Auf dem Weg zu Cam leerte ich gerade meinen Becher und konnte somit nicht erkennen wer neben ihm stand, besser gesagt ich schaute eigentlich gar nicht hin. Doch als Cora mich zum stehen brachte und ich das rote Plastikteil von meinem Mund senkte, musste ich unwillkürlich grinsen.
„Leute, das ist Tommy. Tommy das sind Cora und...“
„Sophia Masters“, unterbrach dieser ihn schelmisch grinsend.
Cam sah verwirrt zwischen ihm und mir hin und her, dann runzelte er die Stirn und zeigte abwechselnd mit den Finger auf einen von uns.
„Ihr kennt euch?“
Ich wollte gerade ansetzen, doch Tommy war wohl schneller. 1 zu 0 für ihn.
„Ich wollte sie vom Dachboden verscheuchen, aber naja... hat nicht so funktioniert“, erklärte er schmunzelnd und sah mir dabei direkt in die Augen.
Cam begann zu lachen und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Blondie kicherte mal wieder vor sich hin, aber nur kurz, denn als Tommy ihm einen Blick zu warf, verschwand sein Lächeln und er schluckte nervös.
Doch eine kleine Pussy, wusste ich’s doch!
Unsere kleine Gruppe löste sich schnell wieder auf und Tommy verschwand mit Cam in der Menge. Nicht, dass ich ihn suchte, aber ich musste zugeben er war der einzig interessante Junge hier. Der Rest der Eagles und der anderen Gäste war wirklich nett anzusehen, doch irgendwas besaß dieser Tommy an sich, irgendwas Interessantes.
Nach ein paar Stunden fand ich mich auf einem großen Stein im Garten des Verbindungshauses wieder und trank meinen mittlerweile fünften Becher Whisky-Cola. Eines muss man den Eagles lassen, sie wussten wie man Partys feiert, denn keiner lief auch nur 5 Minuten ohne Getränk in der Hand herum. Langsam aber doch, spürte ich den Alkohol in meinem Blut. Meine Wangen glühten und waren rot angelaufen. Ich schloss die Augen und war froh, dass der frische Wind mich ein wenig abkühlte.
Die Party schien kaum enden zu wollen, naja so spät war es zwar noch nicht, doch es kam mir vor als ob immer mehr Gäste kamen. Leise hörte ich den Bass wummern und beobachtete eine Gruppe Mädchen die sich im Rhythmus dazu bewegten.
Es gefiel mir hier.
Die Leute schienen zum Großteil wirklich nett zu sein. Ich musste zugeben, ich hatte ein wenig Angst vor dem Uni-Beginn. Dieser stellte nämlich eine Veränderung in meinem Leben dar und ich hasste Veränderungen. Hauptsächlich, weil sie sich auf mein bisheriges Leben immer negativ auswirkten. Hier aber schien es gar nicht so schlimm zu sein und langsam bekam ich ein wenig Hoffnung, dass es in St. Johnson gut für mich laufen könnte.
Ein Räuspern hinter mir riss mich aus den Gedanken. Tommy stand mit zwei Bierflaschen in der Hand hinter mir und wollte mir eine davon reichen.
„Zu schwaches Zeug“, erklärte ich ihm und schüttelte den Kopf.
Er sah mich belustigt an und setzte sich neben mich in das Gras. Mein Becher war noch ziemlich voll und ich war alles andere als geizig, also hielt ich ihm mein Getränk hin.
„Zu starkes Zeug“, entschuldigte er sich und hob abwehrend die Hände.
Ich lachte kurz auf und schüttelte den Kopf.
„So einer bist du also...“
„So einer?“
„Na ein Schwächling!“
Er verschluckte sich an seinem Bier und begann zu lachen. Danach sah er mir tief in die Augen, so dass ich schon fast Gänsehaut bekam. Oh Mann, der hatte mal Blicke drauf!
„Wenn es darum geht Alkohol zu trinken, bin ich wohl ein Schwächling“
Tommy zuckte nur mit seinen Schultern, wandte den Blick wieder ab und ließ sich auf den Rücken ins Gras fallen. Ich sah ihm zu wie er in den Himmel schaute und beschloss es ihm gleich zu tun.
Oh mein Gott das war so unglaublich romantisch, dass ich fast kotzen musste. Eigentlich wäre ich ja lieber drinnen gewesen um Bier-Pong zu spielen, aber ich kannte hier einfach noch zu wenig Leute.
Nachdem wir ein paar Minuten schweigend im Gras lagen wurde es mir aber dann doch zu langweilig, weil ich einfach keine Ahnung von Sternenbildern hatte.
