Man sagt, Liebe sei unendlich. Ich war mir diesem nicht so sicher. Aber eines war gewiss: Sie ist schmerzhaft. Das spürte ich gerade am eigenen Leib.
Ohne die Augen von mir abzuwenden ließ Draco sich am Kopfende des langen Tisches der in der Mitte des Salons stand auf dem Stuhl nieder und endzündete mit seinem Zauberstab die Lichter im Lüster darüber. Die plötzliche Helligkeit ließ mich blinzeln. Mit einem leichten Kopfnicken auf den von ihm rechtsstehenden Stuhl zu, gab er mir zu verstehen ich sollte mich zu ihm gesellen.
Zitternd wie Espenlaub stolperte ich zum Stuhl und ließ mich Steif wie ein Brett darauf nieder. Immer noch grinsend und mit spöttisch nach oben gezogener Augenbraue beobachtete Draco mich.
„Warum so nervös Bella? Es ist doch nicht so als wären wir Fremde,“ flüstert er belustigt als er meine Unruhe spürt. Seine Augen begegneten meinen. Ich konnte nur eines in ihnen lesen: Berechnung. Sie hatten ihren Glanz verloren. Das war nicht mehr mein Draco. Ich atmete ein. Der bittersüße Geruch von Scotch lag in der Luft. Er hatte getrunken.
„Fremde sind wir wahrlich nicht,“ antwortete ich schnell. „Allerdings haben wir uns fünf Jahre nicht gesehen. Das ist eine lange Zeit. Ich bin mir nicht mehr sicher ob ich noch demselben gegenüber sitze,“ gab ich ihm zu bedenken und bemerkte das er endlich den Blick von mir genommen hatte und gedankenverloren die Tischplatte vor ihm betrachtete. Ich nutzte dies um ihn genauer zu betrachteten. Seine Haare trug er kürzer und sie standen ihm wild vom Kopf. Dunkle Augenringe waren unter seinen Augen zu sehen. Sah aus als würde er nicht viel Schlaf bekommen. Allerdings litten die meisten die im Krieg dabei waren unter Alpträume. Ich habe seit fünf verfluchten Jahren nicht mehr durchgeschlafen! fluchte ich innerlich.
„Ich auch nicht.“ Draco hatte seinen Blick wieder von der Tischplatte gehoben und sah mich traurig an.
„Was?“ verwirrt sah ich ihn an.
„Du hast gemurmelt du hättest seit fünf Jahren nicht mehr durchgeschlafen,“ erklärt er mir nachdenklich. „Habe ich auch nicht.“ Er wandte seinen Blick wieder der Tischplatte zu und begann mit seinen Fingern Kreise auf der glatten Oberfläche zu zeichnen. „Wenn ich die Augen schließe sehe ich immer die Bilder der Schlacht vor mir und all die Dinge die ich verloren habe.“ Starr sah er auf die Tischplatte. Seine Hände zitterten.
Ich konnte nicht anders. Meinem Bauchgefühl folgend, - oder war es meine Masochistische Ader -, griff ich nach seiner Hand.
Wie vom Blitz getroffen zog Draco seine Hand vor mir weg bevor wir uns berührten und stand wieder auf.
Ohne mich anzusehen und mit einem wütenden Ausdruck im Gesicht begann er im Raum auf und ab zu gehen.
„Ich brauche dein Mitleid nicht Bella. Du hast mich Mitten im zerstörten Schloss stehen lassen falls du dich noch daran erinnerst,“ zischte er und warf mir während dem sprechen einen wütenden und verletzten Blick zu.
„Ja,“ nuschelte ich.
Draco blieb stehen. „Was?“ blaffte er mich wütend an.
„Ja und es tut mir leid,“ schrie ich ihn jetzt ebenfalls wütend an und stand von meinem Platz auf. Ich spürte wie Hitze in mir hochstieg und mich ausfüllte. „Es tut mir leid Draco. Es war ein Fehler. Ein Riesengroßer Fehler. Aber ich hatte meine Gründe 'Nein' zu sagen,“ schrie ich ihn an. Nun war es Zeit ihm die Wahrheit zu sagen, das spürte ich.
Draco blieb stehen. Mit einem Wutausbruch meinerseits hatte er wohl nicht gerechnet. „Und die währen?“ wollte er wissen. „Was waren deine Gründe?“
„Ich...war durcheinander,“ stammelte ich. Man Twinky bekommt hier eine Show geboten. Zwei Liebende die sich stritten. Wie in einer dieser Soaps. Halt! Liebende? „Man Draco, mein Vater war tot... und dann kamst du und wolltest mich heiraten. Ich war siebzehn!“ zählte ich ihm meine Gründe auf.
Draco grinste während dessen immer breiter. „Dass ich das noch schaffe,“ lacht er.
„Was?“ fauchte ich genervt. Er machte mich immer wütender.
„Du siehst aus als würdest du in Flammen stehen,“ grinste Draco breit. Genervt rollte ich mit den Augen. Ich hatte mich mal wieder nicht im Griff gehabt und ungewollt meine Farbe geändert.
