Kapitel 5
Vier Tage waren verstrichen seit die wilden Krallen rausgefunden haben, was es wirklich bedeutet ihre Existenz vor den Menschen zu verbergen. Amy löffelte eilige beim Mittagessen die Tomatensuppe aus und knetete aufgeregten das Tischtuch. „Na Amy, du bist heute ziemlich aufgeregt?“, Melanie schlürfte genüsslich aus dem Löffel. „Hat dies etwas mit einem Jungen zu tun?“
Amys Mine verfinsterte sich. „Im Leben gibt es auch wichtigere Dinge“, erwiderte sie genervt. Um den hänselnden Blick zu entkommen, tauchte Amy den Löffel in die Suppe und spielte mit dem Löffel. Seit Wochen nervte Melanie sie mit dem gleichen Thema aber kein Wunder, Melanie hatte schon mit zehn Jahren ihren ersten Freund gehabt. „ Amy, mit dem Essen spielt man nicht!“, schimpfte Amys Vater. Bill war ein sportlich gebauter Mann, dem Amy von Kopf bis Fuss glich, nur besitze er nicht die gleiche Haarstruktur. „Aber warum bist so aufgeregt?“, jedes winzigste Geheimnis wollte Melanie stehst wissen. „Ich gehe heute zusammen mit Ellen und Marie in den Wald, es ist nichts Besonderes.“ Doch für Amy war dieser Tag einer der langersehtesten Tage in diesem Monat. Erst gestern hatten die wilden Krallen das Madagaskarreferat beendet und heute ging es endlich wieder ins Reich der Katzen! Belustig schob Amy sich den Suppenlöffel ins Maul, als sie bemerkte wie Melanie ihr über beide Ohren glaubte. Nervende Geschwister hin oder her, jedenfalls sind jüngere Geschwister ziemlich leichtgläubig.
Nach dem Essen, räumte Amy den Teller in den Geschirrspüler und stürmt in ihr Zimmer. Sie griff eilig nach einer farbigen Dose, die im hintersten Ecken des Bücherregales stand. Mit einem Geräusch öffnete sie den Deckel und zittrig glitt ihre Hand durch weiche Taschentücher, bis sie etwas Hartes ertasteten. Stolz nahm sie die wertvolle Bandenkette in die Hand und bewunderte die Einschriften. Die Zimmertür öffnete sich ruckartig und Melanie stolzierte ihnen. Gerade rechtzeitig verbarg Amy die Kette hinter dem Rücken, da sie keine weiteren Fragen beantworten wollte. „Hast du mein neues Parfüm gesehen?“, unter Melanies Arm war ein Buch eingeklemmt. „Nein, hab ich nicht aber was ist das für ein Buch unter deinem Arm?“ „Das ist ein Buch über verschiedene Katzenrasse, das hat Jahre auf dem Dachboden gelegen“, antwortete sie. Katzenrassen? , Neugier füllte Amys Augen.
Sie wusste gar nicht was Stern eigentlich für eine Rasse war. „Darf ich es haben?“, bettelte Amy, einem Kleinkind ähnlich. Melanie kräuselte die Lippen. „Nur wenn du mir hilft mein Parfüme zu finden.“ Amy grunzte, am liebsten hätte sie sofort den Handel abgelehnt aber die weibliche Neugier war um einiges stärker. „Na schön“, seufzte sie einwilligend. „Wo hast du es das letzte Mal gesehen?“ „Wenn ich mich nicht irre gestern, im Badezimmer oder…“, Amy hörte ihr nicht zu. Ein starker rosiger Geruch lenkte sie ab, welche ihre Geruchsknospen betäubten. Die Duftwolke kam von Melanies Zimmer. „Sehen wir doch zuerst in deinem Zimmer nach“, schlug die ältere Schwester vor, nachdem sie begriff, dass ihre Katzensinne sich meldeten. Neben Melanies Zimmer strömte ein Gasgestank aus dem Schlafzimmer. Mein Vater hatte eben fürchterlich gefurzt und ich muss es riechen! Da haben auch die besten Sinne Nachteile
Amy hielt die Nase zu und eilte fluchtartig in Melanies Zimmer, ganz zur Verwunderung der kleinen Schwester. Melanies Zimmer war eingekleistert mit Rockstarposter, rosa sowie weisse Möbel. Der zunehmende Nagellackgeruch machte Amy Kopfschmerzen aber der Parfümgeruch lag immer noch stark in der Luft. „Schau unter deinem flauschigen Kissen“, ordnete Amy an. Zweifelnd hob Melanie das Kissen und tatsächlich purzelte das Glasfläschchen in ihre offene Hand. Melanie sperrte den Mund wie eine grosse Hölle auf. „Danke!“, rief sie begeistert. „Woher hast du gewusst, dass…“, Amy unterbrach Melanie. „Das war das reinste Bauchgefühl.“
Diese Sinne sind reinstes Gold wert, dachte Amy glücklich, als sie mit dem gewonnenen Buch in ihr Zimmer schlenderte.
