Das Gespräch mit ihrer Schwester war zu Narzissas vollster Zufriedenheit verlaufen. Bellatrix hatte Verständnis gezeigt für ihre Situation, wenn sie sich auch ein wenig Häme nicht hatte verkneifen können. Schon damals, als sie Lucius‘ Heiratsantrag angenommen hatte, war sie ihrem Spott ausgesetzt gewesen. Reich sei er zwar, ein Spross einer traditionsreichen Familie, einer der letzten Zauberer, die ihre Reinblütigkeit hochhielten – aber auch charakterschwach und leicht einzuschüchtern. Narzissa hatte diese negative Seite ihres Gatten nie kennen gelernt, doch Bellatrix sollte Recht behalten: Dass Lucius einem Schlammblut verfallen war, deutete offensichtlich auf Charakterschwäche hin. Ihr wurde übel bei dem Gedanken.
Doch nach dem, was sie am Abend zuvor hatte mitanhören müssen, hatte sie sich geschworen, dem Treiben ihres Mannes ein Ende zu setzen. Manchmal war sie wirklich dankbar, dass sie eine Schwester hatte, die zu jeder Schandtat bereit war und es liebte, Männer zur Weißglut zu bringen.
Mit einem entspannten Gesichtsausdruck nahm sie zur rechten Seite ihres Ehemannes am Frühstückstisch Platz. Es wunderte sie, dass er grimmig dreinschaute, doch sie schob es auf die Abwesenheit der Sklavin. Es war ungewöhnlich, dass das Schlammblut nicht als erste im Speisesaal anwesend war, und diese Tatsache ließ nur einen Schluss zu: Sie war nach dieser Nacht nicht präsentabel.
Äußerlich ungerührt beobachtete sie, wie Lucius die Morgenpost öffnete. Ein bestimmter Brief, komplett in schwarz, wie es das Markenzeichen ihrer Schwester war, war der Fokus ihrer Aufmerksamkeit, doch sie hütete sich davor, sich dies anmerken zu lassen. Nur mühsam unterdrückte sie ein Lächeln, als sie die sich noch weiter verfinsternde Miene ihres Mannes musterte.
„Das ist eine Einladung von deiner Schwester“, richtete er schließlich das Wort an sie, „sie gibt heute Abend einen kleinen Empfang anlässlich ihres Einzugs in eine alte Stadtvilla in London, und wünscht unsere Anwesenheit.“
„Oh“, gab sich Narzissa überrascht, „wie schön! Ich habe Bella seit Wochen nicht mehr gesehen. Wir gehen doch sicher hin?“
Die blonde Frau konnte das Misstrauen beinah greifen, das ihr entgegen schlug, doch sie wusste, er hatte nichts in der Hand, um sie zu beschuldigen. Geduldig wartete sie, bis auch ihr Gatte begriffen hatte, dass er diese Einladung nicht ausschlagen konnte.
„Natürlich gehen wir“, knurrte er. Rasch kritzelte er einige Zeilen auf bereit liegendes Briefpapier, faltete es anschließend zusammen und steckte es der wartenden Familieneule in den Schnabel. Elegant schwang sich das schöne Tier in die Lüfte und verließ den Saal durch eines der offen stehenden Fenster, um die Bestätigung des Besuches zu Bellatrix Lestrange zu tragen.
„Ich glaube, die Zusage war etwas voreilig, Mutter“, kam es da von Draco. Er hatte sich die Einladung gegriffen, während sein Vater die Antwort verfasste, und aufmerksam studiert: „Hier steht, dass sie uns um drei Uhr zum Kaffee erwartet. Aber wir wollten doch heute zu zweit nach London und neue Umhänge für mich aussuchen!“
Narzissa hätte beinah aufgelacht. Ohne Absprache lieferte ihr Sohn ihr das Stichwort.
„Oh, Draco, ja, das stimmt. Was sollen wir denn nun nur tun? Lucius?“, fragte sie mit gespielt verzweifelter Stimme. Das Misstrauen ihres Mannes loderte erneut auf, doch wieder konnte er nichts sagen. Mit zusammengezogenen Brauen musterte der Herr des Hauses seine Frau und seinen Sohn, dann griff er sich selbst die Einladung erneut. Draco hatte Recht, sie wurden zum Kaffee erwartet.
