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- Ben & Sebastian
Dann kam die Zeit, in der viel gewünscht wurde, viel geträumt, spekuliert:
»Was wäre, wenn Du jetzt hier wärest?«
Es ist ein tolles Gefühl, sich eine perfekte Szene zurechtzulegen, zusammen zu hoffen, dass es irgendwann möglich würde. Und welches Mädchen hört nicht gern Sätze wie:
»Du bist perfekt. Perfekt für mich.«
Selbst wenn ich heute daran zurückdenke, läuft mir ein Schauer über den Rücken und mein Bauch fühlt sich ganz kribbelig an. Auch als er mir mehrmals sagte, dass er mich genau jetzt gern massieren, warten bis ich einschlafe, und mir dann beim Schlafen zusehen würde, flatterten die Schmetterlinge durch meinen Körper.
Das Schöne an meinem Alter damals war, dass ich jedes Kompliment freudig entgegennahm und geträumt habe. Ich habe mir eine Zukunft ausgemalt, mir vorgestellt, wie der Tag sein wird, an dem ich ihn, Luke, endlich sehe. Um das alles zu verarbeiten, fing ich damals auch an, Tagebuch zu schreiben. Viele Teenager halten das für emotionalen Unsinn, aber man erweitert seinen Blick, reflektiert über seine eigenen Handlungen und fängt an, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Wenn ich mir das heute so durchlese, frage ich mich, wie ich nur alles glauben konnte, was mir angeboten wurde. Beispielsweise stellte ich eines Tages die Frage:
»Was ist gerade dein größter Wunsch?«
Und er meinte, sein größter Wunsch wäre, den Rest seines Lebens mit mir zu verbringen. Das war fast noch schöner als ein »Ich liebe dich«. Es gab mir das Gefühl, jemandem wirklich wichtig zu sein, nicht nur einen Lebensabschnitt lang, sondern auf Dauer. Solche Antworten gaben mir das Gefühl, Liebe sei beständig; einmal verliebt und Du bist infiziert, kommst nicht mehr davon los. Aber nie traute ich mich, unsere zwischenmenschliche Beziehung als Liebe zu bezeichnen. Was waren wir dann eigentlich? Freunde? Mehr als das? Zu oft zerbrach ich mir darüber den Kopf, ohne eine Antwort zu finden.
Aber ich will Euch nicht nur von den schönen Zeiten erzählen. Wenn ich etwas im Leben gelernt habe, dann, dass es immer einen Haken gibt.
Vom Haken erfuhr ich an einem Montag. Ich weiß nicht, weshalb mir der Wochentag in Erinnerung blieb, aber es war wohl ein wichtiges Ereignis. Ich wollte mich gerade auf dem Weg zur Schule machen, als ich eine Nachricht von ihm erhielt, in der er mir sagte, wir müssten am Freitag reden, denn er hätte mir etwas Wichtiges zu sagen. Der Ton hatte einen sehr negativen Touch. Ich weiß noch, dass ich das erste Mal Angst verspürte, wenn ich an ihn dachte. Ich zerbrach mir den Kopf, was ich falsch gemacht hätte, fest davon überzeugt, er würde mir sagen, dass wir nicht so weiter machen können. Sicherlich hatte ich mir schon meine Gedanken bezüglich des Altersunterschiedes gemacht, aber was sind schon fünf Jahre. Wir waren intellektuell auf einer Wellenlänge, und das war wichtig.
Die Woche verlief schleichend, immer mit einem unguten Gefühl im Hintergrund, immer auf das Ende gespannt.
Am Freitag war ich nervös. So nervös, dass es selbst ein Blinder gesehen hätte. Ich kann das Gefühl kurz vor seinem Anruf gar nicht beschreiben. Eine Mischung aus Erwartung, Neugier, Angst. Was er mir dann sagte, sollte meine Einstellung zum Leben grundlegend ändern. Er erklärte mir, dass er unter Depressionen leide. Depression. Ein seltsames Wort, so nichtssagend und farblos wie eine Glasscheibe. Und dennoch wusste ich etwas damit anzufangen, denn meine Oma litt seit vielen Jahren schon an einer bipolaren Störung, im Volksmund manisch-depressiv genannt. Es gibt Höhepunkte und Tiefpunkte. Niemand kann das Gefühl einer Depression so richtig beschreiben, bis man es selbst erlebt. Auch ich sollte später erfahren, was es heißt, mit nichts mehr klarzukommen, antriebs- und hoffnungslos zu sein. An dem Abend jedoch war ich erleichtert. Es mag sich ja makaber anhören, aber ich hatte eben mit Schlimmerem gerechnet. Seine Depression betraf ihn; für mich war das weit weg. Bis er mir sagte, dass er sich selbst verletze. Das war etwas anderes. Wie ich mich gefühlt hab? Geschockt, verletzt, berührt. Ich war entsetzt, weil ich nie auf diese absurde Idee gekommen wäre; auf mich machte er einen weitestgehend »normalen« Eindruck. Aber was ist schon normal? Wir denken, einen Menschen zu kennen und dennoch gibt es immer eine unsichtbare Seite. In meiner noch egoistischen Denkweise fühlte ich mich verletzt. Er hatte doch mich, wieso reichte ich ihm nicht? Was wollte er denn noch? Aber darum ging es gar nicht. Es ging nicht um mich, es ging um niemanden außer ihn selbst. Dennoch hat es mich zutiefst berührt, davon erfahren zu haben. Es wusste kaum jemand außer mir, und ich bin ihm noch heute für sein Vertrauen zu mir dankbar.
Das Thema legten wir relativ zügig beiseite, es beschäftigte mich zwar, aber etwas zu fragen getraute ich mich nicht. Es stand nie zwischen uns, und doch war er da. Der Haken.
Die nächste Zeit verlief ruhig, keine besonderen Vorkommnisse, nichts, was wert wäre, erwähnt zu werden. Aber der Sommer neigte sich langsam dem Ende und es ging auf meinen Geburtstag im Oktober zu. Mehrmals fragte er danach, und versprach stets, ein Päckchen zu senden. Eines der wenigen Dinge, die ich meiner Mutter erzählte und bereute, da es sich nie bewahrheitete.
In einer Nacht, der neue Tag war schon angebrochen, sagte er mir, was er mir gern schenken würde, unter der Bedingung, ich vergäße es wieder. Ich habe es versucht, lange, aber so etwas vergisst man nicht. Er wollte mir gern das Ende des Buches, aus dem er mir vorgelesen hatte, aufnehmen und mir als Hörbuch zukommen lassen. Eine schöne Idee - damals war ich sehr darauf gespannt, doch nie habe ich auch nur ein Kapitel erhalten. Ich fragte mich, ob er es einfach vergessen hatte, oder ob ich ihm nicht wichtig genug war. Eine Frage, die ich mir noch oft stellen sollte.
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