---- Tag 187 ----
Aloha.
Nach dreieinhalb Stunden beim Friseur ist es offiziell: Ich bin blond und schulterlang! Ich liebe es!
---- Tag 188 ----
Hey.
Ich bin kein dummes Stück Dreck. Ich bin ein einsames UND dummes Stück Dreck, yay!
Es ist vor allem immer so toll, wenn Mum und Dad mir ständig sagen, dass ich nie jemanden finden were, der es mit mir aushält! Aber wo sie recht haben, haben sie recht. Meiner Mutter habe ich schon jegliche Vorstellung von ach so niedlichen Enkelkindern meinerseits genommen.
Ganz ehrlich: Ich bin einfach inkompatibel mit Männern. Egal wie alt. Ich war immer allein und einsam, so werde ich es auch immer bleiben. Das ist okay.
Selektion - natürliche Auslese, ganz schön clever. Besser für den Genpool der Menschheit, wenn ich niemanden finde.
Alle sagen immer, es ist gut, anders zu sein. Aber in Wahrheit bleibt man immer zu anders.
Ich werde mir jetzt Namen für meine zukünftigen Katzen überlegen und dann schlafen.
Gute Nacht, Luke.
Lucy
---- Tag 189 ----
Hey ho.
Ich musste deinen Pullover aus der Kiste nehmen, weil es zu viele Briefe sind.
Ich sollte damit aufhören.
Lucy
---- Tag 190 ----
Hey.
Unfassbar. Du hast dich bei mir gemeldet.
Aber ich bin gerade am Packen für Stuttgart, wo ich die nächsten zehn Tage bei Dad auf der Baustelle arbeiten werde. Anschließend bin ich im Urlaub. In vier Wochen werde ich dir also schreiben, dass Du dich melden kannst, wenn Du reden willst.
Schönen Abend noch, Luke.
Lucy
---- Tag 191 ----
Hola.
Ich bin einen einzigen Tag hier und schon pfeift man mir hinterher. Furchtbar.
Rette mich.
Lucy
---- Tag 192 ----
Hey ho!
Papa und ich gehen heute nach der Arbeit Bücher kaufen!
Ich freue mich riesig!
Lucy
---- Tag 193 ----
Hey.
Soooo viele neue Bücher, ich bin so glücklich!
Heute Morgen laufe ich so vom Wohncontainer die zweihundert Meter zur Baustelle, da fährt ein Auto an mir vorbei und hält zwei Meter vor mir an. Papas Chef macht das Fenster auf und fragt, ob ich mitfahren will. Bei ZWEIHUNDERT METERN. Kurz war ich gewillt, zu sagen, dass ich nicht zu fremden Männern ins Auto steigen darf, habe dann das Angebot aber doch aus Höflichkeit angenommen. So gesehen kenne ich den ja auch schon ewig. Aber trotzdem.
Lustig, lustig hier.
Schönen Tag noch!
Lucy
---- Tag 194 ----
HEY HO!
ICH BIN VERLIEBT!
SEIN NAME IST EDUARD-LEONARD UND ER IST WEIß, MATTIERT UND HAT ACHTUNDACHTZIG TASTEN MIT HAMMERMECHANIK!
ICH BIN SO GLÜCKLICH!
---- Tag 195 ----
Hola.
Gestern Abend waren Dad, ein paar Freunde und ich noch was trinken.
Heute habe ich vor sechs Leuten gegessen! Ich bin stolz auf mich!