„Dann verschiebt eben die Shopping-Tour“, ordnete er geschäftsmäßig an.
„Das geht nicht so leicht, Vater“, widersprach Draco, „wir haben heute einen Termin bei Bouffin und Sohn. Solche Termine sind nicht leicht zu erhalten, wie du weißt, und wer kurzfristig absagt, bekommt so schnell keinen neuen.“
„Sie stellen die besten Festtags-Umhäng in ganz London her!“, unterstützte Narzissa ihren Sohn. Sie konnte nicht glauben, dass ihr kleines Spiel so perfekt lief.
„Na schön“, sagte Lucius schließlich entnervt, „wir haben die Zusage abgeschickt und wir wissen alle, wie Bella reagiert, wenn man sein Wort bricht. Ich gehe alleine hin und ihr zwei kommt so schnell als möglich nach. Verstanden?“
Mit einem bösen Lächeln nickte Narzissa. Alles lief nach Plan.
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Frierend stand Hermine vor der Pforte, die in die Küche führte, und schlang die Arme um ihren nackten Körper. Sie verstand nicht, wieso die Malfoys sie plötzlich aus dem Haus verbannt hatten, noch dazu ohne jede Kleidung, doch sie konnte sich nur eine Erklärung vorstellen: Lucius Malfoy war erbost über ihre Ablehnung in der Nacht zuvor. Der Herbst war inzwischen hereingebrochen und der späte Nachmittag erwies sich als furchtbar kalt, nass und windig. Den ganzen Tag über hatte sie ihren Herrn nicht zu Gesicht bekommen, dann hatte plötzlich Narzissa Malfoy vor ihr in der Küche gestanden, ihre Kleidung weggehext und sie hinausgeworfen.
Schluchzend sank Hermine an der Außenwand herab. Ihr war kalt, erbärmlich kalt. Wenn es ihm so missfällt, warum hat er sich dann nicht einfach mit Gewalt genommen, was er wollte? Warum jetzt diese Strafe?, fragte sie sich verzweifelt. In ihrem Innersten wusste sie, dass sie dankbar war, dass nicht auch er sich einfach an ihr vergangen hatte. Doch das änderte nichts daran, dass seine Handlungen keinen Sinn ergaben.
Der zärtliche Lucius Malfoy, der in den vergangenen Tagen mehrfach Interesse an ihrem Körper gezeigt hatte, war ihr beinah willkommen gewesen. Sie hatte gespürt, dass er körperliche Nähe und menschliche Wärme suchte, ganz genauso wie sie, und es war ein wunderbares Gefühl gewesen, als er sie in der Bibliothek umarmt hatte. Beinah hätte sie die Umarmung erwidert, doch sie brachte es noch nicht über sich, diesem Mann gegenüber positive Gefühle zu hegen. So hatte sie einfach nur den Moment der Intimität genossen, in sich aufgesogen und registriert, wie auch er Trost aus der Umarmung gezogen hatte.
Sie konnte ihm beinah nicht einmal verübeln, dass er sie zum Sex zwingen wollte. Seine Frau ließ ihn offensichtlich nicht mehr ran, dafür hatte er sie, eine junge, fast unberührte Sklavin, die sich im Endeffekt nicht ernsthaft wehren konnte. Jeder andere Mann hätte ihren Widerstand vermutlich ignoriert.
Wieder schluchzte Hermine auf. Bilder von Snape schossen ihr durch den Kopf. Snape, der sich an sie presste, Snape, der ihre Brüste massierte, der ohne Rücksicht in sie stieß, wieder und wieder. Und es mischten sich noch weitere Bilder hinzu: Von Malfoy, wie er sich an ihrem Hinten rieb, wie er seinen Schwanz auspackte, bereit, ebenfalls mit Gewalt in sie zu stoßen. Zitternd zog sie ihre Knie an und versuchte, mir ihren langen Haaren eine Art Schutz vor dem kalten Wind zu errichten.
