Na dann Kap ab! (Film ab)
Den Tod sooo Nah...
Als wir auf dem Weg vom Club wieder an dem Güterbahnhof vorbei kamen, hörten wir Gelächter und Geschrei.
„Komm hoch“, brüllte jemand.
Wir rannten die paar Meter und blieben erstarrt stehen. Dort stand eine Clique Mädchen, alle um die 14 bis 17 Jahre. Ein etwas älteres Mädchen, hielt ein anders an den Haaren. Ich wusste nicht so genau, ob sie helfen oder etwas anderes im Sinn hatte. Meine Aufmerksamkeit war im Moment auf den Jungen im Gleisbett gerichtet. Er musste 15, vielleicht auch 16 Jahre alt sein.
Aber das, was meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte war das Geräusch eines heranfahrenden Zuges.
„Junge, komm hoch“, schrie ich ihm schrill entgegen.
Erschrocken sah er auf. Registrierte dann auch das Geräusch und versuchte schnell aus der Gefahrenzone zu kommen. Allerdings schaffte er es nicht allein. Die Mädchen standen ebenfalls erstarrt und sahen mit Schrecken den Jungen an.
Ich erwachte aus meiner starre und wollte zu ihm. Doch kaum war ich bei ihm, um ihm meine Hand zu reichen. Sauste etwas mit erschreckendem Tempo und quietschenden Geräuschen an mir vorbei. Ich hörte einen dumpfen Aufprall und dann das knacken der Knochen. Das er meine Hand doch noch gegriffen hatte, realisierte ich erst als ich mit gerissen und dann mit einer enormen Wucht zu Boden geschleudert wurde.
Ich fiel direkt auf meinen Kopf und ein stechender Schmerz jagte durch meinen Schädel. Einmal blinzelte ich noch, dann wurde alles schwarz.
Dann geschah etwas, was ich niemals vergessen werde. Ich sah ein Licht, klein und schwach einige Meter entfernt von mir. Es kam nicht dichter, wurde nicht größer und auch nicht heller. Eine Stimme flüsterte mir etwas zu…
„Du hast deine Aufgabe noch nicht erfüllt, GEH.“
Ich hatte keine Erklärung für das eben geschehende. Aber es wurde noch merkwürdiger. Plötzlich fühlte es sich an, als würde ich schweben, das Licht Verschwand und meine Umgebung wurde wieder sichtbar. Allerdings schwebte ich über meinem Körper und konnte alles gestochen scharf sehen.
Rechts neben mir, hockte ein Rettungssanitäter und führte, was mich ziemlich schockierte, eine Herzmassage bei mir durch. War ich etwa so hart aufgekommen? Maya hatte meine linke Hand an ihre Wange gedrückt und weinte verzweifelt, wisperte dabei dauernd meinen Namen.
„Komm schon Mädchen, komm zurück“, flüsterte der Sanitäter und Maya im gleichen Moment.
„Beste Freunde, für heute, für morgen und für alle Zeit“, sie wisperte unseren Eid immer und immer wieder.
Einen Augenblick später, spürte ich einen Sog, der mich wieder direkt in meinen Körper katapultierte. Im gleichen Moment, spürte ich meine steifen Glieder, den bestialischen Kopfschmerz und die gedämpften Stimmen, gemischt mit unzähligen Schluchzern, die ich ohne jeden Zweifel Maya zuordnen konnte.
„Sie ist wieder da, ab ins Krankenhaus mit ihr.“
Bei dieser ganzen Aufregung, hatte ich vergessen darauf zu achten, was noch um mich herum passiert war. Wo waren die Mädchen? Der junge, war er… Definitiv ja, diesen Aufprall konnte er nicht überlebt haben. Innerlich weinte ich für ihn, während ich spürte, wie man mich Transport fertig machte.
Dann vernahm ich gar nicht mehr…
Wahrscheinlich musste ich lange geschlafen haben oder was auch immer ich getan hatte. Denn öffnen konnte ich meine Augen nicht, mein Bewusstsein war aber da. Ich hörte leise Stimmen. Oft Alice ihre, hin und wieder kam es mir so vor, meine Eltern zu hören. Wäre da nichtdieses lästige Piepen. Und dieses verdammte dunkel, das sich nicht lichten wollte.
Ich hörte Männer reden. Wahrscheinlich Ärzte. Die sich darüber unterhielten, das es Zeit werden würde, mich wieder zurück zu holen. Mir ging sofort ein Licht auf,…natürlich nur ironisch, denn um mich herum war immer noch alles schwarz. Ich lag im Koma, so viel war sicher. Nach einigen gemurmelten Worten, die ich nicht verstand, wurde es abermals ruhig um mich herum.