Diese Metamorphmagussache nervt. Eine Gabe die ich meiner Mutter zu verdanken hatte.
Ich wusste wie ich aussah. Während unserer Schulzeit hatte er es zu oft geschafft mich so weit zu ärgern, damit meine Haare und Augen Feuerrot wurden. Mit der Zeit machte er sich einen Spaß daraus.
Ich schloss meine Augen und atmete tief durch damit meine Haare wieder die gewohnte schwarze Farbe und meine Augen die dunkelbraune Farbe annahmen. Dabei erinnerte ich mich an das erste Mal als ich mich vor Draco verwandelte:
Wir waren seit drei Monaten in Hogwarts. Ich saß im Gemeinschaftsraum der Slytherins und mühte mich mit einem Aufsatz für Zaubertränke über den Furunkeltrank ab. Neben mir saßen meine Freundinnen Euphemia und Florence und schrieben wie ich am Aufsatz.
Mia (Euphemia hasste ihren Namen!) hatte ich wie Amy auf meiner ersten Fahrt im Hogwarts Express kennen gelernt. Florence lernte ich nach der Hauseinteilung am Slytherintisch kennen. Ich musste neben Draco sitzen. Florence Calvin war nach mir nach Slytherin gekommen, also setzte sie sich auf meine linke Seite. Wir verstanden uns gleich super.
Als ich ein arrogantes kaltes Lachen hörte wandte ich den Blick von meinen hochkonzentrierten Freundinnen die ebenfalls genervt ihre Blicke hoben.
In diesem Moment kam schon Malfoy durch die Geheimtür geklettert, gefolgt von Crabbe und Mia's Cousin Goyle, und ließen sich wie die Könige auf den zwei grünen Sofas in unserer Nähe nieder. Was wir von ihrem dämlichen Gelächter entnahmen hatten sie einem Hufflepuff Erstklässler seine Süßigkeiten gestohlen. Wie typisch! dachte ich Kopfschüttelnd.
„Lasst uns in die Bibliothek gehen,“ flüsterte ich meinen Freundinnen zu. Ich wollte auf keinen Fall das Malfoy mich bemerkte. Sie nickten.
Doch als Mia ihr Zaubertrankbuch zuklappte, wurde Draco auf uns aufmerksam. Ein fieses Lächeln umspielte seine Lippen als er mich sah. Hitze stieg mir ins Gesicht während ich mich bemühte neutral zu wirken während ich weiter meine Tasche packte.
„Na wem haben wir den hier? Foscarini, Darwin und die kleine Calvin. Wo wollt ihr denn hin. Leistet uns doch Gesellschaft,“ ertönte die hämische Stimme von Malfoy während Crabbe und Goyle wie immer dümmlich lachten. Wir nahmen unsere Taschen und beeilten uns aus dem Gemeinschaftsraum zu kommen. Ich eilte hinter Mia und Florence hinterher, die schon an der Geheimtür warteten als mich eine kalte Hand am Oberarm packte und mich zurückzog.
„Wohin den so schnell Foscarini?“ schnarrte Draco spöttisch.
Ich drehte mich zu ihm und funkelte ihn wütend an. „Lass mich los,“ sagte ich ruhig.
Malfoy lachte. „Was hast du gesagt Foscarini? Ich konnte dich leider nicht verstehen.“ Er zog mich näher zu sich. Sein Gesicht war jetzt nur noch eine Handbreit von meinem entfernt. Ich versuchte mich ihm zu entziehen doch als er es bemerkte verstärkte er seinen Griff.
„Lass. Mich. Los.“ betonte ich jedes Wort ruhig aber mit fester Stimme. Ich spürte wie die Wut in mir hochstieg. Lange konnte ich mich nicht mehr beherrschen und dann würde Draco mein Geheimnis wissen.
Er beugte sich grinsend näher zu mir. Ich fuhr zurück. Kurz konnte ich Enttäuschung in seinen Augen aufblitzen sehen. Dann funkelten sie wieder bösartig.
„Nein,“ zischte er. „Du gehörst mir.“ Wobei er das letzte Wort betonte.
Nun konnte ich die Wut nicht mir zurückhalten. Ich sah wie sich Malfoys Augen überrascht weiteten als sich meine langen Haare und meine Pupillen feuerrot verfärbten. „LASS. MICH. LOS.“ brüllte ich ihn an.
Draco betrachtete mich weiterhin nur fasziniert und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Sieh an: Ein Metamorphmagus,“ murmelte er nur ohne mich aus den Augen zu lassen. Seine Hand hielt mich immer noch beängstigend nah bei ihm. Ich versuchte mich zu befreien doch es half nichts. Sein Griff war zu fest. Ich wurde noch wütender.
„Lass los Draco. Nun hattest du doch deine Show. Lass sie gehen,“ schrie Mia hinter mir.
Mit einem räuspern ließ er mich los. „Kein Grund so herumzuschreien, Darwin. Ich hätte ihr schon nichts getan,“ witzelte Draco. Während ich versuchte meinen Puls zu normalisieren und mich selbst auch.
Während ich mich mit einem letzten wütenden Blick von ihm entfernte, spürte ich immer noch seine unergründlichen Augen auf mir.