Sie konnte nicht abstreiten, dass Lucius Malfoy attraktiv war. So sehr sie auch hasste, was er war und wofür er stand, so sehr sehnte sie sich doch nach dieser Umarmung, die er ihr in der Bibliothek geschenkt hatte. Vielleicht hätte sie ihn nicht abgewiesen gestern Nacht, wenn nicht die Bilder von Snape noch so lebhaft in ihrer Erinnerung gewesen wären. Sie hatte keine Lust empfunden, dennoch … die Art, wie er sie berührt hatte, wie er sie angesehen hatte – es wäre sicher angenehmer geworden als mit Snape.
Eine weitere kalte Böe fegte Hermines Haare aus dem Gesicht. Verzweifelt schmiegte sie sich enger an die kalte, raue Hauswand, doch sie bot keinen Schutz. Inzwischen zitterte sie unkontrolliert am ganzen Körper, die Kälte war ihr bis in die Knochen gekrochen und Hermine spürte, wie langsam der Blutfluss in Arme und Beine abnahm. In lebensbedrohlichen Situationen schaltet der Körper automatisch auf Energieversorgung nur für die überlebenswichtigen Körperteile um … wer braucht schon Arme und Beine?, dachte sie zynisch. Mit letzter Kraft richtete sie sich auf, zog sich an der Wand empor und ging einige Schritte auf die Pforte zu. Doch alles Rütteln half nichts, noch immer war die Holztür verschlossen und sperrte sie unbarmherzig aus.
Zitternd schaute Hermine sich um. Sie musste eine windgeschützte Ecke finden, möglichst auch überdacht, wenn sie irgendeine Chance haben wollte, die Nacht zu überleben. Offensichtlich plante Lucius Malfoy, sie zumindest diese Nacht nicht mehr ins Haus zu lassen.
Hermines Blick fiel auf den großen, hölzernen Waschkübel, der des Nachts immer draußen gelagert wurde. Vielleicht, wenn sie ihn umdrehte und drunter schlüpfte, wenn sie mit Hilfe eines Steines einen Schlitz für Luft ließ, vielleicht konnte sie darunter genug Wärme speichern. Von Panik und Überlebensdrang getrieben, suchte sie die Umgebung nach einem größeren Stein um, griff sich den erst besten und schleppte ihn zurück zur Hauswand. Unter Einsatz ihrer letzten Kraft hob sie den schweren Kübel an, drehte ihn um und ließ ihn langsam auf sich nieder sinken, bis der Rand auf den Stein traf.
Hermine kugelte sich zusammen, legte ihren Kopf auf ihren Armen ab, und schloss die Augen. Sie fror noch immer erbärmlich und bezweifelte, dass sie irgendwann Schlaf finden würde. Aber immerhin zerrte nun kein Wind mehr an ihr und das Holz bildete einen natürlichen Wärmespeicher, der verhindern würde, dass ihr Körper auf ein lebensbedrohliches Maß abkühlte – zumindest hoffte sie das.
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Angewidert blickte Lucius Malfoy auf die Gesellschaft um sich herum. Diverse hochrangige Todesser waren anwesend, Macnair und Dolohov waren unter ihnen jedoch noch die zivilisiertesten. Einige hatten ihre Sklaven mitgebracht und es war offensichtlich, dass diese weit weniger zimperlich mit ihnen umgingen als Lucius selbst.
Am schlimmsten war jedoch der Sklave seiner Schwägerin. Ein dickes Nietenhalsband zierte den ansonsten nackten Körper, verbunden mit einer schweren Eisenkette, die in einem Ring in der Wand mündete. Als wäre er wie ein gefährlicher Wachhund angekettet, saß der junge Mann auf allen Vieren neben dem thronähnlichen Stuhl seiner Besitzerin und schaute blicklos ins Leere.
Sein Schwanz war gefangen in einem Penisring, der deutlich zu klein für seine Größe war, und war dauerhaft erigiert. Schweißperlen standen auf seiner Stirn, hin und wieder ertönte ein gequältes Stöhnen, doch ansonsten konnte Lucius nicht feststellen, dass dieser Mann noch irgendetwas von dem, was um ihn herum geschah, mitbekam. Er wollte sich gar nicht ausmalen, mit was für einem Fluch Bellatrix dafür gesorgt hatte, dass ihr Sklave jederzeit für Sex verfügbar war. Der Ring jedenfalls leistete schon seit Stunden ganze Arbeit: Trotz diverser sexueller Vergnügungen seiner Herrin war der Mann bisher noch kein einziges Mal gekommen.