Von jetzt an konnte sie fast alles verflogen, riechen und hören, allerdings war ihr im Klaren, immer wollte sie diese Sinne auch nicht benützen, schliesslich blieb sie immer noch ein Mensch.
Amy hätte am liebsten das Buch von vorne bis hinten durchgelesen aber dazu blieb keine Zeit. Sie hätte um zwei Uhr eine äusserst wichtige Verabredung auf dem Treffpunkthügel. Amy nahm ihre Jacke, klemmte das Rassenbuch unter den Arm und verabschiedete sich.
„Papa wie kannst du mir dies nur antun!“, Maries Stimme wurde zu einem weinerlichen Flehen. Maries Vater verschränkte die Arme. „Nein, und nochmals nein, du wirst heute nirgendwo hingehen!“ „Aber warum nicht, ich habe alles für das Referat doch erledigt!“, Marie versuchte ihren Vater zu überzeugen, heute war ein wirklich wichtiger Tag für die wilden Krallen. Pierre erneut schüttelte den Kopf und rückte seine Brille zu recht. „Und was ist mit Mathe?“ Marie schwieg, die letzte Note, die sie geleistet hatte war kein glänzendes Resultat. „Papa, wir haben den heutigen Tag schon seit Wochen verplant!“, bettelte sie mit wenig Hoffnung. Pierre winkte ab. „Geh in dein Zimmer und mach Hausaufgaben!“ Marie hätte ihn am liebsten das Fell über die Ohren gezogen aber Widerstand war schon immer bei ihm zwecklos gewesen, dies hatte sie schon sehr früh erfahren. Deprimiert schlurfte sie in ihr kleines Zimmer und verschloss die Tür. Timo, Maries Bruder, hätte sehr wahrscheinlich die Erlaubnis gekriegt. Sie warf sich aufs Bett und zog sich die violette Decke über den Kopf. Warum musste sie gerade heute Mathematik aufbessern? Marie starrte an die langweilige Decke, von der bereits der Verputz abblätterte. Dabei stach ihr Terminkalender neben der Tür ins Auge. Am nächsten Wochenende ging sie und ihre Familie endlich wieder einmal ein Familienausflug machen, da Maries Mutter einen Tag extra frei nahm. Ansonsten arbeitete sie meisten sieben Tage in der Woche. Ein Klopfen an die Glasscheibe liess sie zusammenzucken. Aber hinter der durchsichtigen Scheibe konnte sie nur das vertraute Schwimmbecken entdecken. Erst dachte sie, Timo wollte ihr einen Streich spielen aber durchsichtige schimmernde Gestalt auf dem Fensterbrett brachte ausser Atem. „Wolkenjäger!“, rief Marie überrascht. Sie öffnete das Fenster und die beinahe durchsichtige Katze sprang auf den schwarzen Schreibtisch. „Was machst du hier?“ Wolke nickte ihr ernst zu. „ Ich kann dich doch nicht alleine hier in diesem viereckigen Klotz, namens Haus, verschmachten lassen.“ Marie verstand nur Bahnhof. „Wie meinst du das?“ Wolkenjägers Ohren zuckten energisch. „Wenn Ellen und Amy ohne dich in das Reich der Katzen gehen, werden sie für immer dort gefangen bleiben!“ Entsetzten füllten Maries Augen. „Aber darf nicht weg gehen!“ „Natürlich kannst du, das Fenster ist offen“, miaute Wolkenjäger und sprang elegant aus dem Fenster.
