Geschrieben, als es noch keine Bundeskanzlerin bei uns gab...ich konnte doch nicht wissen, dass....
Herr Schmatzke, der Reporter der Männerzeitschrift EMFAM (Emanzipation für alle Männer) saß nervös am Steuer seines Wagens. Er war auf dem Weg ins Fernsehstudio. Heute hatte er den Auftrag, Frau Bundeskanzlerin Wirsing zu interwieven .Eine ganze Nation gepeinigter Männer würde zusehen. Mit Frau Bundeskanzlerin Wirsing war nicht gut Kirschen essen. Diese Frau war unverwüstlich. Seit der großen Frauenrevolution war sie an der Regierung. Es war kein Ende abzusehen.
Sorgfältig parkte er seinen Wagen auf einem für Männer vorgesehenen Parkplatz. Es hatte im Laufe der Zeit Übergriffe von resoluten Frauen auf hilflose Männer gegeben. Deshalb waren diese Parkplätze unerlässlich. Als er den Wagen verließ, sah er auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Gruppe Männer. Sie schwangen eine weiße Fahne, auf der in großen roten Buchstaben stand: „Freiheit für alle unterdrückten Männer!“ Herr Schmatzke seufzte … Er wusste, was von ihm erwartet wurde, und es war ihm klar, dass er diese Erwartungen nicht erfüllen konnte.
„Achtung, Klappe, Sendung beginnt“. Herr Schmatzke strich sich mit einer eleganten Bewegung das Haar aus der Stirn, schloss sein Handtäschchen und begann: „Meine liebe Frau Bundeskanzler. Was halten sie von der Stellung des Mannes in unserer Gesellschaft?“ Frau Bundeskanzler Wirsing rückte diskret ihre Perücke zurecht. Ein verhaltenes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Wir wissen dass sich seit der Frauenrevolution vor zwanzig Jahren für die Männer nicht viel geändert hat“. Die Männer sind zu wenig aktiv. Wir Frauen räumen ihnen jegliches Recht ein. Nach der Frauenrevolution konnte man von einer Unterdrückung des Mannes reden. Die Frauen mussten sich vom Patriarchat befreien.“
„Viele Männer haben das verstanden, „ Herr Schmatzke spielte nervös mit seiner Handtasche und begutachtete seine Schuhe. Sie waren von Gucci sündhaft teuer ... und hatten diesen Blockabsatz, der heutzutage schick war. Wenn er seine Arbeit verlor, konnte er sich solche Dinge nicht mehr leisten. Er musste Gegenargumente anbringen. „Schauen Sie sich die Geschichte an. Wir Männer waren die Herrscher. Viele können sich nicht damit abfinden, dass sie in untergeordnete Rollen gedrängt wurden.“
„Herr … wie heißen sie …? Frau Wirsing wurde ungeduldig. „Ich heiße Schmatzke.“ Der Reporter neigte den Kopf. Seinen dauergewellten Locken entströmte ein leichter Duft. Es war das Haarspray „Männerschön.“
Frau Wirsing griff in die Brusttasche ihres Anzuges und holte sich Feuerzeug und Zigarette heraus. „Herr Schmatzke, das ist Schnee von gestern. Die Männer haben nichts zu klagen. Sie bekommen von uns Erziehungsgeld, Halbtagsjobs, Chancen, in den Beruf zurückzukehren, wenn die Kinder größer sind …Unser soziales Netz ist gut ausgebaut.“
„Jedenfalls ist der Gang zum Sozialamt häufig nicht zu vermeiden. Zum Beispiel werden bei einer Trennung die Kinder in der Regel dem Mann zugesprochen. Männer sind die Haupt Bezugspersonen für Kinder, „ sagte Herr Schmatzke.
„Jetzt muss ich Sie fragen lieber Herr … wer verlangt von den Männern, dass sie zu Hause bleiben?“ Wir Frauen nicht. Nein, wir müssen arbeiten gehen, um die Familie zu ernähren!“ Bei uns gibt es gute Kindergrippen und gut ausgebildete Kindergärtner. „Viele Männer sagen, diese Krippen seinen kinderfeindlich, “ argumentierte Herr Schmatzke. „Es gibt gute und schlechte. Wir dürfen sie nicht zu gut machen. Welcher Mann würde dann bei den Kindern bleiben wollen? Endlich bekommt ihr die Kinder! Wir lassen uns die Wurst nicht vom Brot nehmen, Herr Schmatzke!“
Herr Schmatzke räusperte sich und rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her. Er wusste, Millionen Männer saßen an den Fernsehapparaten und sahen zu. Millionen Männer, die heute die Hausarbeit gemacht, die Kinder versorgt, und abends einer von der Arbeit müden und schlecht gelaunten Frau die Pantoffeln geholt hatten. Männer, die auf ein menschenwürdigeres Leben hofften. Herr Schmatzke war am Ende seiner Kräfte. Doch er dachte an seine Leidensgenossen. Die letzte Frage kam ihm schwer über die Lippen, er stellte sie dennoch. „Frau Wirsing, wir sehen ein, dass wir früher einige Fehler gemacht haben. Müssen die Frauen uns alles mit gleicher Münze zurückzahlen?“ Frau Wirsing sah ihn durchdringend an und sagte: „Ja.“
Als ich die Augen öffnete, lag ich neben meinem Bett. Ich erinnerte mich vage an einen wirren Traum von einer Frau Wirsing, die wie ein Mann aussah, und einem Reporter namens Schmatzke, der wie eine Frau aussah. Merkwürdig dachte ich, die Männer waren Frauen und die Frauen Männer. Mühsam rappelte ich mich hoch und ging ins Bad, um zu duschen. Ich wurde wach, jedoch ich wurde aus meinem Traum nicht schlau. Was hatte er zu bedeuten? Ich ging ich in die Küche und schaltete wie jeden Morgen, das Radio ein.
