Zur selben Zeit, in einem finsteren Wald, ein Stück weit entfernt von Glastonbury, bewegte sich ein dunkler Schatten durch das Gehölz. Wohin er kam, verstummten alle Tiere und ein beissender Geruch nach Verderben und Tod, breitete sich aus.
Der schwarze Ritter trieb seinen rot- äugigen Rappen, auf eine dunkle Höhle zu. Seine Silhouette hob sich deutlich vom helleren Nachthimmel ab. Vor der Höhle zügelte er sein Pferd und wartete… ein unheimliches Standbild in der Stille der Nacht!
Schnelles Hufgeklappere näherte sich ihm, doch der schwarze Ritter blieb noch immer reglos. Ein flammend-rotes Pferd, brach durch das Dickicht! Es schien mit seinem Reiter zu verschmelzen. Neben dem schwarzen Pferd, blieb es stehen und schnaubte laut. Noch immer vernahm man keinen Laut. Die beiden Ritter sprachen kein Wort miteinander. Ihr Blick war in, stummer Erwartung, auf den Höhleneingang gerichtet. Sie wirkten leblos. Nicht mal atmen sah, oder hörte man sie. Erst als gräulicher Nebel aus der Höhle quoll, kam wieder Bewegung in die beiden. Sie trieben ihre Pferde noch einmal an und warteten erneut, etwas näher vor der Höhle .
Der Nebel wurde immer dichter und dichter. Ein noch beißenderer Geruch, als er von den ersten Rittern ausging, breitete sich aus und plötzlich erschien eine Gestalt im Nebel vor ihnen! Sie schien sich direkt aus der grauen Masse zu materialisieren und nahm nun immer schärfere Konturen an! Es war ein dritter Ritter!
Dieser hier, trug jedoch keine Rüstung. Nein! Er war in einen fahlgrauen Mantel gehüllt, dessen Kapuze sein Gesicht gänzlich verdeckte. Seine finstere Ausstrahlung, hätte jeden Sterblichen, augenblicklich zu Boden geschleudert. Die Luft um ihn herum, schien zu vibrieren. Die Hufe seines fahlen Pferdes, wiederhallten dumpf auf dem Waldboden. Das Tier selbst hatte keine Augen, nur dunkle tote Höhlen, wie bei einem Skelett.
„Willkommen!“ sprachen die anderen zwei Ritter mit tiefer Stimme, schlugen sich mit der Faust gegen die Brust und deuteten eine Verneigung an. „Es freut uns dich zu sehen… Bruder!“
„Freude ist eine törichte Schwäche!“ erwiderte der fahlgraue Ritter. „Ihr wisst das genauso wie ich. Lassen wir also diese Höflichkeitsfloskeln! Sie sind uns, allen gleichermassen, ein Gräuel. Erzählt mir lieber, was sich bisher alles zugetragen hat!“
„Das Getreide ist reif zur Ernte,“ sprach der schwarze Ritter. „Die Spreu wird bald vom Weizen getrennt. Unser Zerstörungswerk hat begonnen!“
„Das ist Musik in meinen Ohren!“ sprach der Fahlgewandete. „Es wird Zeit die Finsternis in die Welt zu tragen! Zusammen werden wir übermächtig sein!“
„Was aber wird aus den großen Führern?“ fragte der rote Ritter.
„Sie wissen bereits von unserer Ankunft in der Welt. Noch sind sie ratlos und unsicher. Trotzdem dürfen wir sie niemals unterschätzen. Sie... stehen unter einem besonderen Schutz…“ knurrte der fahle Ritter und verzog angewidert das Gesicht. „Trotzdem werden wir sie besiegen, sie werden sich selbst zu Fall bringen. Wie es die Sterblichen alle, irgendwann tun. Wichtig ist erst mal, das Medaillon der vier Gewalten in die Finger zu bekommen. Damit verlieren sie einen grossen Teil ihrer Macht...“
Eine besondere Meditation
Pia
Ich bin unglaublich froh, dass wir Manuel wiedergefunden haben. Ich habe mir einen Moment lang wirklich grosse Sorgen um ihn gemacht. So plötzlich und so früh seine Eltern zu verlieren, ist entsetzlich. Doch zum Glück hat sich Isobia ihm offenbart und ihn getröstet. Ach Isobia, wie gerne würde ich sie auch mal wiedersehen! Als sie uns das allererste Mal unter dem Baum auf dem Hügel erschien, konnte ich es kaum fassen. Es war so herrlich, so unglaublich!