„Ich meine aber in Katzengestalt Marie“, bemerkte er, als Marie tollpatschig den Körper aus dem Fenstern zwängen wollte. „Oh, na klar, so geht es wesentlich einfacher und ich werde nicht entdeckt.“ Marie umklammerte die schwarz-weisse Kette und wünschte sich: „Ich bin jetzt ein Mensch, doch gleich werde ich eine Katze sein.“ Maries Gestalt verformte sich und ihm nächsten Wimperschlag hüpfte eine schwarze weisse gefleckte Katze vom Fensterbrett. „Mir nach!“, Wolkenjäger stampfte durch den Garten. „Was ist denn das für eine grosse Wasserpfütze?“, verwundert betrachte er das Pool. „Das ist ein Schwimmbad“, erklärte sie. „ Wir benützen es bei schönem Wetter um uns abzukühlen.“ Wolke schauderte es den ganzen Rücken hinunter. „ Schwimmen tu ich nicht gerne.“ Welche Katze liebt schon schwimmen? , dachte Donner laut. Wolkenjäger wirbelte auf Gartenvorplatz um die eigene Achse. „ Donner, mache Katzen schwimmen für ihr Leben gerne, meine Mutter hat sogar im Wasser gejagt.“ Donners Ohren stellten sich auf. „Wirklich, das wusste ich nicht.“ „ Ist das dein Vater?“, Wolkenjäger linste ins Fenster hin, wo Pierre eine Zeitung las. „ Ja, das ist er. Er ist ein talentierter Koch aber manchmal stellte er mich oft unter Hausarrest.“ „Ich weiss, ich beobachte dich andauernd. Nur siehst du mich nicht immer.“ Donner zuckte schroff mit den Schnurrhaaren bei dem Gedanken, was Wolkenjäger immer von ihr hielt, wenn er sie Fluchen hörte. „Los komm, deine Freundinnen werden nicht immer warten!“, drängte Wolkenjäger sie weiter. Er linste über die Buchsbaumhecke in Richtung Treffpunkthügel und entdeckte auf dem schmalen Hügelkamm zwei Gestalten warten. Während Donner zögerte, zwängte Wolkenjäger seinen Körper durch den Strauch und wurde verschluckt. „Kommst du, wir haben nicht ewig Zeit!“, rief der Kater.
Donner warf einen letzten Blick ins Wohnzimmer, wenn Pierre ihre Abwesenheit bemerken würde, gäbe es Hausarrest bis zum Ende ihres Lebens. Sie schob den Gedanken bei Seite. Ich bin nur höchsten eine halbe Stunde weg! Entschlossen überwältigte sie den Busch, der an eine Mauer erinnerte, die ihr den Weg zur wilden Freiheit versperrte.
„Marie hat schon über 15 Minuten Verspätung“, besorgt spähte Ellen zur Kirchturmuhr im Dorfzentrum. „ Die ist nur ein bisschen spät von zuhause weggekommen“, winkte Amy überzeugt ab. „Meinst du wirklich?“, Ellen hörte sich weniger optimistisch an. Amy legte Ellen die Hand auf die schmale Schulter. „Ganz bestimmt, ausser sie hat…“, einen schrecklichen Gedanken nistete sich in Amys Gedächtnis ein. Ellen stockte es den Atem. „Glaubst du sie ist…schon vorausgegangen?“ Stille kehrte ein. Hilflos spähte Amy über die ganze Landschaft, doch keine Gestalt, die Marie ähnlich sah, entdeckte sie in der Ferne. „ Oder sie wartet beim Stein“, schlug Ellen verunsichert vor. „Du hast recht, gehen wir hin“, meinte Amy und stürzte bekümmert über die saftige Weise. Eigentlich wollten Ellen und Amy noch auf Marie warten, um gemeinsam das Rassenbuch anschauen zu können aber nun wusste sie nicht wo Marie abgeblieben war.