Sechs Stunden später: Oh hey, ich muss dir was Lustiges erzählen, ich wäre vorhin fast verreckt! Wir wollten zu einem Feuerwerk auf so einem Berg und sind da mit dem Rad hingefahren. Durch mein verdammtes Belastungsasthma strengt mich sowas sowieso total an, Asthmaspray habe ich nicht und die Allergietabletten lagen zu Hause. Dann sind wir auch noch durch Heu gefahren, was meine Lunge echt megascheiße fand, woraufhin sie dann so langsam aber sicher den Geist aufgab. Irgendwann war ihr es dann wohl zu dumm, sodass sie fast dicht gemacht hat und ich deswegen anhalten, mich hinsetzen musste und nur noch röcheln konnte. Richtig cool, sag ich dir, wenn dir dann die Tränen aus den Augen laufen, weil Du denkst, Du musst an so einem doofen Weinberg verenden, während dir drei Leute beim Kreppieren zusehen. Also: Fang niemals mit Rauchen an, eine funktionsunfähige Lunge ist echt scheiße, herbe Enttäuschung.
Aber ich habe es überlebt!
Lucy
---- Tag 196 ----
Hey ho.
Heute bin ich Radlader gefahren, das war cool.
Gleich gehen Dad und ich zu einem Horrorfilm ins Kino, danach werde ich zu verstört sein, um zu schreiben.
Also gute Nacht dann!
Lucy
---- Tag 197 ----
Hola.
Der Film gestern war wirklich total gruselig, und dann mussten wir auch noch im Dunkeln mit dem Rad nach Hause fahren, über den Friedhof, OHNE FAHRRADBELEUCHTUNG.
Wie geht es dir so?
Lucy
---- Tag 198 ----
Hey ho.
Gestern Abend ging es noch ziemlich ab. Dad und ich haben uns mit ein paar Freunden getroffen. Ich habe wirklich nur, ich schwöre es, zwei KLEINE Weißwein gespritzt getrunken. Davon war ich schon halb dicht. Dann kamen wir auf die tolle Idee, dass ich doch mal Snus probieren könnte, davon hatte ich vorher noch nie gehört. Das sind so kleine Beutelchen, die mit Nikotin und Salz gefüllt sind und man sich unter die Lippe klemmt. Ich hatte die leichte Version. Es hat ganz schön reingehauen.
Das Lustige an der Sache war, dass wir noch mit dem Rad bis zu unserem Container fahren mussten. Meine Beine sind von Schürfwunden übersät. Ich bin zum Beispiel gegen einen Betonblock gefahren, der allerdings einen Meter von mir entfernt stand, als ich wenden wollte.
Die anderen sind dann noch in die Shisha-Bar, aber ich konnte echt nicht mehr. Als Dad und ich dann im Container waren, hat er angefangen, kalten Reis von gestern und irgendwelche Fleischdinger zu essen, woraufhin ich den Kühlschrank aufmachte und Leberkäse anbraten wollte, was er super fand. Also haben wir um 00.34 am gebratenen Leberkäse gegessen.
Heute Morgen hat mir Papa erzählt, dass es gut war, dass wir nicht noch mit in die Bar sind, das wäre sonst der totale Absturz geworden. Mit bisschen Kopfschmerzen sind wir noch glimpflich weggekommen.
Hier ist das wahre Leben.
Lucy
---- Tag 199 ----
Hey.
Bin wieder zuhause und gehe morgen mit einem männlichen Individuum ins Kino, ich habe das noch nie gemacht.
Ich hab dich lieb!
Lucy
---- Tag 200 ----
Hola.
Er hat am Ende des Filmes fast geweint, wie niedlich.
Ich hätte ihn so gern mit dir gesehen.
Morgen fahren wir nach Italien.
Ich vermisse dich.
Lucy
--- Tag 201 ---
Hey ho.
Es ist sehr schön hier.
Die ganze Zeit muss ich mir deinen Kopf zwischen meinen Schenkel vorstellen, das ist ziemlich belastend.
Ich vermisse deine Nähe.
Alles Liebe,
Lucy
---- Tag 202 ----
Heeey.
Heute haben wir fast nichts getan.
Was hast Du heute so gemacht?
Ich freue mich darauf, mit dir zu reden. Aber ich hoffe inständig, dass Du nicht versuchst, mich zu überreden, dir aus meinem Tagebuch oder den Briefen vorzulesen. Erstens wüsste ich nicht, was dich das noch angeht, und Zweitens bin ich manchmal echt gemein.