War es ein Traum? Wirklichkeit? Einbildung? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich einen Zug hörte. Nein DIESEN Zug. Ich hörte den Aufprall, das Brechen der Knochen. Ich sah das ängstliche Gesicht des Jungen. Er erwiderte meinen Blick, ein zartes lächeln legte sich auf seine Lippen.
„Danke, dass du mir helfen wolltest.“
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Konnte ein Traum so real sein?
„Bitte, aber was ist das hier?“
„Eine Art Zwischenwelt. Ich soll dir sagen…“, er stoppte, ehe er mir eindringlich in die Augen sah und weiter sprach.
„…du sollst deine Gabe, für deine neue Aufgabe nutzen.“
„WAT?“
Ja ich weiß, sehr einfallsreich. Aber ich verstand nur Bahnhof. Und im Übrigen, war diese ganze Sache, seit diesem Aufprall so skurril, das ich allmählich an meine Geistige Zurechnungsfähigkeit zweifelte. Vielleicht war ich ebenfalls tot!
„Du wirst bald verstehen was ich meine. Ich muss jetzt gehen. Meine Zeit auf Erden ist vorbei. Aber keine Angst, wir werden uns wiedersehen. Ich bin dein persönlicher Engel, Dean.“
Dann verschwand er und ließ mich vollkommen, bewegungsunfähig und ratlos zurück. What the fuck? Ein Art elektronischer Schlag, holte mich letztendlich komplett zurück ins hier und jetzt. Ich hörte Maya erneut unseren Schwur murmeln, öffnete die Augen und sah, wie sie meine Hand hielt, die Augen fest zusammen gepresst hatte und immer wieder diese Worte murmelte.
„Beste Fr…eunde, für heute, f…für morg…en und für alle Z…eit“, kränkste ich.
Denn verdammt, meine Kehle war trocken und tat bestialisch weh. Maya schreckte hoch und sah mich mit großen Augen an.
„Mein Gott Marie, du bist wach“, schrie sie und tat nur schwer daran, mir nicht um den Hals zu fallen.
„War nie wirklich weg“, flüsterte ich leise und schluckte den zähen Speichel der sich sofort gesammelt hatte runter.
Es war ja die Wahrheit, ich hatte alles gehört. Und auch die Begegnung mit dem jungen war noch klar und deutlich in meinem Hirn eingebrannt. Dean! Denn ich retten wollte und beinahe selbst dadurch mein Leben geben musste. Ich wusste noch alles!
Maya holte nach einigen Stoßgebeten einen Arzt. Dieser Fragte mich wie es mir ginge. Ich sagte ich hätte keine Schmerzen, wusste nicht ob es gelogen war. Denn irgendwie war mein ganzer Körper noch immer in der Schlummerfase und zu keinem Gefühl im Stande. Ein wusste ich allerdings ganz genau. Ich hatte tierischen Hunger. Er lachte, als ich ihm das sagte und meinte. Das ich zum Abendessen eine kleine Suppe vertragen könnte. Mir wäre ein schönes saftiges Steak um einiges lieber gewesen, aber ich vertraute auf den Rat des Doktors.
Er erzählte mir noch einmal kurz angebunden, dass ich 10 Tage im Koma lag und mir wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen. 10 Tage? So lang kam es mir gar nicht vor. Der Arzt verabschiedete sich und ging und ich blieb sprachlos mit meiner noch immer vor Glück weinende Freundin zurück.
„Deine Eltern werden nachher noch kommen“, meinte Maya.
Ich nahm diese Information, nickend zur Kenntnis. Mir wollte noch immer nicht begreiflich werden, was alles in den 10 Tagen in meinem Kopf, oder wie auch immer abgelaufen war. Maya fragte mich, an was ich mich noch erinnern konnte. Ich erzählte ihr im groben die Details vom Unfall, ließ diese mysteriöse Dunkelheit, das Schweben über meinen Körper, den Jungen und alles andere Kranke aber erst einmal beiseite.
Sie würde sofort wieder einen Arzt heran schleifen. Die würden denken, es läge an den Medikamenten. Vielleicht war es auch so, aber an der Unfallstelle, hatte ich keine Medikamente oder? Keine Ahnung, jedenfalls konnte ich das nicht so ganz glauben. Dafür fühlte es sich zu echt an.
Angriff, war die beste Verteidigung, also begann ich sie auszufragen.
„Was ist mit den Mädchen passiert?“
„Es handelte sich um eine Mädchenclique. Der Junge war gerade dabei eine Mutprobe zu machen“, sie verdrehte die Augen und seufzte leise.