Während ich mich so zu beruhigen versuchte trat er einen Schritt näher. Sein warmer Atem streifte sanft meine Wange. Der süß-herbe Duft den ich so an ihn liebte stieg mir in die Nase und berauschte meine Sinne. Blinzelnd öffnete ich meine Augen.
„Du hättest es auch einfach sagen können und mich nicht mit einem gestammelten 'Draco, ich kann das nicht. Tut mir leid' fluchtartig verlassen,“ wisperte er mir zu. Er stand nun so nahe das ich jede seiner Wimpern zählen konnte. In meinem Bauch fing es an zu kribbeln, eine Gänsehaut zog sich über meinem Rücken und ich fing an zu schwitzen. Am ganzen Körper zitternd sah in die blaugrauen Augen von Draco. Sein Gesicht war kaum eine Handbreit von meinem entfernt.
Hitze stieg mir wieder ins Gesicht. Seufzend wandte er sich von mir ab und zog wieder unruhig seine Kreise im Salon.
Froh über den Körperlichen Abstand zu ihm, versuchte ich meine Gedanken zu ordnen.
Amy wird schon langsam an die Decke gehen, ging es mir durch den Kopf.
Ein neuer Plan musste her. Ich muss zumindest seine Hand zu fassen bekommen. Sonst kann Twinky nicht mit uns apparieren. Aber wie?
„Warum bist du hier?“ Seine leise Frage holte mich wieder aus meinen Gedanken. Er stand wieder am Fenster, mit den Armen hinter dem Rücken verschränkt und schaute nachdenklich aus dem Fenster in den Vorgarten. Ich trat zögerlichen neben ihn ans Fenster.
„Das hat verschiedene Gründe,“ antwortete ich ihm leise. „Zum Ersten wollte ich dich sehen und mich endlich entschuldigen für das was damals war.“
Er zog scharf die Luft ein. „Das hast du bereits gesagt. Weiter?“
Ich holte tief Luft. „Ich wollte dir sagen das ich dich immer noch liebe,“ flüsterte ich und schloss die Augen. Ich wusste schon was er mir jetzt entgegnen wird und das würde einfach zu sehr schmerzen. Denn es stimmte: Ich liebte ihn immer noch. Habe ihn immer geliebt. Werde ihn immer lieben.
Er trat näher. Ich spürte seinen warmen Körper neben mir. Wie gern hätte ich mich jetzt an seine starken Schultern gelehnt so wie früher und einfach nur seine Nähe genossen.
Er neigte seinen Kopf zu meinem linken Ohr. Der starke Geruch nach Alkohol traf mich wieder. Er wisperte: „Wenn du mich lieben würdest oder je geliebt hättest wärst du vor fünf Jahren nicht einfach gegangen. Du wärst bei mir geblieben. Weiter?“ Mein ganzer Körper verzehrte sich nach ihm, schrie nach seinen Händen, seinen Berührungen. Ich biss die Zähne zusammen. Tränen stiegen mir hoch. Wird er mir je wieder vertrauen und mich je wieder anfassen, wenn ich es jetzt tue?
Ich muss es tun. Ich habe keine Wahl. Ich zwinkerte die Tränen weg. Seinen Atem spürte ich immer noch an meinem linken Ohr. Mir schwirrte der Kopf vom Geruch des Alkohols. Ich drehte meinen Kopf und sah ihm in die Augen. Tränen verschleierten mir den Blick. Ich sah seinen überraschten Blick. Er wird mich hassen. Das war mir in diesem Moment bewusst.
Meiner Intuition folgend drehte ich mich zu ihm, legte meine Hände auf seine Schultern und zog ihn näher zu mir. Augenblicklich versteifte er seine Haltung, ließ es aber zu. Ich sah ihn tief in die Augen. Er versuchte Augenblicklich meinem Blickkontakt zu entkommen. Doch ich hielt ihn fest. Es tat mir so leid. Alles was ich je zu ihm gesagt habe. Ich hoffte das er es ihn meinen Augen lesen konnte und beugte mich zu seinem Mund.
„Ich liebe dich, Draco,“ flüsterte ich nah an seinem Mund und drückte meine Lippen sanft auf seine. Vor Schock erstarrt ließ er es zu, doch nach kurzer Zeit stöhnte er auf, schlang seine Arme um meinen Nacken, zog mich näher zu sich und erwiderte den Kuss. Wie ich das vermisst habe!
Ich ließ mich fallen und klammerte mich zeitgleich an ihn wie eine ertrinkende. Ein stöhnen entfuhr ihm als ich ihm leicht auf die Unterlippe biss.
“Bella,“ wisperte er als er sich leicht von mir löste und mit seiner Hand zart über meine Wange fuhr. „Ich habe dich so vermisst.“
„Ich dich auch. Jeden verdammten Tag,“ flüstere ich ihm in sein Ohr während ich mich an Draco klammere. „Bitte verzeih mir.“
Dann spürte ich die kleine Hand von Twinky auf unseren Armen und ein schwarzer Strudel umschloss uns und zog uns mit sich.