Ich bin so schlecht im Loslassen und Vergessen.
Ich liebe dich.
Ich vermisse dich.
Lucy
---- Tag 203 ----
Wieso bin ich im Februar nicht zu dir nach Göttingen gefahren? Wieso habe ich nicht diese eine letzte Chance ergriffen? Mann, ich bin so bescheuert, ehrlich. Ich hatte so eine Angst vor deinen Mitbewohner, dem Essen, den Räumlichkeiten... Aber ich hätte mich da schon durchgequält und herausgefunden, dass es doch nicht so schlimm ist, wie gedacht. (Bis auf die Sache mit dem Essen. Ich wäre gestorben.) Ich könnte mich vor Reue aus dem Fenster werfen.
Besos,
Lucy
---- Tag 204 ----
Hola.
Ich habe heute in Varenna eine alte, graue, dürre, blinde Katze gesehen, die mir so leidtat, dass ich von Deutschland aus ein Paket mit Katzenfutter hierher schicken werde.
Es ist immer sehr amüsant, sich ein Zimmer mit meinem Bruder zu teilen:
10.20 pm: Er geht mit einem Buch auf Fliegenjagd. Ich glaube, er wird versagen.
10.22 pm: Er redet mit der Fliege und baut ein Verhältnis zu ihr auf.
10.26 pm: Er hat sie verloren und findet sie nicht mehr.
10.27 pm: Er gibt auf.
10.30 pm: Er hat sie getötet.
10.30 pm: »Sie krabbelt noch! So eine Drecksfliege!«
10.31 pm: Er schlägt erneut zu. »Ist sie jetzt tot?«
10.31 pm: »Es tut mir leid, Fliege, aber du musstest sterben.«
Soeben hat er mir die Fliegenleiche auf meinen Nachttisch gelegt.
Hol mich hier raus.
Lucy
---- Tag 205 ----
Hola, amigo.
Für mich sehen hier alle Städte gleich aus.
Wie geht es dir so?
Hast Du eine neue Freundin?
Lucy
---- Tag 206 ----
Aloha.
Wir waren heute vier Stunden lang Motorboot fahren und ich liebe es!
Irgendwie ist es positiv, dass ich dich zum Weinen gebracht habe, denn es hat dich berührt, getroffen.
Ich bin dir so dankbar für die Erfahrungen, die ich machen durfte, die Tage und Nächte, die wir zusammen verbrachten, die gesammelten Geschichten, einfach alles. Du hast einen anderen Menschen aus mir gemacht, und Du glaubst gar nicht, wie dankbar ich dir dafür bin.
»Im schlimmsten Fall wirst Du achtzehn und ich habe dir etwas gezeigt; in dem Fall, den ich mir wünsche, wirst Du achtzehn und ich bin dabei.«
Erinnerst Du dich?
Lucy
---- Tag 207 ----
Hola.
Mir tut alles weh vom Bootfahren gestern. Meine Knie und Oberschenkel fungierten als Stoßdämpfer, das ist ihnen offensichtlich nicht allzu gut bekommen.
Ich werde nun schlafen gehen und hoffen, morgen früh nicht wieder von dem infernalischen Lärm dieses Esels um die Ecke geweckt zu werden.
Also gute Nacht!
---- Tag 208 ----
Hola, amigo.
Mailand ist häßlich, aber die Geschäfte sind cool. Meine Mutter hat mich dazu überredet, schwarze Wildleder-Plateauschuhe zu kaufen bzw. hat sie sie mir geschenkt. Unfassbar.
Mein Po tut so weh von der langen Autofahrt.
Hol mich hier raus.
Lucy
---- Tag 209 ----
Hey ho.
Bin zurück in Deutschland, allerdings in Rheinland-Pfalz und nicht zu Hause. Das Erste, was ich getan habe, war, die Nachttischlampe vom Tisch zu schmeißen. Später bin ich aus dem Bett gefallen. Glückstag.
