"Er hat Celles also zum Weinen gebracht?", Church musste sich sichtlich ein Lachen verkneifen, "Also zum Weinen, so richtig? Nicht wie sonst ein paar Wuttränen?"
Delina nickte, sie und Church spazierten gerade vor Illutia durch den kleinen Park, wie immer in den letzten drei Tagen. Seit ihrer Auseinandersetzung mit Silas schien Church sich wirklich Mühe zu geben jede freie Minute mit Delina zu verbringen. Sein Gesicht war noch kurz mit dem süffisanten Grinsen über Celles Unglück geschmückt, dann aber verschwand es wieder.
"Das kann man sich kaum vorstellen! Aber so viel zu meiner Schadenfreude!", er wurde endgültig wieder ernst, "Wir konnten Sassy nicht wie vermutet in Madum finden. Sie ist verschwunden, genauso wie zwei andere Spielfiguren. Wir müssen also damit rechnen, dass sie Sassy irgendwo anders versteckt haben."
Noch bevor er weitersprechen konnte kam Finn zu ihnen gestürmt: "Deseis, Churchs Onkel, auch bekannt als 'der Rabe' und Claude, der letzte Druide."
Delina sah Finn an, dass er dringend alleine mit Church sprechen wollte, als verabschiedete sie sich und ging zurück in den Tempel, um nach Celles zu sehen.
"Alles in Ordnung mit dir?", wollte Church wissen.
"Ich habe gerade Alpha geschlagen...", stellte Finn fest und zeigte seinem Freund seine blutige Faust.
"Ist es für Schlägereien unter Brüdern nicht ein wenig zu spät?", wollte Church erstaunt wissen.
"Er hat Kyra gefragt, ob sie mit ihm ausgeht, so als wäre Sassy nicht mehr existent. Er scheint kein Interesse daran zu haben sie zu finden!", empörte Finn sich.
Church seufzte, langsam wünschte er, dass Vincent seinen Fluch einfach aufrechterhalten hätte.
"Hast du Spast dich wieder beruhigt?", Saphira kam zu ihnen, "Und wichtiger, Madum, was lief da ab? Gibt es Hinweise auf unseren Sohn?"
Church schenkte ihr ein halbwegs freundliches Lächeln: "Atep, so hat mein Onkel ihn genannt, war da, aber er und Sassy wurden aus dem Kerker geholt. Ich konnte sie in keinem der Schlösser, die Lillet mir gezeigt hat, finden."
Saphira spielte nervös mit ihren Haaren: "Ich weiß nicht wie lange ich das noch aushalte, er ist doch unser Sohn, er gehört zu mir... Zu uns!"
Church nahm sie kurz tröstend in den Arm: "Wir werden ihn finden, das verspreche ich dir! Entschuldige Finn und mich, wir haben da noch etwas zu klären!"
Delina hatte, nachdem Celles sie sofort aus dem kleinen Kämmerchen, in dem sie allem Anschein nach die Wand anstarrte, geworfen hatte, das Gespräch mitbekommen. Sie lehnte unweit an der Wand des Tempels und biss sich auf die Lippe.
"Eifersucht ist ein widerliches Gefühl, nicht wahr?", neben ihr war, das erste Mal seit er ihr vor drei Tagen gedroht hatte, Silas erschienen.
"Was willst du?", fuhr sie ihn an. Dachte er etwa zwischen ihnen wäre alles wieder in Ordnung?
"Dich daran erinnern, dass ich dein einziger Freund bin", stellte er trocken fest, "und mich entschuldigen."
Der zweite Teil klang beinahe etwas Kleinlaut.
Delina seufzte, was hatte sie auch von einem verrückten erwartet.
"Du solltest dich bei Celles entschuldigen!", meinte sie dann.
"Das habe ich, oder was denkst du habe ich ihr ins Ohr geflüstert, bevor ich meine Sachen in Sicherheit brachte?", erwiderte er schnippisch.
"Drohungen, Gemeinheiten...", begann Delina ihre Ideen aufzuzählen.
"Sei still, ich habe es verstanden, ich werde versuchen mich zu beherrschen!", murrte er und nahm dann seine eigenartige Maske ab.
Delina wäre beinahe das Herz stehen geblieben.
Aber man sah unter der dunklen Kapuze, die er trug nur eine nicht so auffällige goldene Maske, die die Form eines Gesichts hatte.
Auch diese Maske hatte keine Schlitze für die Augen.
"Was hast du jetzt vor? Und was soll die Maske unter der Maske?", fragte Delina ihn verwundert.
"Ich rede noch einmal mit Celles und dann mit Church, ich denke ihr wisst, dass ihr meine Hilfe nötig habt! Und meine Maske und was ich unter ihr trage geht dich genauso viel an wie die Kiste - nichts.", antwortete Silas genervt, dann verschwand er. Delina hoffte, dass alle bei diesem Gespräch mit dem Leben davonkommen würden. Celles war nach dem, was in Harmun gesagt wurde, kurz auf sie zugekommen und hatte sie gebeten den Vorfall zu vergessen. Sie schien tief getroffen worden zu sein, nie hatte sie gedacht, dass genau die Dunkler-Tochter, die so wirkte, als würde ihr alles egal sein, so verletzlich sein konnte. Silas hatte ganze Arbeit geleistet, Celles schien das Thema mehr als unangenehm zu sein. Aber Church hatte sie es erzählt, sie vertraute ihm, er war schließlich vor Jahren durchs Feuer gegangen, um sie zu retten. Er hatte zwar erzählt, dass er nur wegen Finn in Osilia flüchtende Bürger gerettet hatte, aber das war Delina egal.