Und dann... stand auf einmal eine Dame vor ihnen! Sie war von überirdischer Schönheit. Noch nie zuvor hatten Pia und Benjamin so etwas Wundervolles gesehen. Sie war gekleidet in einen langen, hellblauen Mantel und schien direkt aus der Natur selbst, geboren zu sein. In der rechten Hand trug sie einen langen Holzstab, der mit einem himmelblauen Stein geschmückt war. Im Inneren dieses Steines, schien noch ein Wiederhall des Lichtes, aus dem die Dame getreten war, zu glimmen. Es umgab auch sie immer noch wie eine leuchtende Aura. Als sie ihre tiefblauen Augen öffnete und die Jugendlichen ansah, war es, als ströme ihnen dieses Licht entgegen und umfange sie ganz -eine Welle aus Reinheit und Liebe! Wie gelähmt standen die Turner Kinder da und musterten die magische Erscheinung. Ein glitzerndes Band war um deren Haupt geschlungen und goldblonde Locken fielen ihr über Schultern und Rücken…
Seit unserer Rückkehr aus dem Reich der Märchen, Sagen und Legenden, haben wir sie nie wieder gesehen. Nun ist sie Manuel tatsächlich erschienen. Das muss etwas bedeuten. Was meinte sie gleich noch: Drei Ritter, sollen die Welt heimsuchen und diese müssen wir bekämpfen? Schon damals, als wir unsere Reise ins Märchenreich das erste Mal antraten, warnte sie uns vor den Schergen Maleks. Seither ist so vieles passiert und ich weiss einfach nicht genau, was wir weiter tun sollen. Malek der ja einer unserer besten Freunde geworden ist, seit ihn das Feuer der ewig göttlichen Liebe berührt hat, wüsste vielleicht mehr. Vielleicht sollten Benjamin und ich mal wieder richtig meditieren, um herauszufinden, ob wir die Sphärenwanderung überhaupt noch beherrschen. So lange ist das schon her, so lange! Die Zeit flog nur so dahin und was haben wir die letzten Jahre unseres Lebens wirklich noch geleistet? Wir gingen stets unseren alltäglichen Pflichten nach, manchmal mit etwas Vergnügen dazwischen, doch trotzdem ohne wirklichen Sinn und Ziel. Es wir Zeit, dass wir wieder aus unserer Lethargie erwachen und all unsere alten Freunde wieder einmal besuchen.
Als wir daheim angelangt sind, wende ich mich an Benjamin: „Du ich glaube, wir müssten mal wieder richtig meditieren, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wie es weitergehen soll. Was meinst du?“
Mein Bruder nickte zustimmend: „Ja, da hast du recht. Wir waren wahrlich lange genug untätig. Zuerst müssen wir jedoch noch unsere Eltern anrufen.“ „Ich werde das gleich mal machen,“ anerbat ich mich und ging zum Telefon. Als meine Mutter abhebt, erzähle ich ihr, schweren Herzens, was mit den Collins passiert ist.
„Oh mein Gott!“ ruft sie „das ist ja furchtbar! Wie geht es Manuel?“ „Den Umständen entsprechend ganz gut,“ gebe ich zurück.