„Hier ist sie auch nicht gewesen“, Amy schweifte ihren Geruchsinn über das trockene Laub. „Keinen Geruch, kein Geräusche, keine Fussabdrücke, nichts.“
Ellen verzog die Lippen und zerrte ein Blatt vom niedrigen Bergahornbaum ab. „ Sie muss vorgegangen sein.“ „Vorgegangen?“, Amy holte tief Luft. „Aber warum sollte sie so etwas tun?“ Ellen zuckte mit den Achseln. „Was wäre deine Erklärung für diese lange Abwesenheit?“ Wortlos kniete sich Amy dicht neben dem Wunschstein nieder und überlegte eine Weile. Schliesslich richtete sie den Kopf auf und ihre Augen funkelten Entschlossen. „Stimmt, auch wenn keine Spur mehr von ihr zurückgelassen wurde, ist sie ins Reich der Katzen gegangen. Der Stein ist von Tannennadeln freigeschaufelt worden!“ „Dann sind wir uns einig“, Ellen berührte mit den Fingerspitzen die Bandenkette, stellte sich Brombeere und das Reich der Katzen vor. Gerade wollte sie ihren Wunsch gedanklich sprechen, durchschnitt ein schrilles Jaulen die Stille des Waldes. Eine Amsel floh schrill aus dem Unterholz und brachte Ellen von ihrem besessenen Wunsch ab. Ein stechender Schmerz folgte, ganz verängstigt stand Donner ausser Atem vor den Freudinnen mit den eingeschlagenen Krallen in ihrer Haut. „Was soll das!“, mit schmerzverzerrtem Gesicht entfernte Amy Donners Krallen aus der Hautschicht. „Fast hätte ihr mich beide nie wieder gesehen!“, tiefe Verzweiflung schäumte sich in ihren Augen auf. „Wir dachten du wärst schon vorgegangen“, verteidigte sich Amy, die die Ernsthaftigkeit der Lage nicht ganz begriff. „Nur vorgegangen, versteht ihr nicht, wenn ich euch nicht aufgehalten hätte, würdet ihr nie wieder zurückkehren, nie wieder“, kreischte sie umher. „Und woher weisst du das?“, fragte Ellen. „Von mir“, eine durchsichtige Gestalt trabte über den Waldboden. „Wolkenjäger!“, riefen Amy und Ellen erfreut. „Was Marie sagt ist wahr, ihr dürft niemals, wirklich niemals alleine in die andere Welt gehen!“, sein Schweif peitscht dabei angespannt. „Wir hätten nie mehr wieder, zurückgehen können“, Ellen schluckte die steigenden Tränen hinunter. „Danke für die Rettung“, Amy strich ihr sachte über den kleinen Kopf. Donner wich traurig zurück, als Ellen ihr ebenfalls dankbar über das weiche Fell streicheln wollte. „Alles ist meine Schuld“, gestand sie kleinlaut. „Mein Vater hat mir Hausaufgaben für diesen Nachmittag verordnet, hätte mich Jäger der Wolke nicht besucht, würdet ihr für immer im Reich der Katzen gefangen blieben.“ Ellen konnte sich nicht mehr beruhigen, die Tränen sprudelten aus den Augenritzen, wie bei einer traurigen Beerdigung. „Oh Donner“, schniefend nahm Ellen die schwarze Katze in die Arme, drückte den warmen Körper gegen die Brust und kraulte das Fell. „Ohne dich wären wir beide verloren, es ist nicht deine Schuld“, Amy wischte die Tränen von der Backe. Wolkenjäger, der in der Nähe verharrte, wirkte erleichtert, zugleich aber bedrückt. „ Es tut mir leid“, murmelte er. „Ich hätte euch davor warnen müssen.“ „Ach was, niemand ist schuld“, Amy kraulte ihm über das muskulöse Brustfell. Ein tiefes Schnurren rumpelte aus seinen Nasenlöcher, welches sich anhörte wie ein Lastwagen. „Warum Schnurren eigentlich Katzen?“, Donner wechselte das Trübsal blassende Thema. „Ganz einfach, wir wollen Aufmerksamkeit erregen oder unser Wohlbefinden ausdrücken“, schnurrte Wolkenjäger vergnügt. Ellen lächelte wieder, das war eben typische Katze, sie brauchen einfach ziemlich viel Aufmerksamkeit im Leben.
