Tauril erhob sich und ging ein paar Schritte von der Holztruhe weg: "Was willst du, Claude? Du bist es doch gewesen der mich durchbohrt hat! Sonst wäre ich jetzt nicht hier.“
Claude lehnte im Türrahmen, er war offensichtlich völlig betrunken.
"Ihr Weiber glaubt ihr könnt euch alles erlauben!", knurrte er und grinste fies, "Aber nicht mit mir, ich werde zuerst dich und dann diese Vampirtussi kalt machen! Was haben sie euch dafür gezahlt? Ihr seid hier um ihn zu töten, sein Neffe bezahlt euch, oder?"
Tauril war nun völlig verwirrt, sie verstand nicht was der Betrunkene meinte.
"Keiner bezahlt uns! Ich bin hier weil ihr mich hier her verschleppt habt! Und zu einem Vampir kann ich dir nichts sagen!", rief sie aus und sah sich in dem Raum nach einer Waffe um.
Ihre Fähigkeit Nebel zu erschaffen wurde durch irgendetwas blockiert, also war sie ihm hilflos ausgeliefert.
"Ihr Frauen lügt doch alle!", rief er aus, dann begann sein Körper sich zu verzerren, wurde größer und breiter, bis ein ausgewachsenes Nashorn den Türrahmen ausfüllte.
Tauril schluckte und machte sich bereit, das Nashorn schnaubte und rannte auf sie zu.
Blitzschnell sprang sie hinter das Bett, welches solgeich aufs Horn genommen wurde.
Tauril eilte weiter durch den Raum, das Nashorn war ihr dicht auf den Fersen. Es trieb sie durch das Zimmer, immer darauf bedacht sie von der Türe fern zu halten.
Als sie gerade wieder ausweichen wollte packten zwei starke Arme sie von hinten und hielten sie fest.
Tauril schrie auf, machte sich auf den Schmerz gefasst, aber das Nashorn glitt durch sie hindurch als wäre sie Luft und krachte gegen die Wand hinter ihr.
Das setzte Claude außer Gefecht, er verwandelte sich zurück und blieb bewusstlos vor der Mauer liegen. Tauril keuchte auf sie drehte sich um und starrte auf die Maske von Loki.
"Wie hast du das gemacht?", wollte sie wissen, "Wie konnte er durch uns beide hindurchfallen?"
Loki schien ebenfalls aufgebracht zu sein: "Weil du nicht bist wer du vorgibst zu sein! Ich hatte recht, sonst wärst du jetzt wohl zerquetscht worden!"
Tauril raufte sich die Haare: "Was? Was meinst du?"
"Sag mir deinen Namen!", forderte der Typ mit der Fuchsmaske.
"Tauril, und jetzt lass mich sofort frei!", fauchte die Dunkelelfe ihr gegenüber an. Auch wenn das nicht möglich war, so hatte die junge Frau das Gefühl, dass er sie musterte. Durch die geschlossene Maske.
"Blödsinn!", schrie er sie an, "Versuch ja nicht mich für dumm zu verkaufen! Oder wir haben ein Problem! Deinen echten Namen!"
"Delina!", rief sie wütend und verzweifelt aus, aber sie hatte das Gefühlt, dass er sowieso nie aufgegeben hätte.
Wenn sie eines gelernt hatte, dann das der Steckbrief den sie von dem maskierten der sich selbst Loki nannte untertrieben war.
Sie konnte nicht einmal erahnen woher er kam, ob er ein Dämon, ein Magier aus Elensar oder vielleicht sogar ein Teufel war.
Alles was sie wusste war, dass er über Fähigkeiten verfügte die es schon lange nicht mehr gab.
"Ich werde dich Lina nennen!", beschloss der Mann mit der Maske während er, wieder seelenruhig und freundlich, den Arm ausstreckte und damit das Chaos wieder in Ordnung brachte.
Delina Nebula, die Dunkelelfe blickte traurig durch das Zimmer. Diesen Namen hatte sie ewig nicht mehr gehört. Diesen Namen zu benutzen war zu gefährlich, darum hatte sie ihn für sich behalten wollen.