Bin jetzt auf einer Goldenen Hochzeit.
Lucy
---- Tag 210 ----
Heeeey.
Ich habe mich gestern ziemlich betrunken. Am Ende habe ich mir alle Dekosteinchen in den BH gesteckt und wahlweise an meine Familie verteilt. Ich denke, das sagt alles.
Bis morgen, Luke.
Lucy
---- Tag 211 ----
Holaaaa, aaaamigo.
Ich habe mir heute fünf neue Bücher gekauft. Ich liebe sie.
Nichts geht über Bücher.
Lucy
---- Tag 212 ----
Hey.
Gestern war die Nacht so klar, dass ich durch das Dachfenster über dem Bett einen wunderschönen Ausbilck auf den Sternenhimmel hatte. So dumm es auch klingt, dass - im weitesten Sinne - Du da warst, hat mir ein Stück Angst genommen, die mich verfolgt, wo auch immer ich bin, und hat mir etwas Sicherheit und Schutz gewährt.
Danke, Luke.
Lucy
---- Tag 213 ----
Hola.
Ich bin glücklich, wieder zu Hause zu sein. Allein in meinem Zimmer. Allein. Ich kann die ständige Anwesenheit von Menschen um mich herum einfach nicht ertragen. Es reicht mir jetzt wirklich.
Oh, wir reden ja jetzt.
Lucy
---- Tag 214 ----
Aloha.
Schön, dass wir geredet haben.
Als Du gestern sagtest: »Wir sind jenseits von richtig und falsch« wusste ich schon, was Du meinst. Es ist moralisch verwerflich, das ist alles. Aber meine Moral schmiss ich über Bord, als ich dir das erste Nacktphoto schickte. Du musst dir einfach nur im Klaren darüber sein, wie es sich für dich anfühlt. Es ist ein Fortschritt, dass Du mir mitgeteilt hast, dass Du dich unwohl fühlst mit dem Gedanken, zu mir zu kommen. Ich bin auch dagegen.
Mann, ich muss die ganze Zeit daran denken, wie wir gestern Telefonsex hatten. Das ist so peinlich.
Wieso können wir nicht so weitermachen? Mal bisschen reden, mal bisschen Telefonsex, mal bisschen schreiben.
Ich mag dich sehr gern.
Lucy
---- Tag 215 ----
Hey.
Deine Bedingung unter der Du mich besuchen kämst, ist wirklich süß.
»Einfach eine schöne Zeit zu verbringen, ohne den Druck, irgendwas probieren zu müssen.«
Glaube mir, es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche, als dich zu sehen, aber es geht einfach nicht; verstehst Du? Der Zeitpunkt ist einfach mehr als ungünstig.
Und vor allem: Wann sähen wir uns das nächste Mal? Du machst die Ausbildung, ich mache mein Abi und meine Ferien sind bereits verplant.
Weißt Du, wie fertig mich dieses »Oder wir verschieben es eben...« macht? Ich weiß doch, dass Du das nicht willst, aber es geht nicht anders.
Wieso muss immer alles so kompliziert sein?
Ich fange schon wieder an, auf eine Antwort von dir zu warten; ich zerstöre schon wieder alles.
Was machen wir hier nur?
---- Tag 216 ----
Ich weiß ganz genau, dass Du meine Nachricht gelesen hast...
---- Tag 217 ----
Hey ho.
So, nun ist es also doch wieder an mir, zu sagen, ob und wann wir uns sehen. Puh.
Einer groben Schätzung zufolge sind es noch circa 699 Tage, bis ein Treffen realistisch wird. Das ist machbar.
Bin gerade am Überlegen, ob ich dir schreiben soll, dass Du mich benachrichtigen sollst, falls Du es dir anders überlegst... Hm...
ACH EGAL, ICH TU'S!
DANKE, FÜR DAS VERDAMMTE HÄKCHEN ALS ANTWORT, PRICK!
P.S.: Auch Juli ist vorbei.