„EINE MUTPROBE“, schrie ich und hustete im gleichen Moment.
Maya reichte mir ein Glas Wasser, das ich in einem Zug killte.
„eine Mutprobe mit Todesfall und ich wurde schwerverletzt.“
Sie nickte gepresst.
„Die ältere war die Anführerin. 17 Jahre und kein bisschen Verstand im Schädel. Sie wurde festgenommen. Keine Ahnung was mit ihr passiert. Wahrscheinlich Jugendknast, wenn überhaupt. Bestimmt wird sie mit ein paar Sozialstunden davon kommen.“
„Und was war mit dem Mädchen, das sie an den Haaren hatte?“
„Alle Mädchen hatten Angst vor ihr. Sie waren eher Mitläufer. Lieber in ihrer Gang, als selbst die Zielscheibe“, sie zuckte bedauernd die Schultern.
„Das erklärt einiges. Die kleine wollte dem Jungen wohl helfen.“
„Wahrscheinlich“, stimmte Maya ein.
Als eine Schwester mit einem Tablett kam, verabschiedete Maya sich. Sie musste morgen wieder arbeiten und versprach, danach sofort zu mir zukommen. Ich aß brav meine Suppe. Während ich löffelte, wurde mein Hunger größer. Seufzend nahm ich hin, dass es für heute meine einzige Mahlzeit sein würde.
„Oh, Kind“, ich schreckte auf und sah zur Tür.
Meine Mutter stand in besagter und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
„Was machst du denn für Sachen?“
„Keine Ahnung Mom, ich wollte nur helfen.“
„Ja das ist meine Tochter“, sagte mein Dad stolz wenn auch etwas ärgerlich weil ich mich in Gefahr gebracht hatte.
Meine Mutter begann sofort wie ein aufgescheuchtes Huhn zu reden. Sie überschlug sich selbst dabei. Ich hörte nach „Wir haben uns solche Sorgen gemacht“, nicht mehr zu. Ich war auf einmal furchtbar müde. Mein Dad spürte es als erstes. Er klemmte sich Mom unter den Arm und verließ mit einem „Ruh dich aus mein, Schatz“, mit meiner zeternden Mutter das Zimmer. Glücklich endlich meine Ruhe zu haben, schlief ich schon bald ein. Ohne Traum!
Maya kam am nächsten Tag wie versprochen gleich nach der Arbeit.
„Bei dir auf Arbeit ist die Hölle los.“
Ich hob eine Augenbraue und sah sie abwartend an.
„Ich wollte ihnen Bescheid geben, wie es um dich steht. Tanya, war gerade dabei Jessica anzuschreien, wie unfähig sie doch sei.“
Ich grinste teuflisch und zuckte die Schultern.
„Jetzt wo ich nicht da bin, sieht sie endlich, dass Jessica nichts auf die Reihe bekommt und versteht wohl, dass ich immer die ganze Arbeit geleistet habe.“
„Ich hab mich auch darum gekümmert, dass dein Urlaub verschoben wird. Mit diesem Loch in der Schädeldecke, wirst du wohl noch einige Tage hier bleiben müssen.“
Yeah, ich hatte mir tatsächlich den Schädel eingeschlagen. Ich war ziemlich sprachlos, als der Arzt mir das heute Morgen verklickert hatte. Er sprach noch von weiteren medizinischen begriffen, die ich nicht verstand und somit sofort ignorierte. Wichtig war doch eh nur, dass ich wieder gesund wurde.
„Und das ging so einfach?“
„Ja Tanya hat widerwillig eingestimmt und die Verschiebung deiner Buchung war auch kein Problem. Du musst die Frau nur vorher anrufen, das Häuschen ist für die ganze Zeit nicht verbucht also wartet es auf dich.“
„Und es kostet auch nichts extra?“
Sie schüttelte den Kopf und lächelte mich an.
„Das ist ja großartig sag…möchtest du nicht mitkommen?“
„Oh jaaaa“, quietschte sie und küsste meine Wange.
Maya blieb wieder bis zum Abendessen. Mir wurden danach Schmerzmittel gegeben, mit denen ich sorglos in einen langen Schlaf driften konnte. 7 Tage blieb ich noch auf der Intensivstation. Dann noch 4 Tage auf der normalen oder innere, wie die Schwestern sie nannten. Ich war heilfroh als ich endlich das Krankenhaus verlassen durfte. Wir beschlossen, sofort in den Urlaub zu fahren, damit ich mich dort ausreichend vom Unfall erholen konnte. Über den jungen, hatte ich während der ganzen Zeit kein Wort verloren.