"Ich war so wütend, als er meinte, dass ich nicht so einen Aufstand wegen Sassy machen soll!", erklärte Finn seine Prügelei mit seinem Bruder einstweilen Church, "Wie kann er... Wie kann sie ihm so egal sein?"
Chruch seufzte genervt: "Frag dich mal warum dich das so aufregt, Idiot!"
Finn schien jetzt verwirrt zu sein: "Na weil sie unsere Freundin ist natürlich! Wie kann er so über sie reden? Ich liebe sie doch..."
Plötzlich wurde er kreidebleich und warf Church einen verzweifelten Blick zu.
"Endlich, das geht dir doch seit Vincent den Fluch aufgehoben hat durch den Kopf, oder?", fragte Church ihn daraufhin.
"Ich habe keine Ahnung was mit mir los ist, Church! Es fühlt sich an, als wären meine Gefühle schon immer da gewesen, irgendwo um mich herum. Und als Vincent das gesagt hat ist alles in mich geschossen!", versuchte Finn seine Gedanken klar auszudrücken.
"Dir ist klar, wie schwul das klingt?", vergewisserte Church sich, "Aber wiederhole das noch einmal bitte."
Finn runzelte die Stirn: "Also, ich fühlte..."
Chruch unterbrach ihn: "Den schwulen Teil kannst du weglassen. Macht, die frei liegt aufnehmen, das ist was du tun solltest! Das war auch Cajas Plan!"
Finn nickte: "Aber wem soll ich die Kräfte nehmen?"
Chruch grinste: "Dir selbst!"
Dann ließ er den völlig verstörten Finn stehen und suchte nach Delina.
Er fand sie unweit vom Park an einer Mauer lehnen, sie sah nicht gerade zufrieden aus. "Du musst mir helfen!", stellte er klar.
"Ich MUSS nichts, ich bin nicht deine Freundin oder sowas!", fauchte sie ihn an.
"Das ist richtig, ich habe keine Freunde, blabla...", er hatte sie nicht richtig verstanden, "Aber bitte hilf mir."
Delina verdrehte die Augen: "Was brauchst du?"
Church zog eine Braue hoch und musterte die kritisch: "Was hast du den? Wie schnell kannst du das Gebiet von hier bis zu dem Berg da hinten in Nebel versinken lassen? So dicht, dass der Feind uns nicht sehen kann?"
Delina sah ihn verwundert an: "Der Feind?"
Church lächelte wie freundlich an: "Suma, nicht so wichtig, ich muss mit Finn unbemerkt durch den Wald zur alten Firma, in der wir waren. Es ist wirklich wichtig! Bitte hilf mir!"
Delina nickte und blickte zu dem Berg, der ungefähr 5 Kilometer entfernt war. Kurz überlegte sie: "Ich werde ungefähr eine Stunde brauchen. Was hast du vor?"
Chruch aber schien zu viel zu tun zu haben um zu Antworten: "Danke! Ich verschaffe uns einen Vorteil!"
Er warf ihr einen Kuss zu und verschwand im Tempel.
Delina stand verwirrt da, schüttelte erst einmal den Kopf und setzte sich dann auf den Boden um sich zu konzentrieren, um sie begann sich Nebel zu bilden.
Dieser breitete sich wie ein kleines Feuer aus und schien alles zu verschlingen.
Im Tempel wollte Saphira in der Zwischenzeit endlich ein Lebenszeichen ihrer Schwester hören, darum hämmerte sie mit der Faust an dem Kämmerchen, in dem Celles sich eingeschlossen hatte.
Sie bekam, wie bei ihrem sturen Zwilling erwartet, keine Antwort. Saphira fragte sich, was Celles nur so zu schaffen machte, sie war aus Harmun zurückgekommen und völlig aufgelöst gewesen.
Celles saß genervt auf einer der Kisten, die in der Kammer mit Kartoffeln und ähnlichem gelagert wurden.
"Hau ab!", rief sie aus, als sie einsah, dass Saphira nicht aufgeben würde. Diese hatte in der Zwischenzeit das Schloss eingefroren und aufgebrochen. Saphira stürmte durch die Türe und kam gerade noch vor Celles zum Stehen. Die Türe schlug lautstark hinter ihr zu.
"Ich will nicht reden!", erklärte Celles und wischte sich trotzig über die verheulten Wangen.
"Sag mir doch was passiert ist!", fuhr Saphira sie an, "Was hat dieser Maskenfreak dir angetan? Zuerst tötet er Vanessa fast, dann mich und jetzt dich?"
Der mitleidige Blick von Saphira brachte Celles zur Weißglut.
