Die Bar ist gesichtslos, wie die vielen Menschen um uns herum. "Du bist so komisch in letzter Zeit, ist alles ok bei dir?" "Was meinst du?" ich tue unschuldig. Ich weiss, dass ich in letzter Zeit nicht ich selbst bin. Weil ich gerade nicht mehr genau weiß, wer das eigentlich ist.
"Wir mögen es nicht, wenn du so bist." Auch das weiß ich. Keiner mag es, wenn ich so bin. Deshalb bin ich es ja auch so selten. "Nee, nee, wirklich, es ist alles gut." Sie schauen mich an und warten auf mehr. Ich schaue aus dem Fenster und hoffe, dass wir endlich das Thema wechseln können. Wie soll ich ihnen denn auch erklären was mit mir los ist, wenn ich es selbst kaum weiß. Wenn ich nicht in Worte fassen kann, dass mir die ganze Zeit schlecht ist und ich ein bisschen das Gefühl habe, dass ich mich am Leben überfressen habe, und trotzdem nicht richtig satt bin. "Willst du nicht drüber reden?" Nein, will ich nicht. Ich weiß, was sie mir sagen werden. Dass alles wieder gut wird, dass ich es gut habe oder dass es allen so geht. Ich versuche zu kämpfen aber es hilft nichts, die Tränen bahnen sich ihren Weg. Sie schmecken warm und salzig und mir wird schon wieder schlecht. "Rede doch bitte mit uns."
Und dann fange ich an zu reden. Ich rede über die schrecklichen Gedanken in meinem Kopf und darüber, dass ich am liebsten irgendwo ganz von vorne anfangen möchte, ohne sie. Darüber, dass ich aufhören möchte ihr Leben zu leben, sondern meins. Darüber, dass ich gerne Dinge tun will, von denen ich weiß, dass sie andere Menschen verletzen werden, aber mir gut tun; darüber, dass ich alle Sicherheiten über Bord werfen möchte um morgen woanders aufzuwachen. Und dann rede ich noch über all die Dinge, die sie nicht von mir wissen. Die schlimmen Geschichten, meine Sünden, die Narben, die vielen tausende von Fehlern, die ich in meinem Leben gemacht habe und immer hübsch hinter einem Haufen guter Laune versteckt habe.
Ich sehe ihre entsetzen Gesichter und die Angst in ihren Augen. Und deshalb schlucke ich all diese Dinge herunter und sage nichts, außer: "Ach, es ist was blödes auf der Arbeit passiert…"