„So Kinder, ich muss aufbrechen, habt Spass, haltet euch an das was ich euch beigebracht habe und dient den Jäger des Waldes“, Wolkenjäger stolzierte in die Richtung einer jungen Föhre. „Ich hoffe wir sehen uns bald wieder“, miaute Donner ihm nach. Der Katze nickte kurz und nachdem nächsten Augenzwinkern war er von der Blickfläche verschwunden.
Ein Stirnklatscher folgte. „ Das hätte ich fast vergessen, ich hab ein Rassenbuch über Katzen extra mitgenommen.“ „Ein Rassenbuch“, Maries Ohren stellten sich auf. „Jawohl“, voller Neugier öffnete Amy das Buch, während Ellen und Donner sich über ihre Schulter lehnten. Sie blätterten eine Weile bis Amy eine Katze entdeckte, die Stern ziemlich ähnlich sah. „Eine Main Coon Katze“, las Amy vor. „Main Coon Katzen stammen wahrscheinlich von norwegischen Waldkatze ab und kam mit Wikingerschiffen nach Europa. Die heutige Main Coon ist kraftvoll, elegant mit einem mittellangen, seidigem Fell und einem flauschigen Schweif, welche meistens weisse, silbergraue oder gescheckte ist. Sie sind verspielt, gutmütig aber auch temperamentvolle Katzen.“ „Die Beschreibung passt wirklich zu Stern“, Marie betrachtete das Bild einer wunderschönen Katze mit neidischen Augen. Ellen fuhr mit dem Finger über die Seite. „Seht mal der Preis! Eine Main Coon Katze kostet bis zu 1000 Franken.“ Amy musterte erstaunt die Zahl, so viel Geld hätte sie für Sterns Rasse nie erwartet. „Lass wir mal nachschauen was Brombeere und Donner für Rassen sind“, Ellen brannte die Finger vor Neugier. Amy breitete das Buch auf dem Waldboden aus, damit alle einen besseren Blickwinkel hatten. „Hier, eine europäische Kurzhaar Katze“, Donner deutete mit der Schweifspitze auf eine kräftige Katze mit hellbraunem Fell und dünnen schwarzen Streifen. Ellen Zähne knirschten. „Brombeere hat doch eher ein kräftigeres Braun und exaktere Streifen, diese Katze erinnert eher an Teiger.“ Amy linste breites ein paar Seite vor, denn diese Kurzhaar Katze, schien nicht die richtige Rasse zu sein. „Die sieht schon viel besser aus“, Amy vergrub die europäische Kurzhaar Katze unter einem Berg von Seiten. „Eine Toyger Katze“, las Ellen den Titel vor und beäugte das Bild. Es zeigte eine kräftige Katze mit getigertem braun schwarzem Fellmuster und gelben Augen. „Toyger Katzen, wurden für Menschen mit einem Tigermuster gezüchtet, damit sie einen Toy Tiger(Spieltiger) für die Stube haben“, Donner begann zu lesen, vermutlich war sie die einzige Katze auf der Welt, die Lesen konnte. Ellen verschränkte die Arme. „So eine Frechheit, ich soll ein Spielzeug für die Menschen sein!“ Donner überhörte die Worte und fuhr fort. „Ihr Kopf ist lang und breit ebenso die Nase. Der Körper ist gross, lang und muskulös gebaut. Sie haben meisten gelbe oder grüne Augen, dazu haben sie ein freundlicher, offener und mutigen Charakter. Ausserdem sind sie besonders gute Beutejäger.“ „Das klingt nach mir“, meinte Ellen, nachdem sie der Beschreibung aufmerksam zu gehört hatte.