"Er hat mich nicht körperlich verletzt. Und jetzt verschwinde!", Celles öffnete die Türe der Kammer, in der sie Einsamkeit gesucht hatte, und beförderte ihre Schwester nach draußen.
"Celles, wenn es dir nicht gut geht, solltest du mit jemandem...", begann Saphira, die sich wirklich Sorgen machte. Rüde wie immer knallte Celles ihr die Türe vor der Nase zu.
"Dann sei halt so! Bleib noch drei weitere Tage in deiner Kammer.", brüllte Saphira noch, dann verschwand sie den Gang hinunter, um sich Churchs Plan anzuhören.
"Sie meint es nur gut!", Celles ließ einen spitzen Schrei los als Silas plötzlich vor ihr stand.
"Was zum Teufel, denkst du die goldene Maske ist deine Eintrittskarte in mein Leben?", brüllte sie ihn an und schubste ihn.
Sie war überrascht, dass sie etwas zu fassen bekam.
Er ließ sich schubsen, weil er es so wollte.
Silas spielte schon wieder mit ihr, gab ihr das Gefühl etwas unter Kontrolle zu haben.
"Nein, aber ein Teil der Wahrheit vielleicht!", Silas ließ sich auf eine der Kisten sinken, "Du willst wissen, was hinter der Maske steckt."
Celles musste zugeben, dass sie sich darüber schon den Kopf zerbrochen hatte. "Du bist ein totaler Psychopath. Man könnte meinen du willst uns auf deine verdrehte Art helfen, aber du hilfst nur dir selbst.", Celles verengte die Augen zu Schlitzen und musterte die goldenen Gesichtszüge, "Du hast Vincent nur aufgehalten weil du diese Klinge wolltest. Du hast dich durchbohren lassen, um Churchs Vertrauen zu gewinnen. Du hast Delina erzählt, dass du auf sie aufpasst. Aber als sie in deine Geheimnisse sehen wollte hast du sie behandelt wie Dreck. Du wagst es an Shanora heranzutreten und überlebst das auch noch... Ich verstehe, was für ein Spiel du treibst. Aber was willst du von mir? Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Wer bin ich für dich in all deinen Intrigen?"
Silas lachte, er schien ihre Einschätzung sehr amüsant zu finden.
Celles verdrehte die Augen, dann bekam sie doch noch eine Antwort: "Das Celles, genau das! Du magst von den meisten als plump oder dumm angesehen werden. Aber das bist du nicht, du siehst so viel mehr, weil dein Geist nicht vernebelt ist, die meiste Zeit zumindest. Aber Kätzchen, jeder braucht doch jemanden der hinter die Maske blicken kann. Ich dachte das weißt du."
Celles wusste worauf er hinauswollte.
Der Duft nach Pfefferminz, der ihre Sinne benebelt hatte.
Seine raue Stimme, die ihr einen Schauer über die Haut jagte und die Berührung seiner Hand, die ihr Herz hatte höher schlagen lassen.
Was auch immer das für ein Zauber war, er wirkte verdammt gut.
Aber sie hatte nicht vor sich dem hinzugeben.
Schnell öffnete sie die Türe: "Schön, ich habe aber keinen Bock auf dich! Wenn du jetzt bitte gehen würdest? Dein Charme wirkt bei mir bestimmt nicht. Aber vielleicht versuchst du es bei jemand anderem, du findest schon jemanden den du Kätzchen nennen kannst!"
Noch bevor Celles sich wieder sammeln konnte war Silas so nahe vor ihr das sich ihre Nasenspitze und die der Maske beinahe berührten.
"Weiß Saphira wie schwer es für dich war deinen Vater zu töten? Weiß Ladira wie schlimm seine ewige Zurückweisung für dich war, nur weil du mit dem falschen Geschlecht geboren wurdest? Weiß deine Mutter wie schwer du dir mit ihrer neuen Liebe und dem neuen Kind tust? Wie eifersüchtig du ab und zu bist? Wie schlimm es für dich war, als sie in die Außenwelt ging? Ich weiß es!", hauchte er ihr zu.
Celles musste sich beherrschen nicht wieder zu weinen, woher konnte er nur all ihre Geheimnisse kennen? Wer hatte sie verraten, wenn nicht einmal Saphira davon wusste.
"Wenn du noch einmal so in meine Privatsphäre eindringst, dann finde ich einen Weg dich zu töten!", zischte sie wütend.
Silas lachte nur: "Du mit all deinen inneren Dämonen wirst mich noch anflehen in deine Privatsphäre einzudringen. Du brauchst mich!“
„Nein, es wirkt anders, mein Freund! Du brauchst mich aus irgendeinem Grund! Aber das kannst du dir abschminken! Mit mir spielst du nicht mehr!“, Celles rammte ihn mit der Schulter beiseite und stürmte aus der Kammer.
Es war an der Zeit mit ihrer Mutter zu sprechen, über ihren Verdacht.
"Celles?", Church und Saphira musterten sie verunsichert, als sie an ihnen vorbei lief.
"Macht ohne mich weiter!", rief Celles und versuchte normal zu klingen, "Und bringt Loki, Silas oder wie auch immer er heißt endlich um."