„Wirklich? Wir werden sofort vorbeikommen.“ „Das müsst ihr nicht, ich glaube es ist besser, wenn wir Manuel zuerst mal etwas Zeit geben, das Ganze zu verarbeiten.“
„Aber nicht, dass er denkt wir sind nicht für ihn da!“ Er weiss dass ihr für ihn da seid, ebenso wie er es bei uns weiss.“
„Wie geht es eigentlich weiter mit ihm?“
„Vorerst dachten wir, er kann bei uns bleiben. Er ist ja volljährig, braucht also demzufolge, keinen Vormund mehr. Er kann selbst entscheiden, wo er leben will.“
„Aber… was ist mit seinem Studium?“
„Darum werden wir uns noch kümmern. Noch hat er ja Urlaub. Ausserdem, im Notfall, könnte er von hier aus zu seiner Uni. So weit weg ist die ja auch nicht.“
„Okay, das muss schon alles gut abgeklärt werden. Auch wie es mit Erbangelegenheit etc. steht und ob noch jemand anderer sich Manuels gerne annehmen möchte. Wir müssen die Beerdigung seiner Eltern organisieren und so weiter. Da kommt noch einiges auf uns zu. Auch alle Verwandten müssen benachrichtigt werden, ach je, das ist alles so schrecklich!“
Ich sage nicht viel dazu, denn gerade fehlt mir wirklich die Energie, mich auch noch mit solch weltlichem Kram herum zu schlagen. Immerhin geht vielleicht unsere alte Welt bald unter! Dann spielt das eh alles keine Rolle mehr. Ich ringe erneut mit mir, meiner Mutter alles zu erzählen, doch dann lasse ich es doch. Ich sage einfach: „Okay Mum, wir werden das schon alles irgendwie deichseln. Keine Sorge! Zuerst muss Manuel sich etwas beruhigen und wo könnte er das besser, als in unserem schönen Haus am Waldrand.“ „Also gut, dann telefonieren wir am Montag nochmals.“
„Alles klar!,“ sage ich ergeben und lege den Hörer wieder auf. Manuel und Benjamin stehen hinter mir. Sie haben das Gespräch mitverfolgt. Manuel scheint wieder sehr betrübt. Mein Herz schmerzt zutiefst, wenn ich ihn so sehe und ich lege den Arm um ihn. „Das wird alles schon! Benjamin und ich werden jetzt erst einmal in uns gehen und meditieren, um uns über einiges klar zu werden. Danach sehen wir weiter.“
Manuel nickt zustimmend und fragt dann auf einmal: „Kann ich mit euch meditieren?“
Erstaunt schauen wir ihn an. „Willst du das denn wirklich?“ „Ja, so ganz Neuland ist die Meditation für mich auch nicht und vielleicht eröffnen sich mir ebenfalls einige neue Perspektiven.“
„Wenn du meinst, dann können wir das natürlich machen. Wir waren damals noch ganz neu auf dem Gebiet der Meditation, als wir Ululala kennen lernten. Wir hatten unsere liebe Mühe, nur schon die erste Stufe zu erreichen, welche uns den Weg für die Sphärenwanderung ebnen sollte.“
Das alles war für Pia und Benjamin ganz neu. Wie nur sollten sie die Sache angehen? Sie sassen auf den Kissen und versuchten sich zu konzentrieren. Die Zeit schien zu kriechen. Nach einer Weile begannen ihre Rücken und Hinterteile weh zu tun. Am Nachmittag kamen dann auch noch der Hunger, der Durst und die Müdigkeit dazu. Sie konnten sich noch immer nicht richtig konzentrieren. ihre Gedanken drehten sich wild im Kreis, meilenweit von dem entfernt, was Ululala ihnen beschrieben hatte. Sie ärgerten sich darüber sehr, doch das lenkte sie nur noch mehr ab. Der Hunger wurde schlimmer und die Müdigkeit auch. Schliesslich, fielen ihnen die Augen zu und sie schliefen ein...
„Ja, das war was!“ mischte sich Benjamin grinsend ins Gespräch. "Wir hatten noch sowas von keine Ahnung von diesem Meditations... kram. Aber wir waren natürlich auch noch ein Stück jünger und mitten in der Pubertät! Darüber bist du ja schon hinaus Manuel.“
„Deshalb würde ich es gerne probieren, ich habe irgendwie das Gefühl, das könnte mir helfen.“
„Dann tun wir das doch, wir treffen uns in einer Viertelstunde in meinem Schlafzimmer,“ meinte mein Bruder. Und so geschah es.
Als wir uns schliesslich wiedertrafen, brachte Manuel ein Säckchen mit. „Das hier habe ich von Isobia bekommen, vorhin habe ich es ganz vergessen euch zu zeigen. Meint ihr, das kann uns zu etwas nütze sein?“
Ich nehme ihm den kleinen Beutel erstaunt aus der Hand und lasse ein Bisschen von seinem Inhalt, in meine hohle Hand rieseln. Der glitzernde Staub fängt das Licht ein und ich rufe. „Ach du meine Güte, sie hat dir Feenstaub hinterlassen! Das tat sie damals in unseren Anfängen auch. Dieser Staub hilft einem, sich besser auszurichten. Wir haben ihn oft benutz, haben sogar noch selbst welchen. Wenn du ihn dir über dein Haupt streust, wird dir das Meditieren leichter fallen.“
„Das ist ja immerhin etwas,“ freute sich Manuel. Und so machten wir es uns bequem und begannen mit der Meditation.