Mit einem Schaudern wandte Lucius Malfoy sich ab. Er kannte den Wahnsinn seiner Schwägerin, doch diese grausame Folter war abstoßender als alles, was er zuvor von ihr erlebt hatte. Ungeduldig schaute er auf die große Standuhr am Ende des Musikzimmers, in welchem die Gesellschaft stattfand. Es war bereits nach sieben Uhr, das Abendessen sollte bald serviert werden, und von seiner Frau und seinem Sohn war noch nichts zu sehen.
„Ah, Lucius, mein Guter“, hörte er da die gurrende Stimme der Gastgeberin, „ich habe gerade eine Eule von meiner geliebten kleinen Schwester bekommen. Sie ist völlig erschöpft von dem langen Shoppingtag heute, und weder sie noch Draco können jetzt noch erscheinen.“
Fassungslos starrte der blonde Mann seine Verwandte an. Er hatte es geahnt. Irgendetwas an der Art, wie das Gespräch am Frühstückstisch verlaufen war, hatte die Alarmglocken in ihm anspringen lassen. Und das heimtückische Glitzern in Bellatrix‘ Augen, als sie ihm die Botschaft überbrachte, bestätigte ihn nur darin.
„Was wir hier gespielt, Bella?“, fuhr er sie drohend an, doch er erhielt nur ein Lachen als Antwort.
„Gespielt? Was meinst du denn? Denkst du etwa, deine Gattin kommt absichtlich nicht? Denkst du, sie wollte dich aus dem Haus haben?“, erwiderte Bellatrix mit ihrer nervigen, kindlichen Stimme, „Gibt es denn irgendwas in deinem Haus, auf das du so aufpassen musst, dass du es nicht alleine bei deiner Ehefrau lassen kannst?“
Entsetzt sog Lucius die Luft ein. Die kindliche Stimme konnte ihn nicht täuschen – Bellatrix drohte ihm ganz offensichtlich. Er war sehenden Auges in eine Falle getappt. Er hätte wissen müssen, dass es nur eine Frage der Zeit war, wie lange seine Frau sich gefallen ließ, wie er mit Hermine Granger umging. Und jetzt war er hier, während sie alleine in seinem Anwesen war, jeglichen Schikanen seiner Frau und seines Sohnes ausgesetzt.
„Willst du heimgehen, Lucius? Willst du dein armes, kleines Schlammblut retten?“, fragte Bellatrix säuselnd. Als sie keine Antwort erhielt, fügte sie einem Tonfall, den er noch nie gehört hatte und der erschreckend nach der echten Bellatrix Lestrange klang, hinzu: „Ich an deiner Stelle würde mir überlegen, wie es aussieht, wenn Lucius Malfoy vorzeitig eine Dinnerparty verlässt, weil er sich Sorgen um seine Schlammblut-Sklavin macht.“
Mit diesen Worten drehte Bellatrix sich um und wandte sich ihren anderen Gästen zu. Zurück blieb ein versteinerte Lucius Malfoy, der erkennen musste, dass seine Frau noch immer in der Lage war, Intrigen zu spinnen – und sich offensichtlich nicht zu fein war, ihre Kunst zu nutzen, um sie gegen ihn zu wenden.
„Ach, eines noch, mein Guter“, erklang erneut die hohe Stimme, „ich habe ein Gästezimmer für dich herrichten lassen. Es wird heute eine lange Nacht und ich will nicht, dass du betrunken apparierst. Für dein Frühstück morgen ist auch gesorgt, entspanne dich also und genieße den Abend.“
Starr vor Zorn und Entsetzen schaute Lucius seiner Schwägerin nach. Er wusste, dass ihm keine Wahl blieb, wenn er sich nicht verdächtig machen wollte, doch die Sorge um Hermine raubte ihm beinah den letzten Nerv. Sie hatten keine Gelegenheit gehabt, über die vergangene Nacht zu sprechen. Er hatte sich entschuldigen wollen für sein Verhalten, für die falsche Annahme, dass sein Verlangen erwidert wurde. Und nun musste er hilflos dasitzen und hoffen, dass er am nächsten Morgen überhaupt noch eine lebende Hermine vorfinden würde.