Die wilden Krallen beschlossen noch Donner aufzuspüren, doch sie entdeckten keine Rasse, die zu Donner passte. „Vielleicht bist du ja eine gewöhnliche Hauskatze“, begann Amy vorsichtig. Donner Schnurhaare vibrierten enttäuschte. „Ihr beide seid so schöne, begehrenswerte Rassen und ich ein Häufchen Müll!“ „Ausser deine Rasse in diesem Buch ist nicht notiert“, überlegte Ellen laut und wollte Donner vertrösten. „Eine Seite haben wir noch“, murmelte Amy hoffnungsvoll. „Pff, und da soll meine Rasse eingetragen sein?“, kam die pessimistische Antwort. Amy musterte die nächste Seite. „Reinrassige Katzen, sind Katzen, die keine Mischung im Aussehen ausstrahlen, sie sind rothaarig ohne Flecken. Komplett schwarzhaarig oder ziemlich schön schwarz weissgefleckt. Dazu haben sie oft klare Augenfarben.“ Amy blickte Donner erwartungsvoll in die schönen dunkelblauen Augen. „Gratuliere dir, du bist eine Reinrasse!“ Donners Augen schimmerten erstaunt. „Ich bin reinrassig?“ „Natürlich, sie doch was du für eine exakte Fellzeichnung und schöne Augenfarbe hast“, munterte Ellen sie auf. Donner schmiegte sich an ihren hochgewachsenen Menschenbeinen. „Dann bin ich ja etwas Besonderes!“ „Das bist du schon immer gewesen“, Ellen streichelte ihr über den Kopf. „Gehen wir jetzt endlich ins Reich der Katzen“, drängte Amy stürmisch. „ Wir…“, eine lauter Ruf unterbrach Amy. „Hey, habt ihr in diesem Wald verloren?“
Wie gelähmt wanderten die Blicke der Mädchen aus der Richtung wo der Laut gekommen war. Sascha stand, flankiert von Levin neben einem Baum und starrte sie vorwurfvoll an. „Das ist unser Wald kapiert, ihr habt hier nichts verloren!“ Levin kam einige Schritte näher. Zuerst musterte er Donner, dann suchte er aber die Umgebung ab. „Wo ist Marie?“ „ Ist doch egal, so haben wir eine Nervensäge weniger!“ Dies hätte Sascha lieber nicht sagen sollen. Donner fauchte aus tiefster Kehle und fuhr die glänzenden Krallen aus. „Hoppla, die scheint aber jemand aggressiv zu sein, ist das euer neues Bandentier?“, fragte Sascha weiter. „Nein, ist sie nicht“, Ellen versuchte Marie hinter ihre Beine zu verdecken. Sie ein Bandenmitglied, ihr Hohlköpfe!
„Schnell Donner lauf weg, sie könnten sonst Verdacht schöpfen“, miaute Amy ihr auf Katzensprach zu. „Hast du etwas gesagt, Blondie?“, fuhr Levin sie an. „Oh ja, ihr seid die grössten Hohlköpfe aller Zeiten“, erwiderte sie frech, während Donner sich vorsichtig hinter dem nächsten Dornenwall zurückzog. Saschas Augen blitzen wütend. „Verlasst diesen Wald oder wir werden nachhelfen!“ „Dieser Wald gehört nicht dir!“, fuhr Ellen hin an. „Ihr brütetet aber etwas aus“, musterte Sascha sie misstrauisch. „Her mit diesem Buch!“, Levin griff nach dem Katzenrassenbuch. „Pfoten weg!“, schrie Amy lauthals, hastete zum Buch aber bevor sie es erreichen konnte, hielt Levin es bereits siegessicher in den Armen. „Es ist ein Rassenbuch über Katzen“, Levin zog seine Augenbraue hoch. „Ernsthaft?“ „ Geht dich einen feuchten Staub an“, wütend beschlagnahmte Amy ihm das Buch aus den Händen. „Vielleicht wollen sie wissen, welche Katze ihnen am ähnlichsten sieht.