"Bitte erzähl es nicht!", flehte sie den Maskierten an, "Sie werden mich töten!"
"Bleib hier, und vielleicht versuchst du das diesmal nicht alles verwüstet wird. Ich hole dir, wie versprochen, etwas zu essen!", Loki erhob sich und hielt kurz inne: “Dein Geheimnis ist jetzt unser Geheimnis! Du musst dir also keine Sorgen machen."
Dann verschwand er wieder einfach, Delina fragte sich ob er jemals irgendwo hingehen würde, anstatt zu teleportieren.
Delina atmete durch, sie wurde aus dem Verhalten des offensichtlich gestörten Mannes nicht schlau.
Sie warf sich auf das Bett und Strecke sich, als sie plötzlich eine Stimme neben sich hörte: "Silas!"
Erschrocken fuhr sie herum und starrte auf die Fuchsmaske.
"Was?", fragte sie und versuchte ihren Puls wieder unter Kontrolle zu bringen.
"Das ist mein Name.", erklärte der Maskierte, "Mein wahrer Name, niemand kennt ihn. Jetzt müssen wir uns beide nicht sorgen, dass der andere ihn ausplaudert!"
Delina nickte und bedankte sich für diese fast schon nette Geste, dann verschwand er auch wieder.
"Silas.", flüsterte Delina leise, sie war sich sicher den Namen schon einmal gehört zu haben, irgendwann.
Finn schlich förmlich um die Minibar, die er vor Jahren in seinem Zimmer im Turm von Katzus eingerichtet hatte. Dem Zimmer in dem er mit Eva gestanden hatte, vor all den Jahren.
Zeit war so relativ geworden, ein dehnbarer Begriff. Beinahe ein Jahr hatte er im Koma gelegen, nachdem er von einem anderen gezüchteten Kind des Dunklen seiner Kräfte beraubt wurde.
In diesem Jahr hatte seine Schwester so viel durchmachen müssen, all das was er ihr immer ersparen wollte.
Sie hatte sich alleine ins Abenteuer gestürzt, war an gefährliche Verbrecher geraten und hatte schließlich gefunden wonach er gesucht hatte.
Den wahren Erben des schwarzen Throns, der seine Seele geopfert hatte und jetzt gerade die Qualen des Fegefeuers erlitt.
Finn öffnete die Minibar, es war alles unverändert seit dem Abend bevor er sich dem irren Dämonenkönig gegenüber gestellt hatte. Es fühlte sich eigenartig an wieder hier zu sein, er war von hier förmlich geflohen nach Evas Tod.
"Bist du mir noch immer böse?", Eva war hinter ihm erschienen, wie jeden Tag.
"Willst du mich wirklich jeden verdammten Tag das selbe fragen? Gib es auf!", Finn griff nun doch entschieden nach der Flasche Whisky und öffnete sie.
"Wie lange willst du mir noch böse sein? Die hohen Himmel haben mich gerettet und mir eine neue Aufgabe geschenkt! Wir können wieder zusammen sein, also manchmal zumindest.", Eva wollte nicht locker lassen.
"Du wurdest von besagten hohen Himmeln geschickt um mich umzubringen!", Finn trank einen kräftigen Schluck, "In einer Zeit als ich noch nicht einmal wusste WER ich bin!"
Evas goldene Augen musterten ihn traurig: "Es tut mir so Leid, Finn."
Finn schüttelte den Kopf, dann trank er mit einem Satz den Rest der Flasche aus. Die Wärme des Alkohols schoss durch seinen Körper und er atmete auf.
"Ich war bereit für dich zu sterben, für dein flasches Spiel!", Finn warf die leere Flasche gegen die Wand wo sie zerschellte, "Ich habe Liam den weißen Tiger aus dem Leib gerissen und ich kann froh sein, dass er ihn mir freiwillig gab. Sonst hätte ich für dich einen Freund getötet! Und dann schicken die hohen Himmel dich und stacheln meine Schwester an auf Abenteuerreise zu gehen während ich in einem Kerker verschimmle. Zu gütig seid ihr Engel!"
