorausgesetzt, deine Möchtegern-Mami baut keinen Scheiß! Bist sowieso die halbe Zeit Ohnmächtig, dann spürst du die Schmerzen ohnehin nur zur Hälfte!"
Danter fühlte sich mächtig, als er dem hilflosen Jungen seine Sprüche aufsagte. Dass sein Verhalten roh und primitiv war, kümmerte ihn nicht. In einer halben Stunde würde er mit einer halben Million untertauchen. Er musste sowieso außer Landes neu anfangen, denn hier war die Verfolgung durch die Justiz noch das geringere Übel...
Wieso passiert denn nichts? Wieso war er nicht längst freigekommen? Hatte Oma seine Worte vergessen oder gar nicht verstanden. Er wusste auch nicht, wie hoch sein Akkustand zum Zeitpunkt der Entführung gewesen war. Danter war hinausgegangen und hatte die Tür verschlossen. Tom war kurz davor, zu kollabieren.
Währenddessen saß Selina in ihrem Wagen und fuhr Richtung Autobahn. Nachdem sich der Entführer noch nicht gemeldet hatte, bog sie an der Autobahnauffahrt in den Park and Ride Parkplatz ein, um auf einen weiteren Anruf zu warten.
Ich hatte derweilen die Ehre, die eben erwachte Frau Weber auf den neuesten Kenntnisstand zu bringen. Sie saß bei mir im Salon und Maria brachte gerade Frühstück für sie. "Sie sind ein guter Mensch, Michael! Nachdem, was Silvie ihnen angetan hat... Kein Anderer hätte dem Jungen dann noch das Leben bezahlt und jetzt gar das Lösegeld. Aber Silvia hat es ihr Leben lang bereut, dass sie Sie im Stich gelassen hat." - "Lassen sie sie ruhen, die Gute! Ich habe sie sehr geliebt und die sechs Jahre danach waren eine Qual für mich. Ich hatte die Lust am Leben verloren. Und doch war es Silvie, die mir dann doch noch das größte Glück meines Lebens beschert hat. Ohne Silvies Warnung und ohne die Visitenkarte, die ich ihr damals gegeben hatte, hätte ich Selina nie kennengelernt. Selina hat diese Karte heute noch. Als Andenken an Silvie und als Glücksbringer für unsere Ehe... Übrigens, hielte ich es für angemessen, dass sie mich duzen, immerhin, wäre ich fast ihr Schwiegersohn geworden." - "Oh, das freut mich aber, Michael, aber dann musst du mich auch duzen. Ich heiße Franziska, aber du kannst mich ruhig Fanni nennen!" - "Fein Fanni, dann machen wir das so!"
Danter hatte gerade die Tür versperrt. Tom war nahe daran wieder das Bewußtsein zu verlieren, als er wie durch Watte Max rufen hörte: "Zugriff!"