„Kennst du dich damit aus?“, fragte ich ihn und zeigte in den Himmel.
Er drehte seinen Kopf langsam zu mir und sah mich sanft an.
„Mit Sternen?“
Ich nickte nur, denn irgendwie hatte ich einen Kloß im Hals. Seine Augen ließen mich verstummen, so sehr faszinierten sie mich. Sie funkelten so hell und wirkten so warm.
„Ein wenig“, antwortete er mir und schob sich seine Handflächen unter den Hinterkopf.
Durch diese Bewegung rutschte sein T-Shirt ein wenig hinauf und ich konnte die tätowierte Haut seines Bauches erkennen. Es war zu dunkel um die genauen Motive zu erkennen, denn ich sah nur die schwarze Tinte und ein Muster. Tommy hatte seinen Kopf weiterhin zu mir gedreht und beobachtete mich dabei, wie ich seine Tattoos analysierte. Als ich den Blick wieder anhob lächelte er mir frech zu und auch ich konnte nicht anders.
„Und woher?“
„Ich studiere Astronomie im dritten Semester“
„Wirklich?“ fragte ich erstaunt.
Er lachte bloß. Blöder Mistkerl.
Natürlich studierte er nicht Astronomie. Zum einen kannte ich niemanden der das wirklich tun würde und zum Zweiten würde dieser Jemand, dann mit Sicherheit nicht so gut aussehen wie Tommy.
„Nein, Rechtswissenschaften wie Cam aber drittes Semester stimmte.“
Ich nickte nur anerkennend.
„Und du kommst also jetzt ins erste Semester von...?“
„Tooooooommy“
Ich schreckte kurz auf als ich den Schrei der blöden Barbie hörte. Ihn schien es kein bisschen zu interessieren, dass jemand nach ihm rief, denn er verdrehte bloß genervt die Augen. Ich musterte ihn noch einen Augenblick und gab ihm dann eine Antwort.
„von Literaturwissenschaften. Ehm... Willst du nicht?“
Ich deute mit einer Kopfbewegung auf die Terrasse vor dem Haus. Barbie stand dort mit verschränkten Armen und hielt Ausschau nach ihm. Er folgte meinem Blick und sah nun ebenfalls zu ihr, er wirkte ein wenig belustig.
„Nicht solange es sich verhindern lässt“, antwortete er mir grinsend.
Ich musste schmunzeln und schüttelte nur den Kopf. Tommy schien nicht gerade angetan von Barbie. Sie tat mir ein wenig leid, als sie verzweifelt den Kopf hin und her riss um ihn zu finden. Zu ihrem Pech lagen wir aber im Gras, wir konnten sie genau beobachten während sie uns niemals entdecken würde.
Tommy ignorierte ihre weiteren Rufe gekonnt und trommelte mit seinen Fingern im Rhythmus der Musik auf seinem Bauch.
„Deine erste Verbindungsparty also?!“
Ich war mir sicher, dass es mehr eine Feststellung als eine Frage, trotzdem nickte ich ihm zustimmend zu.
„Deine vermutlich nicht...“
Er grinste mich breit an. Keine Ahnung was er mir damit sagen wollte, aber es sah ziemlich niedlich aus.
Barbie wanderte jetzt zwischen Alkoholleichen im Garten herum und schrie weiterhin seinen Namen. Ich machte mir schon langsam Sorgen, dass sie ihre Stimme verlieren würde. Langsam stützte ich mich auf den Ellbogen auf und sah ihr dabei zu wie sie gerade einen Typen der am Bauch lag auf den Rücken rollte um sein Gesicht zu erkennen. Sie schien wirklich zwanghaft nach Tommy zu suchen und dieser wirkte immer genervter.
Mit weinerlicher Stimme rief sie ein allerletztes nach ihm, bis er sich endlich erhob.
Er schnaufte und verdrehte die Augen als er vor mir im Gras stand.
Kurz drehte er sich in Barbie’s Richtung, welche ihn immer noch nicht entdeckte, dann sah er wieder zu mir.
Mit einem entschuldigenden Blick sah er mich an und schob seine Mundwinkel gekünstelt nach oben.
„Tut mir leid. Bleib hier, ich bin gleich wieder zurück!“
Ich zog die Augenbrauen hoch und nickte ihm grinsend zu.
Dachte er wirklich...?
Er verschränkte die Arme vor der Brust und ging schnellen Schrittes zu jener Tusse, die die ganze Zeit nach ihm rief.
Keine 10 Sekunden nach ihm stand ich auf und begab mich auf die Suche nach Cora und Cam.
Ich war die Letzte die auf irgendjemanden warten würde, dachte ich schmunzelnd.