Michael stand hinter dem Steuerstuhl an der Reling und sah dem Boot nach, das in Richtung Sonne, die sich bereits dem Horizont näherte, verschwand. Es war wunderschön anzusehen wie das Boot im goldenen Abendlicht des Sees in die Sonne zu fahren schien. Silvia war mit Tommy an der Hand seitlich hinter ihn getreten und ging nun auch vor zur Reling. Sie legte ihre Hand so knapp neben seine an die Reling, dass sie diese gerade noch ein ganz klein Wenig berührte. Er wandte sich ihr zu. "Wir haben uns noch gar nicht bei unserem Retter bedankt, Tommy." Sie wippte auf die Zehenspitzen und küsste Michael auf die Wange. "Danke, Michael!" flüsterte sie. "Mama! Was tust du denn? Sowas hast du ja noch nie gemacht!" platzte es aus Tommy heraus. "Das hat sich auch noch nie Einer verdient!" - "Ich schon! Jeden Abend, wenn ich zu Bett geh!" - "Dein Sohn ist sein Geld wert! Was gäbe ich dafür, so einen Sohn zu haben... Los Tommy, ans Steuer mit dir, wir müssen an Land!" Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen. Er klettere auf den Steuerstuhl und legte die Hände auf das Steuerrad. Silvia konnte den Blick nicht von den beiden wenden, die wie Vater und Sohn das Boot zu ihrem Spielzeug machten. Michael stellte sich hinter Tommy und hielt sich mit einer Hand an der Lehne fest. Die andere Hand legte er auf den Gashebel. Er drehte seinen Ellenbogen etwas nach außen und bedeutete Silvia sich daran festzuhalten. "Festhalten, Silvie!" rief er. "Und los gehts!" Er schob den Gashebel nach vorne und das Boot sprang fast aus dem Wasser, ging in Gleitfahrt und beschleunigte lautlos auf annähernd 90 KmH. Tommy kreischte vor Spass. Silvia hielt sich an Michael fest. Vielleicht sogar ein bisschen fester als nötig...
Michaels Liegeplatz war im Yachthafen. In den Hafen fuhr er natürlich selbst ein. Sie vertäuten das Boot. Michael ging in die Kajüte und kam mit einer Marineblauen Strickjacke mit Reisverschluss zurück. Er legte sie Silvia um die Schultern, denn es war etwas Frischer geworden nachdem die Sonne hinter dem Berg verschwunden war. Seine Jacke reichte ihr fast bis an die Knie. Er selbst trug nun eine weiße Jean und ein Blaues Hemd. Außerdem hatte er einen kleinen Koffer bei sich. Er versperrte die Kajüte und sie gingen auf den Parkplatz, "Wenn ich gewusst hätte, das ich Gäste mitbring, hätte ich den Großen genommen. Komm, Tommy!" Er nahm den Jungen auf den Arm, weil der ja keine Schuhe hatte. "Gehts?" fragte er Silvia. Sie nickte Der Split war natürlich nicht sehr angenehm zum Gehen. Sie nahm ihm den Koffer ab und hakte sich unter. Michael drückte die Fernbedienung. Ein weißer Porsche Targa aus den Siebzigern blinkte zweimal. "Für dich wirds jetzt ein Bisschen eng, Tommy. Dafür bist du dann mal mit dem ersten Porsche mit Montar-Antrieb gefahren. Mach deine Jacke zu, Silvie! Den Polizisten sollte man nicht zu viel von dir zeigen!" - "Wieso das denn?" - "Du hast einen verboten schönen Körper! Ich will nicht auch noch Strafe zahlen, wo ich doch schon das Bier blechen muss!" - "Du hast also doch geschaut!" konterte Sie.
Auf der Wache musste sich Silvia noch eine saftige Belehrung anhören und man sagte ihr noch, dass ein unter der Decke versteckter Autoschlüssel Verleitung zum Diebstahl sei, aber schließlich händigte man ihr die Sachen aus. Sie fuhren dann zum Polo, der einsam auf dem Parkplatz stand. "Michael, wieso brummt dein Porsche nicht? Dein Boot hat auch nicht gebrummt!" fragte Tommy. "Motorgeräusch? Bitte sehr, bitte gleich!" sagte Michael, drehte an einem Regler und der Porsche brüllte auf. Silvia sah Michael entgeistert an. "Kann es sein, dass es dich gar nicht gibt? Dass ich gleich aufwache und alles nur geträumt hab?" - "Würdest du mich denn vermissen?" - "Mehr als du glaubst, Michael..."
"Dann lass dir sagen, dass du nicht träumst. Du hast heute einen mehr oder weniger verrückten Erfinder kennengelernt, der sich seine Fahrzeugantriebe selbst baut. Und die machen keinen Lärm und auch kein Abgas. Das Geräusch kommt von einem Soundgenerator. Und ich glaube, ich werde dich auch vermissen. Vielleicht werde ich auch ein Bisschen träumen von dir..." Sie schauten sich an. "Von mir auch?" fragte Tommy "Natürlich von dir auch!" Lächelte Michael. Er begleitete die beiden zum Polo und schnallte Tommy persönlich an. Er verabschiedete sich von ihm und ging zu Silvia auf die Fahrerseite. Sie stellte sich noch einmal auf die Zehen und hauchte ihm noch einen Kuss auf die Wange. "Danke Michael, Danke für Alles!" Sie stieg ein. Irgendwie wurde ihr bang. Wollte er sie denn nicht wiedersehen? Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Sie hatte gehofft... Wie sollte sie ihn fragen. Sie gab sich einen Ruck."Michael? Sehen wir uns wieder?" - "Aber natürlich! Wenn du dein Oberteil wiederhaben willst, musst du mir mein Shirt wieder bringen." grinste er. "Aber wie erreiche ich dich." - "Greif in die Jackentasche!" Sie zog eine Visitenkarte daraus hervor >>Michael Montar<< stand da .>>Produktentwickler<>Privat 00..........05<< und darunter. >>Eine besondere Nummer für eine besondere Frau! Bis bald Silvie!<<
Silvia stieg noch einmal aus und stellte sich auf die Zehen. Diesmal hauchte sie ihm einen Kuss auf die Lippen und hielt ihn noch einmal ganz kurz ganz fest. "Bis bald, Michael!" flüsterte sie. Dann stieg sie ein. Tommy war bereits eingeschlafen. Sie warf Michael noch einen wehmütigen Blick zu und fuhr los. Ein seltsames Gefühl machte sich breit in ihrer Brust. Sie würde jetzt mit Tommy nach Hause fahren. Und doch fühlte es sich an, als hätte sie Heimweh...