“ Noé kam hinter vom Waldweg zu ihnen hinüber geschlendert, er vergrub die Hände lässig in den Hosensäcken. Amy zupfte Ellen am Pullover, es bedeutete so viel wie, keine Antwort geben, flüchten und schleunigst verschwinden. Auf Kommando rasten die beiden los, ins Innere des Waldes, wobei Sascha wütend mit seinen Jungs die Verfolgung aufnahm. „Geht sofort in Richtung Waldausgang oder ihr werdet es bitter bereuen!“, drohte ihnen Levin von hinten. „Und zwar auf der Stelle!“ Die Mädchen schenkten der Drohung wenig Beachtung, stürzten blindlinks über den matschigen Waldboden, vorbei an einem Bach. „Den werde ich‘s zeigen!“, knurrte Sascha, als die Mädchen keinen Eindruck zeigten. Er überholte seine Freunde, die ihm etwas zu lahm vorkamen und sprang über einen Baumstrunk. Keuchend stolperten die Mädchen einen Abhang hinunter und peitschte alle Äste aus ihrem Weg, die sie erreichen konnten. Ellen konnte den wütenden Schrei von Noé deutlich hören und die trommelnden Schritte von Sascha. „Ellen hinter dir!“, kreischte Amy im Rückenwind. Sascha streckte seinen Arm und erreichte Ellens blaue Kapuze, würgend bremste er Ellen somit ab. Bevor er jedoch sie in den Schwitzkasten nehmen konnte, fuhr Ellen ihre unsichtbaren Krallen aus und verpasste ihm einen Kratzer. Erschrocken liess er die Kapuze los, während Ellen schon wieder hinter der nächsten Linde verduftet war.
„Hat sie dir was getan?“, schnaufend hastete Noé zu Sascha, der seine Hand lutschte. „Nur einen Kratzer“, versicherte er ihnen. „Ellen sollte wirklich die Fingernägel schneiden lassen.“ „Diese miese Schlange mache ich fertig, wen ich sie in die Hände bekommen!“, schrieb sich Levin hinter die Ohren.
„Puh, war das knapp, Sascha hätte mich beinahe erwischt“, erschöpfte kauerte Ellen nieder. Im Schutze eines Gebüsches hielten sie inne um kurz Luft zu schnappen. „Wo ist nur Marie, ich meine Donner abgeblieben?“, besorgt linste Amy über die obersten Blättert des Gebüsches. „Glaubst du ihr ist etwas zu gestossen?“ Ellen schüttelte den Kopf. „ Sie ist eine flinke Katze und sie sind träge Menschen.“ „Hallo, ihr da unten?“, eine Stimme liess sie zusammen zucken. Donner balancierte auf einem Spitzahornbaum, in den untersten Ästen umher. „Du hast uns einen tüchtigen Schrecken eingejagt“, Amy hörte ihr Herz bis zum Hals hämmern. Donner lächelte frech, hatte aber genug vom Klettern, worüber sie die Borke hinunterkletterte. „Prächtig entkommen, wie ich sehe.“ Sie stolzierte in ihre Richtung und legte den Schweif sorgfältig über die schwarzen Pfoten. „Sie haben mich gesehen aber ich glaube sie schöpfen keinen Verdacht.“ Ellen hielt sich die Hand vor das Gesicht.
„Doch werden sie, ich habe Sascha gekratzt.“ Donner schwieg und starrte besorgt Löcher in die Leere. „Und wenn schon, ich habe ihn gehört, wie er sagte, Ellen sollte ihre Fingernägel schneiden“, aufmunternd klopfte Amy ihrer besten Freundin auf die Schulter. „Wirklich?“, Ellens düstere Mine hellte sich auf. „ Dann sollten wir endlich ins Reich der Katzen…“, Donner fauchte auf und unterbrach Ellen. „Ich höre Stimmen!“, murmelte Donner mit angespannten Ohren. Tatsächlich, wenn Amy sich konzentrierte, konnte sie leise Stimmen, vermischte mit dem Rascheln der Blätter hören, die von Füssen aufgewirbelt wurden.