Eva ließ die Arme hängen: "Du bist betrunken!"
Finn drehte sich um und holte die nächste Flasche aus dem Kühlschrank: "Ja, so wie immer seit das alles passiert ist! Es hilft mir durchzuhalten! Warum bist du noch hier? Normalerweise verschwindest du nach den ersten paar Sätzen, das war angenehmer!"
Eva schien es nicht leicht zu fallen dieses Gespräch weiter zu führen, sie begann die Scherben der Flasche einzusammeln.
"Hör schon auf! Ich weiß, dass die vier Erzengel sterben! Darum hat Uriel dem armen Church seine Kräfte angeboten, als der blind vor Hass und Wut war!", Finn leerte die Flasche wieder in einigen Zügen und warf sie diesmal nach Eva, "Und Michael Treplew! Wie konntet ihr das nur tun? Wie könnt ihr ihn zuerst erlösen und dann weiter in seinem Elend leben lassen?"
Die Flasche erreichte ihr Ziel nicht, Church war zwischen ihnen erschienen und hatte sie abgefangen.
"Was?", Finn bemerkte trotz seines Rauschzustandes seinen vorwurfsvollen Blick, "Willst du deine neue Kollegin jetzt beschützen?"
Church deutete Eva zu verschwinden, sie warf Finn noch einen traurigen Blick zu und löste sich dann auf.
"Was du getan hast, was du verschwiegen hast...", Church stellte die Flasche auf Finns Schreibtisch ab, "Ich habe meinen Onkel getötet! Im Glauben er wäre ein braver Diener des Dunklen! Obwohl du wusstest, dass er für dich spioniert hat! Wie lange bist du schon hinter Diluculum her?"
Finn wollte zur nächsten Flasche greifen, aber Church hielt ihn auf: "Finn, hör auf vor der Realität zu flüchten! Mir ist klar, dass du mich nicht mit rein ziehen wolltest... Ich bin dir nicht böse, aber ich will das du dich zusammennimmst!"
Finn zog eine Braue hoch: "Was ist den bitte hier los? Du hast mich sonst auch betrunken und zugedröhnt überlebt!"
Church seufzte: "Du hast den Körper eines normalen Sterblichen! Wenn ich ehrlich bin, habe ich Angst davor, dass du dich zu Tode säufst!"
Finn ließ nun, völlig genervt, von der Minibar ab: "Spaßbremse, dann tu wenigstens den Gefallen und sprich mit Eva, sie soll mich in Ruhe lassen!"
Church nickte: "Sofort, wenn du versprichst heute keinen Alkohol mehr anzurühren, du hast fast 4 Promille, andere wären schon bewusstlos!"
Finn warf ihm einen genervten Blick zu: "Wow, ihr Engel habt also ein Promilleradar! Ich gehe mir jetzt einen Tee kochen, wenn ich das darf?"
Church seufzte: "Mach das, ich rede mit unserer Freundin!"
Finn rannte die Treppen hinunter, bis in den großen Aufenthaltsraum wo er zielstrebig zu der kleinen Küchenzeile wankte. Der Alkohol entfaltete seine Wirkung, aber es war ihm noch nicht genug. Er wusste, dass er noch eine Flasche Wein hinter den Teesorten versteckt hatte, eigentlich für Gäste und feierliche Anlässe. Aber er musste eh noch seine Auferstehung, den Verlust seiner Kräfte und die Überforderung feiern. Er öffnete den Küchenschrank und griff hinter dem Tee ins Leere.
"Was zum Teufel!", fluchte er los, irgendjemand hatte seinen Plan zunichte gemacht.
"Suchst du das?", eine weibliche Stimme erklang hinter ihm, er drehte sich wankend um und lachte. Lillet lehnte an der Fensterfront, in ihrer Hand die Flasche Wein die Finn gesucht hatte.
"Du untotes Miststück hast meinen Wein gesoffen?", Finn schnitt eine Grimasse, "Was ist, hat dir auch jemand dein kaltes, totes Herz gebrochen?"