„Wollen Sie heute noch Prinz Charles und seiner Camilla begegnen? Dann müssen Sie meine Damen heute die „Alte“ kaufen, die aktuelle Frauenzeitschrift. Jeden Montag neu. Mit Kochrezepten, Strickmustern und lebensnahen Berichten aus dem Alltag der Frauen. Unsere spannende Geschichte diese Woche handelt von einer Frau, die nach vielen Wirren den Mann ihres Lebens fand. Vergessen sie nicht: Heute gibt es die „Alte“ am Kiosk. Okay, dachte ich. Mein Traum ist ein Traum gewesen. So etwas gibt es nicht. Nicht bei uns und nirgends auf dieser Welt
Daher beschloss ich, den Tag wie immer zu beginnen. Beim Frühstück las ich in Esther Villars Buch „Der dressierte Mann.“ Während ich Marmelade und Eiflecken von Seite 80 abkratzte, überlegte ich mir ob die Frauen, wie hier beschrieben mit den Männern umgehen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Ich kam zu dem Ergebnis, dass man die Männer nicht geradeso hart anfassen sollte, wie Frau Bundeskanzlerin Wirsing es getan hatte.
Da ich heute meinen freien Tag hatte, beschloss ich, einen Stadtbummel zu machen. Mit dem Bus fuhr ich ins Stadtzentrum. Ein peinliches Plakat, das eine große Hauswand bedeckte, fiel mir auf. Eine mehr oder weniger bekleidete Frau mit einem Super Busen lächelte auf mich herab. Es war Werbung für ein Nachtlokal, das jeden Mann zufriedenstellt. Ich fragte mich, warum das Bild nicht einen mehr oder weniger bekleideten Mann darstellte. Solche Bilder waren alltäglich, nur mir fiel heute ständig etwas auf.
Nachdem ich meine Einkäufe erledigt hatte, ging ich in das kleine schnuckelige Cafe an der Ecke. Als ich den Raum betrat, sah ich am ersten Tisch eine Arbeitskollegin sitzen. Sie kam vom Friseur. Ihre blonden Locken umschmeichelten sanft ihr Gesicht, das Make-up war soeben aufgetragen worden. Ein neues, dezent geschnittenes graues Kostüm verdeckte ihre Problemzonen. Neugierig geworden, ging ich auf sie zu. „Wartest du auf jemanden?“ fragte ich vorsichtig. Ihr Mund verzog sich zu einem gefälligen Lächeln. „Stell dir vor, ich habe gestern einen Mann kennengelernt. Super … sage ich dir …Groß schlank, dunkle Locken, Bärtchen … er will heute Abend mit mir ausgehen. Kommst du mit?"
„Es könnte sein, dass ich störe“, antwortete ich höflich, und überlegte mir, was an dem Angebot faul sein könnte. „Nein“, ihr Gesicht rötete sich vor Eifer. „Im Gegenteil, Helmut hat einen Bruder, den Harald, er kommt heute Abend ebenfalls und da dachte ich, als ich dich sah …“ Ulla hatte öfters versucht, mir einen Mann zu vermitteln. Ich war niemals auf ihre Angebote eingegangen.
Ulla zog den letzten Trumpf aus ihrem Ärmel „Na, du bist allein, gefällt dir das?“
„Ja“, antwortete ich einfach. Ulla runzelte die Stirn. Eine junge Frau, die allein lebte, passte nicht in ihr Weltbild.
War es mein Traum, der mich trotz aller Bedenken dazu veranlasste, zuzustimmen? Oder ritt mich der Teufel? Ich weiß es heute nicht mehr.
Ulla freute sich sehr. Wir machten Zeit und Treffpunkt aus, und ich fuhr nach Hause, um mich fein zu machen.
