Leise legte sich beim Betreten ein Schleier der Ehrfurcht über die drei. Niemals hätte es jemand gewagt sich nur annähernd ins Innere des Gewölbes zu wagen. Flackerndes Kerzenlicht erhellte den Raum. Hinter ihnen schloss sich die Tür. Ein Schatten versetzte sie in Angst und Schrecken!
War es die richtige Entscheidung?
London Winter 1881
Durch die engen Gassen Londons ertönte das Galoppieren der Pferde, welche die Kutsche zogen. Es war spät in der Nacht. Die dunklen Scheiben ließen nur erahnen, wer sich im inneren des Gespanns befand. Der Kutscher öffnete die Tür. Es war Mister Watson der Leiter des Waisenhauses nahe der Scrutton Street. Mit einem Gehstock bewaffnet stieg er hinaus in die eisige Kälte. „Komm schon, Junge! Schneller!“, ertönte aus seinem Mund. Ein eingeschüchterter Waise folgte ihm.
„Mr. Watson, schön Sie wiederzusehen!“, begegnete ihm eine korpulente Dame.
„Ja, ja lassen Sie die Formalitäten, Mrs. Morris! “
„Wie war die Reise?“
„Haben Sie keine Arbeit?“, fuhr er sie an.
„Doch, Sir!“
Mrs. Morris verschwand im Inneren des Hauses. Beim Hinaufsteigen der Treppen ächzte der alte Mann. Hinter ihm befand sich der in sich gekehrte Junge. Das Geräusch der Kutsche war in der Ferne noch leise zu hören. „Guten Tag, Mr. Watson“, begrüßten Ihn ein paar Kinder. Er ignorierte sie.
„Gebt dem Jungen was zu essen!“, schrie Mr. Watson
Aus der Küche ertönte ein „Jawohl Sir!“
Danach verschwand er in seinem Zimmer.
Immer noch zitterte der arme Bub am ganzen Leib. Kein Wort verließ seine Lippen.
Die Kinder beobachteten den Fremden. Er war ein 9-jähriger Junge, welcher seine Eltern erst kürzlich bei einem tragischen Mord verloren hatte. Elf Kugeln. Er hatte alles mitansehen müssen.
„Ich bin Phil“, ertönte es aus der Menge.
„IIIIch heiße Thomas“, verließ seine zitternden Lippen.
Phil kam auf ihn zu: „Hallo Thomas, schön dich bei uns zu haben. Komm ich zeig dir alles.“
Die Menge starrte Thomas noch immer an. Phil, welcher sich dazu bereit erklärte ihm das Haus zu zeigen machte sich auf den Weg nach oben. Eine lange Holztreppe zierte den Eingangsbereich und zweigte nach rechts und links ab. Phil nahm den Weg nach rechts. Am Ende des Ganges war eine Tür zu sehen, hinter welcher sich ein großes Zimmer befand. Zehn Betten auf jeder Seite dominierten den Raum. Einige Kinder lagen schon im Bett und schliefen. Thomas, welcher als Einzelkind lebte hatte noch nie so ein großes Zimmer gesehen.
Mrs. Morris kam zur Tür hinein. „Hallo Thomas, ich bin Mrs. Morris die Haushälterin.“
„Hallo ich heiße Thomas Glinch.“, antwortete er.
„Komm und iss noch schnell was.“, forderte sie ihn auf.
Sein Magen knurrte von der langen Fahrt.
Thomas ging mit Mrs. Morris die Treppe hinunter in den Speisesaal. Auf dem Weg dorthin, bat sie die ihr entgegenkommenden Kinder sich bettfertig zu machen. Für Thomas war der Tisch schon gedeckt. Mit vollen Händen kehrte Mrs. Morris zum Tisch zurück.
„Ich hoffe dir schmeckt der Bohneneintopf.“
Thomas verschlang den Eintopf, als hätte er tagelang nichts gegessen.
Im Vorhaus war es still geworden. Alle Kinder schliefen bereits.
Lediglich das Knarren eines kaputten Fensters war in der prunkvollen Halle zu hören.
„Mrs. Morris“, schrie Thomas.
Jedoch war aus der Küche kein Ton zu hören. Er stand auf um nachzusehen.
Dort angekommen stellte er fest, dass sich keiner in dem Raum befand.
Thomas konnte sich das nicht erklären, da der einzige Weg zur Küche über den Speisesaal führt.
Er verließ den Saal auf Zehenspitzen, ging in das Schlafzimmer und legte sich in sein Bett.
Fortsetzung folgt...