Lillets rote Augen wanderten über sein Gesicht: "Wow, ich bin zu betrunken um zu erkennen, ob du mich verarscht! Ich sollte mich noch bedanken, schätze ich! Du hast mich schließlich aus den Fängen von Suma und seinem Treplew, der jetzt euer Treplew ist, befreit. Und diese widerliche Magie aufgehalten."
Finn warf sich auf eines der Sofas: "Hast du auch getan worum dich unser Dämonenengelchen gebeten hat? Sind sie noch in Harmun?"
Lillet nickte: "Erst dachte ich sie würden die Kleine töten, aber dieser Loki, du weißt schon, der Vanessa aufgespießt hat, hat sie dann doch mitgenommen. Sie war verletzt, aber nach dem Gebrüll des besoffenen Druiden zufolge lebt sie. Und er hat Sassy hineingelassen. Sie werden allerdings morgen nach Buldarak weiterziehen. Dann musste ich aber verschwinden, länger hätte ich das nicht ertragen!"
Finn lachte: "Also hat der Plan halbwegs funktioniert! Marbas erholt sich auch wieder, ich glaube sein Ego hat am meisten gelitten. Warum musstest du verschwinden?"
Lillet hob die leere Flasche: "Unser Freund, also dein kleiner Spion und mein Exliebhaber, er lebt. Er hat Sassy in Empfang genommen, kein bisschen tot."
Finn erhob sich vom Sofa und nahm ihr die Flasche aus der Hand: "Und darum betrinkst du dich? Freu dich doch!"
Lillet schüttelte den Kopf: "Das einzige, was er in Amergyn sagte bevor ich mit Allister ging, um zu evakuieren, war das ich ihn vergessen solle. Er hat mich für Diluculum abgewiesen!"
Finn machte ein verdutztes Gesicht und eine übertriebene Geste der Überraschung: "Wow, und es überrascht gerade dich das andere Arschlöcher sein können? Von mir hat gerade ein Engel, der mich töten wollte, getäuscht hat und mich sitzen hat lassen verlangt, dass ich ihm verzeihe!"
Lillet legte den Kopf schief: "Ein Engel?"
Finn winkte ab und sprang auf: "Lange, uninteressante Geschichte!"
Lillet deutete auf das Sofa: "Ich habe, genau gesagt, ewig Zeit!"
Die beiden setzten sich, aber es war ihnen nicht nach reden zumute. Im Grunde suchten sie nach Trost und Nähe, was zu einem Kuss führte.
Dieser währte aber nicht lange und wurde von einem sichtlich unbegeisterten Klatschen unterbrochen.
Erschrocken zuckte Finn zurück, zu seiner Überraschung stand Sassy vor ihnen, ihre kalten, durch Treplews Verwandlung beinahe weißen Augen lagen auf ihm und sprühten nur so vor Verachtung.
"Ich riskiere in den verdreckten Unterlanden mein Leben für dich, wie so oft, und du hast nichts Besseres zu tun, als dich volllaufen zu lassen und das erstbeste Weib abzuschlabbern?", ihre Stimme war zwar ruhig, und auf ihrem glatten Gesicht kaum eine Regung zu sehen, doch fand sie klare Worte für ihren offensichtlichen Unmut.
Finn erhob sich, immer noch leicht wankend, er verstand nicht, wo Sassys Problem lag. Auch Lillet schien verwirrt zu sein, verhielt sich aber ruhig.
"Sassy, ich bin dir, wie so oft, dankbar für das was du tust, aber mein Privatleben geht dich nichts an.", versuchte Finn es in einem möglichst freundlichen Ton.
Lillet lächelte sie möglichst freundlich an: "Außerdem hast du dir doch gerade meinen...."
"Schweig!", brüllte Sassy sie an, "Ich sprach für meinen Auftrag mit Deseis, ich kann nichts für meinen Fluch!"
Sie hob die Hand, um Lillet einen Schlag mit den beiden eisernen Klauen zu verpassen, diese wurde aber von hinten festgehalten.
"Sassy.", Church legte ihr die andere Hand auf die Schulter, "Beruhige dich, es ist dieser Ort, vielleicht solltest du den Auftrag abbrechen!"