Zwei Stunden später klingelte es stürmisch an meiner Tür. Als ich öffnete, drängte sich Ulla herein, an der Hand hatte sie einen Mann mittleren Alters. Groß, schlank, dunkle Locken, Bärtchen, grauer Anzug. Ich nickte dem Mann zu. Dann sah ich erstaunt auf den Mann, der hinter ihm stand. Groß, schlank, dunkle Locken, Bärtchen grauer Anzug. „Es sind Zwillinge“, sagte Ulla. Sie drängten sich an mir vorbei und zogen ihre Mäntel aus. Harald übergab mir einen Rosenstrauß mit den Worten: „Vielen Dank für die Einladung.“ Ich schenkte ihm ein verkrampftes Lächeln und bombardierte Ulla mit glühenden Blicken. „Ich dachte, wir gehen aus“, flüsterte ich. Ulla formte die Lippen zu einem unausgesprochenen „Ach bitte.“ Ich war wütend, jedoch ich konnte nicht mehr zurück. Höflich bat ich die Herrschaften, ins Wohnzimmer zu kommen.
„Helmut, Schätzchen, kürzlich las ich in einer Frauenzeitschrift, dass man den Charakter und die Stärken und Schwächen eines Mannes an seinem Slip erkennen kann.“ Zeige mir deinen Slip, und ich sage dir, wer du bist, „ lallte Ulla mit schwerer Zunge.
Helmut wand sich verlegen. „Ach, was es nicht alles gibt“, murmelte er. Harald grinste unverschämt. Ich seufzte. Seit zwei Stunden saßen wir im Wohnzimmer. Ich hatte die letzten Weinvorräte aus dem Keller geholt, und ein paar Häppchen gemacht. Ulla hatte eine halbe Flasche Wein ausgetrunken, um sich Mut zu machen. Helmut reagierte nicht auf ihre Annäherungsversuche. Er saß schüchtern in der Sofaecke. Harald versuchte seinen Arm um mich zu legen. Ich mochte dieses Besitz ergreifen nicht, und rückte zur Seite. Unser Gespräch schleppte sich dahin, wie ein Gefangener in Ketten. Es war ein langweiliger Abend.
Ulla stand auf, und begann in meinen CD/s zu wühlen. Sie hatte sich offenbar vorgenommen, die Stimmung zu verbessern. Wenig später sang Tina Turner „We dont need another Hero. “
„Tanz mit mir, oder kannst du das auch nicht …?“ Sagte sie zu Helmut. Der wurde rot über beide Ohren und forderte mich zum Tanz auf. Ulla fackelte nicht lange. Sie tanzte mit Harald, wobei sie sich wie ein Pfau produzierte, der das Gefieder spreizt. Sie hob ihren kurzen Rock hoch und wackelte mit dem Hinterteil.
„Ich mag solche Frauen nicht“, flüsterte Helmut mir ins Ohr. „Sie überrennen die Männer, da sie denken sie sind emanzipiert. Dabei sind sie nur Weibchen.“ „Harald scheint es zu gefallen, antwortete ich. „Mein Bruder braucht solche Frauen, sie bestätigen ihm in seiner Männlichkeit, sagte Helmut.“ Es war erstaunlich, wie unterschiedlich Zwillinge sein konnten.
Nach vielen Tänzchen hatte Ulla es geschafft. Harald hatte angebissen. Die beiden zogen sich diskret in eine Ecke zurück. Ich war todmüde und hätte den Abend gerne beendet. Sprüche wie: „Sie haben sich lange genug durchgewärmt, der Weinvorrat ist erschöpft, und Ihre Garderobe liegt auf der Straße“, gingen mir durch den Kopf. Ich gähnte laut. Helmut reagierte sofort. „ Es ist Zeit, nach Hause zu gehen, unsere Mutter macht sich Sorgen um uns“, sagte er mit einem Blick auf seine Uhr. „Sie haben keine eigene Wohnung?“, fragte ich überrascht. „Wir sind erst fünfunddreißig, das mit den Frauen hat noch Zeit, sagt unsere Mutter.“ „Harald hat keine Zeit mehr“, bemerkte ich mit einem Blick auf das unentwirrbare Knäuel, das Harald und Ulla am anderen Ende meiner Couch bildeten. Wenn sie wollen, dann sollen sie gefälligst wo anders, dachte ich.
Helmut zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Harald ist frühreif“, sagte er. Nachdem er etliche Zeit auf Ulla und Harald eingeredet hatte, erklärten sie sich bereit, nach Hause zu gehen. Weinselig grinsend verließen sie meine Wohnung.
Als sich endlich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, warf ich mich erschöpft auf meine Couch und platzierte meine Beine zwischen die leeren Weingläser auf dem Tisch. Ich überdachte den heutigen Abend, dachte an meinen Traum und kam zu dem Schluss: Ich werde mir Zeit nehmen, um einen Mann kennen zu lernen. Denn: „Männer sind der purste Luxus.“